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Große Pop-Songs, versteckt hinter einem Wall of Noise. Durchdachter Lärm, wie ihn No Age mit "Nouns" vorlegen, will erarbeitet werden. Und ich trauere dem versäumten Arena-Gig nach.

No Age: Dean Allen Spunt - Randy Randall.

Ich kann verstehen, dass so manch Musikinteressierter fortgeschrittener Entwicklungsstufe mit dem Noise-Rock dieser Tage nichts anfangen will. Wer kann es all jenen verdenken, wenn sie einst mit der Genredeutung - "unnotierbare Klänge, sogenannte Noise-Riffs, die bei meist rhythmischer Schlagzeugbegleitung möglichst unharmonisch zu klingen versuchen" - von Velvet Underground oder The Stooges aufgewachsen sind. Lou Reeds "Metal Machine Music", die Frühwerke von The Melvins oder "Daydream Nation"-era Sonic Youth. Hingegen das, was die lärmenden Jungspunde der Nullerjahre aufführen? Nein danke. Und so werden die aktuellen Bemühungen von Health, The Mae Shi, Mika Miko, Times New Viking - oder wie sie alle heißen - bestenfalls belächelt. Natürlich schlummert in einem immer noch ein gewisses Maß an Interesse, hin und wieder bestätigt eine Band wie A Place To Bury Strangers als Ausnahme die Regel, zumeist endet die Anteilnahme allerdings schon nach halbherzigem Probehören. Genauso wie beim letztjährigen "Weirdo Rippers" von No Age. Verstehe einer, warum bei "Nouns" nun alles anders ist?

No Age sind Drummer/Sänger Dean Allen Spunt und Gitarrist Randy Randall. Gemeinsam machen sie nun also Noise-Rock. Beziehungsweise eine Mischung aus Punk- und Experimental-Rock. Begonnen hat alles im April 2006. Wenige Monate zuvor aus den Resten der Hardcore-Punker Wives entstanden, spielten No Age ihr erstes Konzert in Los Angeles' The Smell. Es sollte nicht ihr letztes in jenem berühmt-berüchtigten Underground-Club im Zentrum ihrer Heimatstadt gewesen sein. Eine Auftrittserie, bei der man zu beeindrucken wusste. So sehr, dass No Age am 26. März 2007 das Vorhaben in die Tat umsetzen konnten, fünf limitierte Vinyl-Singles bzw. EP's auf fünf verschiedenen Labels an ein und demselben Tag zu veröffentlichen. Okay, die Namen dieser Labels müssen einem nicht unbedingt etwas sagen. Anders bei Fat Cat Records, dem britischen Indie-Label - mitunter Heimat von Animal Collective, Mum und Sigur Ros -, welches die daraus resultierende Compilation "Weirdo Rippers" auf den Markt brachte. Geliebt von Kritikern, ebenso wie von Deerhunters Bradford Cox und Radioheads Colin Greenwood. Und schon war man einen gewaltigen Schritt weiter, veröffentlichte sein "richtiges" Erstwerk auf Sub Pop. Stichwort: Seattle. Oder Nirvana.

Was ist es nun, dass jenes "Nouns" anders macht? Ganz einfach: Dieses Album ist schlichtweg mehr. Mehr als das, was man vom angesprochenen Einerlei gewohnt ist. Gerade mal 30 Minuten und 41 Sekunden lang, verweigert "Nouns" sich von irgendwelchen Genregrenzen einengen zu lassen. Die Einflüsse reichen von Hardcore, New Wave, Psychedelik bis hin zur rohen, brutalen Energie des Noise. Macht in Summe zehn Mal Gesungen-Gerocktes plus zwei Quasi-Ambient-Instrumentals. Gut und schön. Und das Besondere? Zuallererst die auffallend miese Produktion gepaart mit einem Drum-Sound, wie ihn Mr. Albini nicht besser hinbekommen hätte können. Minimalismus auf höchstem Niveau, der einem bei entsprechender Lautstärke schon ziemlich umhauen kann. Nicht zu vergessen die Quintessenz, jene Prise Pop, die immer wieder hinter der vermeintlichen Lärmorgie durchzublitzen im Stande ist. Nein, hier wird keinesfalls vor ins Ohr gehenden Melodien zurückgeschreckt. Und ja, das ist eine etwas andere, fast schon catchy Form des Noise-Rock. Für die Einen die Sommerplatte 2008, für die Anderen das bessere My Bloody Valentine-Album dieses Jahres. Das gefällt nicht jedem. Muss es auch nicht.

No Age: NounsNo Age
Nouns
12.05.2008


[myspace.com/nonoage]