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Vielleicht ist es Geschichtsfälschung. Vielleicht wurde der vierte Flieger tatsächlich abgeschossen. "United 93" zeigt bloß eine mögliche Wahrheit. Diese allerdings schockierend echt wirkend.

Es war ein Dienstag. Ich hatte frei, also gönnte ich mir einen dieser typischen Faulenztage in den eigenen vier Wänden. Musik hören, in Magazinen stöbern, auf der Couch herumlungern. Es muss irgendwann nach 14 Uhr gewesen sein, als ich zwecks Zeitvertreib den Fernseher einschaltete. Um einfach nur mal so durch das Programm zu zappen. Nun ja, ich sollte nicht dazu kommen. Denn kaum, dass ich aufgedreht hatte, wurde ich schon mit Bildern konfrontiert, die wohl niemanden dazu veranlasst hätten, sich nach Alternativen umzusehen. Das World Trade Center brannte, wurde von zwei Passagierflugzeugen getroffen. Die Meldungen überschlugen sich. Niemals zuvor - und auch nicht danach - bekam ich es im Fernsehen mit solchen Live-Bildern zu tun. Alles wirkte so surreal. Wie in einem schlechten Film. Allerdings einem, dem man sich unmöglich entziehen konnte. Und der sich wohl für alle Zeit in mein Gedächtnis eingebrannt hat.

United 93Knapp fünf Jahre später bin ich nun also in diesem Film angekommen: "September 11, 2001. Four planes were hijacked. Three of them reached their target. This is the story of the fourth." Soweit die Kurzfassung der Inhaltsangabe zu "United 93". Aufgrund des deutschen Filmtitels "Flug 93" nicht zu verwechseln mit der TV-Produktion "Flight 93". Das Besondere an "United 93": Es ist die erste Hollywood-Produktion, die sich mit dem Thema 9/11 befasst. Aber nicht die letzte. Mit "World Trade Center" kommt Ende September bereits der nächste Streifen in die Kinos. Regisseur Oliver Stone erzählt dabei die Geschichte einer Einheit von New Yorker Cops (in der Hauptrolle: Nicolas Cage), die sich in einem der zwei Türme des WTC befindet, währenddessen dieser einstürzt. Passend dazu die Tagline: "The World Saw Evil That Day. Two Men Saw Something Else." Wer den Trailer dazu gesehen hat, bekommt bereits einen guten Eindruck, was einen erwartet: Heldengetue und Pathos im Übermaß.

"United 93" ist davon weit entfernt. Kein Vorschlaghammer. Stattdessen eine detaillierte - wenn natürlich auch auf Spekulationen aufgebaute - Nacherzählung der Ereignisse. Mit dem britischen Regisseur Paul Greengrass war da auch ein Mann am Werk, der nicht bloß mit dem Agenten-Streifen "The Bourne Supremacy" für zufriedene Kritiker sorgte, sondern davor bereits mit "Bloody Sunday" bewiesen hat, dass er ein gewisses Fingerspitzengefühl für die Umsetzung von politischen Themen besitzt. Bei solch einem heiklen Stoff - und noch dazu einer Geschichte, deren Ausgang jeder kennt - kann man zweifelsohne eine ganze Menge falsch machen. Greengrass tut es nicht. Voraussetzung dazu: Man betrachte einzig und allein den Film und lasse den potentiellen Wahrheitsgehalt der dargebrachten Geschichte außen vor. Tut man dies, dann gibt es viel Positives über "United 93" zu berichten. Zuallererst wäre da dessen dokumentarischer Stil, der auf jegliche Vorgeschichte oder näheres Eingehen der Charaktere verzichtet. Stattdessen wird alles in Echtzeit dargestellt. Und zumeist mit rüttelnden Handkameras in Szene gesetzt. Letzteres führt dazu, dass man sich als Zuschauer wie live an Bord des Flugzeuges fühlt. Um mit Stars nicht vom eigentlichen Thema abzulenken, verzichtete man auf diese und setzte stattdessen auf möglichst unbekannte Darsteller. Die größte Stärke von "United 93" liegt jedoch im Spannungsaufbau. Anfangs noch eher zäh und teilweise scheinbar belanglos, entwickelt sich der Streifen spätestens in der letzten halben Stunde zu einem richtigen Action-Reißer. Allerdings einem, der vermag unter die Haut zu gehen. Vielleicht auch deshalb, weil man trotz aller Bedenken doch immer damit kokettiert, bei "United 93" die Wahrheit des 11. September 2001 vorgeführt zu bekommen. "Are you guys ready? Let's roll! Come on, let's go!" Es folgt der finale Kampf. Den Aufprall des Flugzeuges bekommt man nicht zu Augen. Stattdessen eine schwarze Leinwand. Abspann.

Ein Tipp am Rande: "Loose Change" anschauen. Das gilt nicht nur für Fanatiker in Sachen Verschwörungstheorien. Diese 82 Minuten lohnen sich wirklich. Egal ob nun Schwachsinn oder nicht. [more] [Video]

United 93United 93
Regie: Paul Greengrass.
Mit Christian Clemenson, Trish Gates, Opal Alladin.
02.06.2006


[united93movie.com]