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Biopic, die Zweite: Matt Dillon als Hank Chinaski. Oder eben Charles Bukowski. In "Factotum" gibt "Mr. Wonderful" den versoffenen Poeten. Und siehe da: Er weiß zu überzeugen.

Charles Bukowski - Matt DillonCharles Bukowski, geboren als Heinrich Karl Bukowski am 16. August 1920 in Andernach am Rhein und aufgewachsen in Los Angeles, war einer der bedeutendsten Dichter seiner Generation. Und das, obwohl er erst mit 35 zu schreiben begann. Dabei sollte es noch weitere fünf Jahre dauern bis Bukowski seinen ersten Gedichtband veröffentlichte. Davor erschienen seine Werke vorwiegend in irgendwelchen obskuren Underground-Zeitschriften. Wovon er natürlich unmöglich leben konnte. So nahm Bukowski diverse Gelegenheitsjobs an. Ebenso oft wie die Städte wechselte er sein Betätigungsfeld: Leichenwäscher, Tankwart, Hafenarbeiter, Briefsortierer bei der Post. Selbst im Rotlichmilieu war er kurzzeitig tätig. Als Zuhälter und Werbetexter für ein Luxusbordell. Alles nur um sich über Wasser zu halten. Gehörte seine Leidenschaft doch dem Schreiben. Und wie er schrieb. Zwischen 1960 und den frühen Neunzigern veröffentlichte er mehr als 40 Prosa- und Lyrikbände. Allesamt gekennzeichnet von einer durch und durch kaputten Welt. Mitten drinnen im amerikanischen Albtraum. Allerdings auch nie verlegen die unerträgliche Wirklichkeit makaber lächerlich darzustellen. Bukowski war und ist Kult. Einerseits der "Dirty Old Man", ein Teilzeitobdachloser und Alkoholiker. Andererseits ein genialer Dichter und Schriftsteller. Charles Bukowski: "It was true that I didn’t have much ambition, but there ought to be a place for people without ambition." Er starb im Alter von 73 Jahren an Leukämie.

"Factotum" (1975) gilt allgemein als eines der besten Bücher von Bukowski. Es erzählt die Geschichte von Henry Chinaski, genannt Hank. Schriftsteller und Gelegenheitsarbeiter. Beides wenig erfolgreich. Seine Geschichten will niemand veröffentlichen und bei den Jobs wird er jedes Mal nach kurzer Zeit wieder gefeuert. Was bleibt, sind Alkohol, Nikotin, Glücksspiel und Frauen. In dieser Reihenfolge. Das Bemerkenswerte an Chinaski: Er ist das Alter Ego Bukowskis. Was soviel zu bedeuten hat, dass "Factotum" eigentlich aus dem Leben von Charles Bukowski erzählt. Ein zutiefst illusionsloses Leben.

"Factotum" gibt es jetzt auch als Film. In Szene gesetzt von dem norwegischen Regisseur Bent Hamer. Wer die Buchvorlage kennt, weiß in etwa, was einen erwartet: Die alkoholkranke Misere eines notorischen Losers. "Factotum" ist kein Film mit großartig tiefgehender Handlung. Genauso wenig vermittelt der Streifen irgendeine klare Botschaft. Trotzdem ist "Factotum" alles andere als eine langweilige Sache. Das liegt zuallererst an dem abgründigen Humor. Aber auch an dieser merkwürdig berührenden Melancholie, die diesen Film umgibt. Mit gerade mal 90 Minuten hat "Factotum" zudem genau die richtige Spieldauer, um nicht unangenehm in die Länge gezogen zu wirken. Dazu kommt noch ein Matt Dillon in der Hauptrolle, der Mut zur Hässlichkeit beweist, gleichzeitig für ein Bukowski-Ebenbild aber selbst im versufften Outfit mit Bart und einigen angefressenen Kilos immer noch zu gut aussieht. Trotzdem weiß der ehemalige Teenieschwarm zu überzeugen. Man kennt ihn als Rebel, Frauenheld und Komiker. Die beeindruckendste Leistung seiner bisherigen Schauspielkunst liefert er jedoch zweifelsohne als saufender, kotzender und herumfickender Hank Chinaski ab. Ganz dem Original entsprechend. Und verdammt nahe dran an Mickey Rourke in "Barfly" (1987).

FactotumFactotum
Regie: Bent Hamer.
Mit Matt Dillon, Lili Taylor, Marisa Tomei.
09.06.2006 / DVD (OF)


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