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Das Album, mit dem The Notwist unser aller Leben hätten retten sollen. Es nun aber nicht getan haben. Selbst schuld, wer "The Devil, You + Me" deshalb als große Enttäuschung abstempelt.

The Notwist: Markus Acher - Michael Acher - Martin Gretschmann.

Mehr als sechs Jahre mussten vergehen, bis The Notwist erste Klänge des sehnsüchtig erwarteten Nachfolgers von "Neon Golden" auf die interessierte Hörerschaft losließen. Knapp 74 Monate war es her, dass die Brüder Acher und die Herrn Gretschmann und Messerschmidt ihr Magnum Opus veröffentlichten. Jene ebenso perfekten wie wunderschönen 41 Minuten und 32 Sekunden, die den Weilheimer Kult in neue Dimensionen hievten. Am 5. März 2008 war es dann endlich soweit. Der erste Teaser, der Eröffnungtrack des neuen Werkes wurde via Internet frei zugänglich gemacht. Dementsprechend groß, aber auch breitgefächert war die Resonanz. Von "schlechter Scherz" über "gut zu hören" bis hin zu "umwerfendes Lied" war alles dabei. Mein erster Eindruck von "Good Lies": Unverkennbar. Göttlich produziert, aber nichts wirklich Neues. Getreu der Textzeile "Let's just imitate the real until we find a better one." Erwartungen hin, Enttäuschung her. Spätestens nach dem zehnten Durchlauf setzte das in Zusammenhang mit dieser Band fast schon vergessene Phänomen ein: Man bekam diesen unverschämten Ohrwurm einfach nicht mehr aus dem Kopf. Demzufolge frisch aufkeimende Hoffnung, dass es doch noch etwas werden könnte, mit ganz Großem.

Die Fackel der Wahrheit tragend: Wer hatte tatsächlich mit einem weiteren bahnbrechenden Innovationsschub gerechnet, vom sechsten Album von The Notwist ernsthaft erwartet, dass sich die inzwischen zum Trio geschrumpften - Drummer Mecki M. wurde verabschiedet - zum x-ten Mal neu erfinden würden? Ich und ein paar Andere vielleicht, die sich dafür umso überraschter zeigen durften, weil eben genau diese Erwartungshaltung mit dem abermals von Olaf Opal co-produzierten "The Devil, You + Me" nicht erfüllt wurde. "Good Lies" gab die Gangart vor, die darauffolgenden zehn Songs bestätigten diese: The Notwist haben sich wenn, dann nur im Detail weiterentwickelt. Da ist immer noch dieser stets wohldurchdachte, mal Gitarrenbetontere, mal verstärkt von den elektronischen Beigaben von Mr. Console gekennzeichnete Pop mit seinen um Eingängigkeit bemühten Melodieführungen. Und da ist immer noch Markus Achers eigenwilliger, zugleich desmotivierend wirkender und unendlich melancholischer Gesang. Auch diesmal keine Anzeichen von Kreischen, Heulen, Jodeln oder Bellen.

Allein der vermeintlichen Stagnation wegen scheint es unmöglich "The Devil, You + Me" einfach so neben "Neon Golden" zu stellen. Die 10/10 von 2002 bleiben unerreicht, das weltrettende Album, das man sich erhofft hatte, ist "The Devil, You + Me" nicht geworden. Auch wenn es erst noch unzählige Male gehört werden muss. Ich weiß, die Leier von den Platten, die mit jedem Durchlauf wachsen, ist eine alte, passt in diesem Fall aber besser als sonstwo. Schaffen es The Notwist doch wie kaum eine andere Band ausgetüftelte Soundspielereien so geschickt und liebevoll in ihren Arrangements zu verstecken, dass sich all die feinen Nuancen erst mit der Zeit erschließen. Und so seien all jene gewarnt, die "The Devil, You + Me" aburteilen ohne es über Kopfhörer genossen zu haben. Denn keines der anfangs nicht besonders zwingend, eher verhalten klingenden Stücke ist so einfach wie es scheint. Unglaublich, was es da bei jedem weiteren Konsum zu entdecken gibt. Ein spektakulär unspektakuläres Album, das The Notwist da im Auftrag des Teufels erschaffen haben. "Remember the good lies win." [E-Card]

The Notwist: The Devil, You + MeThe Notwist
The Devil, You + Me
05.05.2008


[notwist.com]
[myspace.com/notwist]

[UPDATE: THE NOTWIST - THE DEVIL, YOU + ME]

[The Notwist @ Orpheum, Graz - 27.04.2008]
[The Notwist @ Donaufestival, Krems - 19.04.2007]