Eigenwillig und verwirrend. Zeitlos und wunderschön. Der Klang der Stille...
Es gab schon unzählige Pop-Stars, die nach erfolgreichen Alben sich dem kommerziellen Status des Musikbusiness entgegenzustellen versuchten. Wie oft wurden anstehende, musikalische Umbrüche nicht schon angekündigt, sind schlussendlich aber nie zustande gekommen? Bei Mark Hollis war dies anders. Schon mit den letzten beiden Talk Talk-Alben ließ er mögliche Chartsnotierungen bewusst links liegen und präsentierte der richtiggehend verzweifelten Plattenfirma statt Hits lieber solitäre Klangkunst. Eine Art des Musikmachens, die zwar Kritiker begeisterte, in der Gunst der Plattenkäufer jedoch kläglich scheiterte. Nach dem Ende von Talk Talk dann die logische Fortsetzung: Hollis zog sich in sein selbstgewähltes Exil in Suffolk zurück. London war für ihn tabu. Stattdessen lebte der Eigenbrötler ein Dasein abseits der aktuellen Musikszene. Unbeeinflusst von trendiger Musik und angesagten Bands. Sein Interesse galt ausschließlich Komponisten aus den Bereichen Klassik, Free-Jazz und spiritueller Folk-Musik. Wofür er seine Vergangenheit vollkommen hinter sich ließ, sich sogar vom langjährigen Songwriter-Partner Tim Friese-Greene trennte.
Nach fast sieben Jahren ohne musikalisches Lebenszeichen legte der inzwischen zum Anti-Pop-Star mutierte Hollis zu Beginn 1998 sein Solo-Debut vor. Die vage Hoffnung der Plattenfirma, dabei doch wieder etwas Zugänglicheres aufgewartet zu bekommen, wurde nicht erfüllt. Im Gegenteil. Das selbstbetitelte Werk zeigte einen weiteren Schritt in Richtung avantgardistische Musik. Pop-Elemente sind darauf so gut wie keine zu finden. Selbst digitale Technik wurde von Hollis vermieden. Sein Ziel während der viermonatigen Studiosession war es, den grundlegenden Aufnahmeprozess in den Vordergrund zu stellen. Alles sollte in seiner ursprünglichsten Form, ohne der Verwendung von Overdubs, auf Tape gebannt wurde. Ein rein akustisches Werk, wofür Hollis nur eine Hand voll Musiker, einen leeren Raum mit zwei Mikros und einen kompetenten Toningenieur benötigte. In dieser Zusammensetzung entstand jener unwiderstehliche Live-Charakter, der das Zusammenspiel aus Piano, Gitarre, den Arrangements für Holzblasinstrumente und die schaurige Stimme von Hollis betont introvertiert und minimalistisch klingen lässt. Rhythmen treten dabei nur dezent auf. Vielmehr ist jedes einzelne Stück von Momenten der Stille gekennzeichnet, in denen das Knarzen eines Klangkörpers sein eigenes Statement abgibt. Ruhephasen, um dem Zuhörer die Möglichkeit zum Nachdenken zu geben. Dies führte soweit, dass während der Spieldauer von 47 Minuten am Anfang 17 Sekunden und am Ende knapp zwei Minuten freigelassen wurden.
Mark Hollis veröffentlichte zu diesem - seinem leider einzigen - Solo-Album keine Single. Er ging auch nicht auf Tour. Das Einzige was zählte, war die Musik als Gesamtkunstwerk. Und in diesem Zustand sollte die vorgetragene Symbiose aus Free-Jazz und Klassik auch bleiben. Denn nur so konnte all die Schönheit und Zerbrechlichkeit in der dafür notwendigen Perfektion offenbart werden. Ein Album, das wie "Kino im eigenen Kopf" funktioniert. Dabei geht es jedoch nicht um einen mentalen Ausflug, wo man sich selbst ergründen kann, sondern um einen selbst erschaffenen Film, mit dem man im Stande ist in unergründetes Neuland abzudriften. Folglich: Licht dimmen, vom Umfeld abschotten, Augen schließen und sich fertig machen für den Trip in eine neue Dimension.
Mark Hollis
st
26.01.1998
[Within Without - Unofficial Mark Hollis & Talk Talk]
[RETRO: TALK TALK]
"Before you play two notes learn how to play one note -
and don't play one note unless you've got a reason to play it."
Mark Hollis (1998)
Es gab schon unzählige Pop-Stars, die nach erfolgreichen Alben sich dem kommerziellen Status des Musikbusiness entgegenzustellen versuchten. Wie oft wurden anstehende, musikalische Umbrüche nicht schon angekündigt, sind schlussendlich aber nie zustande gekommen? Bei Mark Hollis war dies anders. Schon mit den letzten beiden Talk Talk-Alben ließ er mögliche Chartsnotierungen bewusst links liegen und präsentierte der richtiggehend verzweifelten Plattenfirma statt Hits lieber solitäre Klangkunst. Eine Art des Musikmachens, die zwar Kritiker begeisterte, in der Gunst der Plattenkäufer jedoch kläglich scheiterte. Nach dem Ende von Talk Talk dann die logische Fortsetzung: Hollis zog sich in sein selbstgewähltes Exil in Suffolk zurück. London war für ihn tabu. Stattdessen lebte der Eigenbrötler ein Dasein abseits der aktuellen Musikszene. Unbeeinflusst von trendiger Musik und angesagten Bands. Sein Interesse galt ausschließlich Komponisten aus den Bereichen Klassik, Free-Jazz und spiritueller Folk-Musik. Wofür er seine Vergangenheit vollkommen hinter sich ließ, sich sogar vom langjährigen Songwriter-Partner Tim Friese-Greene trennte.
Nach fast sieben Jahren ohne musikalisches Lebenszeichen legte der inzwischen zum Anti-Pop-Star mutierte Hollis zu Beginn 1998 sein Solo-Debut vor. Die vage Hoffnung der Plattenfirma, dabei doch wieder etwas Zugänglicheres aufgewartet zu bekommen, wurde nicht erfüllt. Im Gegenteil. Das selbstbetitelte Werk zeigte einen weiteren Schritt in Richtung avantgardistische Musik. Pop-Elemente sind darauf so gut wie keine zu finden. Selbst digitale Technik wurde von Hollis vermieden. Sein Ziel während der viermonatigen Studiosession war es, den grundlegenden Aufnahmeprozess in den Vordergrund zu stellen. Alles sollte in seiner ursprünglichsten Form, ohne der Verwendung von Overdubs, auf Tape gebannt wurde. Ein rein akustisches Werk, wofür Hollis nur eine Hand voll Musiker, einen leeren Raum mit zwei Mikros und einen kompetenten Toningenieur benötigte. In dieser Zusammensetzung entstand jener unwiderstehliche Live-Charakter, der das Zusammenspiel aus Piano, Gitarre, den Arrangements für Holzblasinstrumente und die schaurige Stimme von Hollis betont introvertiert und minimalistisch klingen lässt. Rhythmen treten dabei nur dezent auf. Vielmehr ist jedes einzelne Stück von Momenten der Stille gekennzeichnet, in denen das Knarzen eines Klangkörpers sein eigenes Statement abgibt. Ruhephasen, um dem Zuhörer die Möglichkeit zum Nachdenken zu geben. Dies führte soweit, dass während der Spieldauer von 47 Minuten am Anfang 17 Sekunden und am Ende knapp zwei Minuten freigelassen wurden.
Mark Hollis veröffentlichte zu diesem - seinem leider einzigen - Solo-Album keine Single. Er ging auch nicht auf Tour. Das Einzige was zählte, war die Musik als Gesamtkunstwerk. Und in diesem Zustand sollte die vorgetragene Symbiose aus Free-Jazz und Klassik auch bleiben. Denn nur so konnte all die Schönheit und Zerbrechlichkeit in der dafür notwendigen Perfektion offenbart werden. Ein Album, das wie "Kino im eigenen Kopf" funktioniert. Dabei geht es jedoch nicht um einen mentalen Ausflug, wo man sich selbst ergründen kann, sondern um einen selbst erschaffenen Film, mit dem man im Stande ist in unergründetes Neuland abzudriften. Folglich: Licht dimmen, vom Umfeld abschotten, Augen schließen und sich fertig machen für den Trip in eine neue Dimension.
Mark Hollis
st
26.01.1998
[Within Without - Unofficial Mark Hollis & Talk Talk]
[RETRO: TALK TALK]
wasix - 26. Jan, 17:04 - [2008 Xtras]