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"...and a nod to Montreal band, A Silver Mount Zion." All das ist "At Mount Zoomer", die sehnsüchtig erwartete LP2 von Wolf Parade, und noch viel mehr. Stillstand klingt anders.

Wolf Parade: Arlen Thompson - Dan Boeckner - Spencer Krug - Hadji Bakara.

Wenn zu wählen wäre, dann würde ich mich eher auf der Seite von Spencer Krug sehen. Das war schon bei den sechs von ihm, sechs von Partner Dan Boeckner komponierten Stücken des formidablen Wolf Parade-Erstlings so, immerhin "Album des Jahres 2005" an dieser Stelle. Ebenso wie bei den darauffolgenden Nebenprojekten der beiden Bandkreativköpfe. Beide Sunset Rubdown-Alben ("Shut Up I Am Dreaming", 05/2006 und "Random Spirit Lover", 10/2007) fanden bei mir mehr Anklang als das dazwischen veröffentlichte Werk der Handsome Furs ("Plague Park", 05/2007). Nichtsdestotrotz befindet sich Boeckner seit geraumer Zeit am Aufholen. Zuallererst, weil er - gemeinsam mit seiner Frischvermählten - es war, der vergangenes Jahr im Gegensatz zu Krug endlich auf heimischen Bühnen zu bewundern war. Und uns dabei vor viel zu wenig Besuchern einen unendlich sympathischen Konzertabend bescherte. Noch mehr: Boeckner ist es auch, der schon in Bälde ein zweites Wien-Gastspiel abhalten wird. Inklusive erster Hörproben aus dem anstehenden "Face Control", dem zweiten Album der Handsome Furs.

Die Fortsetzung des Boeckner'schen Pluspunktesammelns: "At Mount Zoomer". Das vor dessen Release noch als "Kissing The Beehive" angekündigte Zweitwerk von Wolf Parade. Grund der kurzfristigen Namensänderung: Der Titel war bereits von US-Autor Jonathan Carroll und dessen 1997er-Roman besetzt. Was die Band nicht wusste. Um Copyright-Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen, benannte man das neue Album dann doch lieber nach Drummer und Produzent Arlen Thompsons Tonstudio. Egal, zählt ohnehin der Inhalt. Und bei eben jenen neun Songs - jeweils viereinhalb aus der Feder von Boeckner und Krug - erweist sich Ersterer mehr denn je als ebenbürtiger Songwriter zur unbestrittenen Genialität von Letzterem. Hinzu kommt, dass sich Boeckner mit einer Extra-Portion Wahnsinn in seiner Stimme nun auch verdammt nahe dran an Krugs stets überschlagender Vocal-Performance befindet. Was "At Mount Zoomer" zwar des Auf und Ab von "Apologies To The Queen Mary" und einhergehend dessen so sehr liebgewonnenem Chaos beraubt, gleichzeitig aber auch eine gewisse Kontinuität mit sich bringt, dass das Schaffen von Wolf Parade auf ein ganz neues Level hievt.

Schluss mit angezettelten Wettstreitigkeiten. Auch wenn sie die Entwicklung des kanadischen Quartetts beschreiben, widersprechen sie dem Niveau dieses großartigen Albums. Ist Wolf Parade doch einer jener raren Spezies zugehörigen Platten gelungen, wo man anfangs aufgrund gewisser Andersartigkeit doch irgendwie verwirrt scheint, wo man mit Fortdauer aber immer mehr die Hinterhältigkeit dieser knapp 47 Minuten durchschaut. Auch ich war nach dem ersten Durchlauf versucht, "At Mount Zoomer" als belanglos und unspektakulär abzustempeln. Aber dann kam nach und nach jeder einzelne der neun Songs von hinten herangeschlichen, nahm mich in den Schwitzkasten und ließ mich seitdem nicht mehr los. Natürlich haben Kritiker recht, die schreiben, dass im Vergleich zum Vorgänger der Indie-Rock mit den zuckersüßen Melodienablegern kurzer Aufmerksamkeitsspanne in den Hintergrund gerückt, stattdessen ein gewisser Prog-Rock-Flair nicht zu leugnen ist. Wer hingegen "At Mount Zoomer" die Catchyness-Trademark abspricht, mit der sich Wolf Parade vor drei Jahren in unser aller Gehörgänge eingenistet haben, liegt falsch. Um die Superlative auf einen Nenner zu bringen: Ein triumphal schmerztriefendes Meisterwerk. Merklich anders, wenn auch unverkennbar Wolf Parade.

Wolf Parade: At Mount ZoomerWolf Parade
At Mount Zoomer
23.06.2008


[subpop.com/artists/wolf_parade]
[myspace.com/wolfparade]

[Review: Wolf Parade - Apologies To The Queen Mary]
[Review: Sunset Rubdown - Shut Up I Am Dreaming]
[Review: Sunset Rubdown - Random Spirit Lover]

[Handsome Furs @ Szene, Wien - 20.10.2007]