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Schon wieder Kanadier. Diesmal: Die Stars aus Montreal. Welche, wenn schon nicht das innovativste, dann vielleicht das schönste Album dieses Jahres vollbracht haben. Herzzerreißend.

Stars

Davor sechs Lieder. Danach sechs Lieder. Im Zentrum der 56 Minuten folgende Zeilen: "Wanted: Single f, under 33, must enjoy the sun, must enjoy the sea. Sought by single m: Mrs. Destiny, send photo to address, is it you and me?" Mann sucht also Frau. Es kommt, wie es kommen muss. Frau antwortet Mann: "Reply to single m: My name is Caroline, cell phone number here, call if you have the time. 28 and bored, grieving over loss, sorry to be heavy but heavy is the cost, heavy is the cost." Was folgt, sind die schönsten - wenn auch noch so traurigen - vier Minuten Musik, die es dieses Jahr zu entdecken gibt. Dabei scheint gar nicht mal viel dran, an diesem Herz-Schmerz-Liebeslied. "Personal" beginnt wie es endet. Auch dazwischen sucht man vergeblich nach Abwechslung. Einzig eine Pianolinie unterbricht den von beiden Protagonisten dahingehauchten Gesang. Eben ein kleines Kunststück, das einem hier zu Tränen rührt. "Is it you? Or me?"

Nein, "Personal" war nicht der alleinige Grund. Aber irgendwann musste es passieren und ich dieser Band verfallen. Es schien nur eine Frage der Zeit. Dass es nun doch etwas länger gedauert hat als allgemein üblich, lag allein am guten, alten Pop bzw. jener zuckersüßeste Form dieser Spezies, mit der man in diesem Fall konfrontiert wird. Nun bin ich einer, der nur allzu bereitwillig darauf anspringt. Gleichzeitig bin ich aber ebenso einer, der dem gegenüber auch mit sprunghaft wechselnder Begeisterung gegenübersteht. Kaum eine Musiksparte, wo es bei mir mehr auf den passenden Gemütszustand ankommt. Als ich vor etwa zweieinhalb Jahren erstmals "Set Yourself On Fire" hörte, muss launetechnisch etwas schiefgelaufen sein. Anders ist das Linksliegenlassen dieses schmerzhaft schönen Pop-Juwels nicht zu erklären. Ist es doch soetwas wie der Prototyp jener rargewordenen Indie-Alben, die eigentlich immer und überall funktionieren sollten. Nun ja, Fehler passieren.

"What is the darkest possible situation that I could try to turn into a beautiful pop song?" hat sich Frontmann Torquil Campbell im Vorfeld zum vierten Stars-Longplayer gefragt. "That was sort of my mission with this record. If you could make horror movies that were like love stories, that would be my ultimate genre." Und siehe da: Das Vorhaben ist gelungen. Pop-Leichtigkeit, die auch vor düsteren Momenten nicht zurückschreckt. The Smiths? Prefab Sprout? Depeche Mode? Alles inklusive. "Simultaneously ambiguous, intimate, troubled, and peaceful" - "In Our Bedroom After The War" bringt es auf den Punkt. Wie könnte es auch anders sein, beschließt der Titeltrack des Albums auf gebührend oppulente Weise den angezettelten Schlafzimmerkrieg. Zitat ME: "Eine Stadionrock-Ballade à la U2 oder Elton John [...], dass das Pathos nur so trieft." Von wegen Punktabzug. Denkt man an die balladesken Großtaten dieser Herrschaften - welche es tatsächlich gab - zurück, ein durchaus passender Vergleich. Wenn auch nicht so gemeint. "The war is over and we are beginning..."

Stars: In Our Bedroom After The WarStars
In Our Bedroom After The War
24.09.2007


[arts-crafts.ca/stars]
[myspace.com/stars]

[Stars @ Radiokulturhaus, Wien - 23.09.2007]