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"Fake Working Titles" zum vorerst noch "Untitled J.J. Abrams Project". Der Monsterfilm der You-Tube-Generation, inzwischen als "Cloverfield" in aller Munde. "What are you reading this for? Go see it!"

Cloverfield

Jeder von uns wurde schon mal zu einem Kinobesuch überredet. Womöglich ohne über Inhalt und Machart des anstehenden Streifens Bescheid zu wissen. Nun soll es Filminteressierte geben, die mit einem cineastischen Stilelement überhaupt nicht zurechtkommen: Verwackelte Handkameraaufnahmen. Erst recht, wenn der gesamte Film aus genau diesen besteht. Ein Beispiel: Da saß im Kinosaal schräg vor mir diese junge Frau mit den Tortilla-Chips auf dem Schoß und dem alle paar Minuten wiederkehrenden Drang ihr Handy nach Anrufen und Mitteilungen zu überprüfen. Nein, sie wurde vorab nicht aufgeklärt. Und ja, sie verließ nach etwa einer Viertelstunde vollkommen entnervt den Ort des Geschehens. Was bedeutete, dass sie zwar das einführende Partygeplänkel mitbekam, nicht aber das Wesentliche: Das Monster. Jawoll, die Frau war in einem ausschließlich per Handkamera als Quasi-Real-Doku in Szene gesetzten Monstermovie gelandet. Was ihr in den USA womöglich erspart geblieben wäre: "Many theaters posted signs warning guests that the hand held camera movements may cause motion sickness." So ein Pech aber auch.

Dabei schien es fast unmöglich, dass man der im Vorfeld inszenierten Werbemaschinerie zu diesem Kinoereignis entgehen konnte. Allein dieses cleveren Trailers wegen, den es erstmals vergangenen Sommer vor "Transformers" zu bestaunen gab: "A giant explosion in the heart of New York City. The Statue of Liberty's head being thrown down a street. Shot with a hand-held video recorder." 9/11 ließ grüßen. Was fehlte, war irgendein Hinweis auf den Filmtitel. Es gab schlichtweg keinen. Da war also die Vorschau auf einen Film, nur wusste keiner, wie man das Ding nennen sollte. Wodurch sich die aufgescheuchte Blogosphäre auf die zahlreich im Umlauf befindlichen “Fake Working Titles” stürzte. Oder es bei "Untitled J.J. Abrams Project" beließ. Frei nach dem allseits bekannten Produzentengenie, dem "Lost"-Schöpfer. Und bei der Website? 1-18-08, der US-Starttermin. Ein Novum von Marketingkampagne. Jedenfalls in Hollywood. Der Stoff, aus dem heutzutage Kino-Hypes gemacht werden.

Bekommt man "Cloverfield" nach Monaten des Entgegenfieberns dann endlich zu Augen, fühlt man sich aufgrund der nervösen Wackelbilder eines Hobbyfilmers und dem Fehlen musikalischer Untermalung zuallererst an "The Blair Witch Project" erinnert. Mit dem nicht ganz unwesentlichen Unterschied, dass hier mit anderen Dimensionen hantiert wird. Kein abgelegener Wald. Stattdessen eine Acht-Millionen-Stadt. Die Weltstadt: The Big Apple. Keine Hexe, die möglicherweise nur Einbildung war. Stattdessen ein nicht zu übersehendes Riesenmonster, welches NYC zum Tollhaus macht. Was bleibt, ist das beiderseitige Streben, den Zuschauer zu schockieren. Hinzu kommt das angewandte Reality-Konzept, das natürlich keines ist. Und so braucht sich der ewige Nörgler auch nicht beschweren, dass während der wunderbar kurzweiligen 80 Minuten von "Cloverfield" manches gar unglaubwürdig wirkt. Von wegen "Unmöglich, dass der noch immer mitfilmt" oder "Die Kamera müsste längst kaputt sein". Aber hallo? Nur soviel: Das Monster war auch nicht echt. Und Happy Ends sind scheiße. Dieser Film ist es nicht... "Help us... It's still alive."

CloverfieldCloverfield
Regie: Matt Reeves.
Mit Michael Stahl-David, T.J. Miller, Lizzy Caplan.
01.02.2008

[cloverfieldmovie.com] [imdb.com]