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"The Best Film Of Its Kind Since Donnie Darko" steht auf der DVD-Hülle von "Thumbsucker". Soetwas reicht um mein Interesse zu schüren. Das überzeugende Resümee: Thumbs Up.

Lou Taylor Pucci in "Thumbsucker"Justin Cobb hat ein Problem. Der 17-jährige Teenager lutscht immer noch am Daumen. Der Grund dafür? Orale Obsession, meinen die Einen. Einfach nur Unsicherheit, sagen die Anderen. Die einstimmige Meinung seiner Umwelt: Soetwas gehört abgewöhnt. Wirklich helfen kann ihm jedoch niemand. Weder sein depressiver Vater, ein gescheiterter Football-Spieler, noch seine Mutter, die die Angewohnheit ihre Sohnes ohnehin nicht so eng sieht und viel lieber einem drogensüchtigen TV-Helden hinterherschwärmt. Auch sein Zahnarzt und Hobby-Psychologe Dr. Lyman kann Justin mittels Hypnose nicht heilen. Die Sache mit dem "Poweranimal" geht vielmehr nach hinten los. Passend dazu die in diesem Alter üblichen Probleme in der Schule: Die nicht erwiderte Liebe zu seinem großen Schwarm Rebecca und die Versagensängste im Debattierclub von Mr. Geary, welchen Justin nur deshalb besucht, weil seine Angebetete dort auch mitmacht. Was bleibt, ist Daumennuckeln. Soetwas deprimiert. Erst recht, wenn man auch noch in einer jener typischen amerikanischen Kleinstädte lebt, wo nie etwas los ist, jeder jeden kennt und keiner dem Anderen helfen kann, weil alle mit sich selbst zu kämpfen haben. Die Lösung aller Probleme? Ritalin. Was sehr schnell aus dem schüchternen Justin einen schlagfertigen und entschlossenen jungen Mann macht. Die Folge: Ein Winner-Typ ist geboren. Wenn da bloß diese Nebenwirkungen nicht wären.

"Thumbsucker" ist das Spielfilm-Debut von Mike Mills. Basierend auf den 1999 erschienenen Roman von Walter Kirn. Mills machte sich davor vor allem als Grafikdesigner und Regisseur für Musikvideos einen Namen. So veredelte er in den vergangenen Jahren Album-Cover und Videoclips von solch namhaften Acts wie Air, Moby und Sonic Youth. Um nur einige zu nennen. Wer folgedessen bei "Thumbsucker" einen durchgestylten Hollywood-Blockbuster befürchtet, der sei beruhigt. Nur selten merkt man dem Film an, dass da ein Videoclip-Regisseur am Werk war. Mills geht vielmehr den Weg seiner artverwandten Kollegen Spike Jonze und Michel Gondry. Da werden durchaus herkömmliche Alltagsgeschichten in bestes US-Independent-Kino verpackt. In Form einer Satire, wie sie unaufwendiger, dabei aber einfallsreicher nicht sein kann. Was dazu führt, dass man "Thumbsucker" als stimmungsvoll und einfühlsam, gleichzeitig aber auch als vollkommen abgefahren bezeichnen kann. Letzteres allein wegen dieser herrlich absurden Situationskomik und all den irrwitzigen Dialogen. Ein Film wie gemacht dafür, dass sich die Superstars der Kinolandschaft darum reißen in Nebenrollen ihre Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen zu können. Dementsprechend die Besetzungsliste: Vincent D'Onofrio als verklemmter Vater. Tilda Swinton als Mutter auf dem Neuorientierungstrip. Vince Vaughn als fordernder, dabei aber doch irgendwie netter Lehrer. Keanu Reeves als esoterisch angehauchter Kiefer-Orthopäde. Alle wunderbarst.

Stars hin. Stars her. Die Entdeckung des Films ist und bleibt Lou Taylor Pucci. Er gibt dem daumennuckelnden Justin das passende Gesicht. Der Jungmime aus New Jersey spielte die Rolle des emotional verwundbaren 17-Jährigen mit dermaßen viel Ausstrahlung, dass er dafür beim Sundance 2005 den "Special Jury Price" und bei der Berlinale 2005 den "Silbernen Bär" verliehen bekam. Vollkommen zurecht, wie ich finde. Denn genauso stellt man sich einen Teenager vor, der Schwierigkeiten mit dem Erwachsenwerden hat. Mit allen Klischees, die dazu gehören. Was übrigens das ein oder andere Mal auf herzzerreißende Weise mit der Musik des vor mehr als zwei Jahren freiwillig von uns gegangenen Elliott Smith untermalt wurde. Hört sich dramatisch an, ist es aber nicht. Zumindestens nicht wirklich. Dafür sorgt schon diese unwiderstehliche Zweideutigkeit des Films. Ob die Dinge wirklich so sind wie in "Thumbsucker" dargestellt? Natürlich doch. Daumenlutschen inklusive.

ThumbsuckerThumbsucker
Regie: Mike Mills.
Mit Lou Taylor Pucci, Tilda Swinton, Vincent D'Onofrio.
08.12.2006 / DVD (OF)


[sonyclassics.com/thumbsucker]
mono (Gast) - 4. Apr, 20:16:
>
Das Buch war ja genial und jetzt gibt es einen Film? Muss ich schaun! 
wasix - 4. Apr, 20:44:
siehste...
...und ich wusste beim sehen des films nicht mal, dass das ganze von einem buch abstammt. hatte irgendwann mal den trailer gesehen und gefallen daran gefunden. und weil soetwas prinzipiell nicht in unsere kinos kam, blieb mir nur noch die videothek meines vertrauens. nach langem warten stand "thumbsucker" dann vor wenigen tagen dort in den regalen... 
mono (Gast) - 16. Apr, 18:34:
schade,
so eine gutsortierte videothek gibts bei uns leider nicht. ich hab den film bisher auch nur als uk-import bei amazon gefunden. naja, irgendwie werd ich schon daran kommen. 
Ingrid (Gast) - 15. Apr, 21:39:
Aufgrund deiner Empfehlung haben wir uns den Film aus der Videothek geholt - und nicht bereut. Da wurde wohl gerade ein neuer River Phoenix geboren; überzeugende Leistung als selbstabsorbierter Jugendlicher. Aber wie heisst es so schön am Ende, die Antwort auf die Frage nach dem Warum heisst nunmal, das es keine Antwort gibt.
Ingrid