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Der Franzose mit dem Hang zum Surrealen und seine Anleitung zum Träumen: "The Science Of Sleep". Wer sich in diesen zuckersüßen Charmebolzen von Film nicht verliebt, ist selbst schuld.

Michel Gondry hat vor zwei Jahren einen meiner Lieblingsfilme auf Lebzeiten gemacht. Man vermeide in diesem Zusammenhang tunlichst die bescheuerte deutsche Namensgebung. Erst recht, weil das Original mit dem vielleicht genialsten Titel aufwarten kann, den man sich bei dieser Art von Film nur wünschen kann: "Eternal Sunshine Of The Spotless Mind". Was haben wir alle gelobhudelt. Was hatten wir aber auch alle recht. Ein Film, für den es sich lohnt, sich auf die unendliche Suche zu machen. Hin und weg war ich damals. Ähnlich die Begeisterung, als ich gehört habe, dass Gondry endlich den Nachfolger fertiggestellt hat. In diesem Fall allerdings ohne der Mithilfe des genialen Charlie Kaufman. Nein, diesmal zeigt sich der Franzose selbst für das Drehbuch verantwortlich. Beachtliche acht Jahre soll Gondry daran gearbeitet haben. Wer den immensen Einfallsreichtum von "The Science Of Sleep" erst mal zu Augen bekommen hat, der weiß warum. Noch schräger als sein Vorgänger, wenn auch mit nicht ganz unähnlicher Thematik. Trotzdem aber anders. Nur gut, dass es noch Regisseure gibt, die sich trauen, solche Filme zu machen.

Gael Garcia Bernal - Charlotte Gainsbourg"The Science Of Sleep" erzählt die Geschichte zweier Liebenden: Stephane und Stephanie. Dass sie sich mögen, steht von Anfang an außer Zweifel. Nur tun sich die Beiden etwas schwer ihre durchaus romantische Beziehung zu vertiefen. Zumindestens im realen Leben. Und so verflüchtigt sich der schüchterne Stephane (Gael Garcia Bernal) immer wieder in skurrile Tagträume, wo er die Erlebnisse des Alltags nach seinen Wünschen und Vorstellungen zurechtbiegen kann. Mit Hilfe einer parallelen Fantasiewelt, wo er im selbstgebastelten TV-Studio Träume "verkocht". Oder für seine Angebetete (Charlotte Gainsbourg) eine Minizeitmaschine erfindet. Nichts scheint unmöglich. Was allerdings zum Problem wird, wenn sich all diese wirren Gedanken mit der Realität vermischen und Stephane nicht mehr so recht weiß, ob er denn nun träumt oder wach ist.

Die Erwartungshaltung war riesig. Kein Wunder, bei Michel Gondry will man mit Visionen konfrontiert werden, absurder und abgehobener als alles bisher Dagewesene. Wenn möglich auch noch mit dem Thema Liebe im Mittelpunkt. All das - und noch viel mehr - hat "The Science Of Sleep" zu bieten. Eben ein Film, in den man sich verlieben kann, obwohl er sowohl inhaltlich als auch optisch zu verwirren weiß. Da gewinnt die Traumwelt mit Fortdauer des Films immer mehr an Übergewicht, verdrängt das reale Geschehen. Da verwirrt man den Zuschauer mit einem wilden Sprachmix aus Deutsch bzw. Englisch und Französisch. Da wird die visuelle Detailverliebtheit noch mit so manch schrägem Trick bereichert. Um bewusst trashiger zu wirken. Und den Film mit seiner "perfekten" Unvollkommenheit noch liebenswerter zu machen. Soetwas kann schon mal irritieren, wird vor allem das Massenpublikum abschrecken. Soetwas ist aber auch im Stande zu verzaubern. Vor allem all jene, die bereit sind jegliche Vorurteile beiseite zu legen und sich 105 Minuten lang gehen zu lassen. Hinterfragen schadet nur. "Close your eyes. Open your heart." Wer all das befolgt und sich auch noch einen Hauch von kindlichem Gemüt bewahrt hat, der wird nach diesem Film den Kinosaal bestimmt mit einem ganz breiten Lächeln im Gesicht verlassen.

The Science Of SleepThe Science Of Sleep
Regie: Michel Gondry.
Mit Gael Garcia Bernal, Charlotte Gainsbourg, Alain Chabat.
29.09.2006


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wiesengrund - 5. Okt, 02:16:
grad geguckt, und sehr zufrieden raus gegangen. schön, dass er nicht bei "eternal..." stehenblieb, auch wenn das natürlich auch klasse geworden wäre... 
wasix - 5. Okt, 15:51:
ich finde...
...man kann durchaus eine gewisse ähnlichkeit zu "eternal sunshine of the spotless mind" feststellen. nur ist die geschichte nicht ganz so ausgetüftelt und genial. dafür so manch szene noch um einiges abgedrehter. ziemlich abstrus sogar. gondry ist ein genie. punkt.

das traurige: hab den film am (wahl-)sonntag im uci am handelskai gesehen. im wirklich hübschen james dean-saal. allerdings waren wir gerade mal zu dritt. ich, meine freundin und eine einzige weitere interessierte. wie bereits erwähnt: das mainstream-publikum steht da an. wen wundert's... 
wiesengrund - 5. Okt, 15:52:
ich gestern im village cinema. saal 1, 22:45. außer uns 9 cliquenmitgleider war exakt eine person noch anwesend.

ich hätte ihn eh lieber OmU im filmcasino gesehen, aber es ging sich einfach nicht aus... 
wasix - 5. Okt, 15:54:
wow!!!
bist du schnell... 
wiesengrund - 5. Okt, 15:56:
ist doch der sinn von email-abos, oder? ;)