header
 
Hilfe, ich verfalle der Pornografie. Zuerst das Buch über den größten Pornostar dieses Planeten. Und jetzt auch noch die Doku über den bekanntesten Pornofilm aller Zeiten. Wie verdorben.

Jenna Jameson: How To Make Love Like A Porn Star / Pornostar Pornografie ist schon eine interessante Sache. Und dabei meine ich nicht mal (so sehr) das Betrachten von all dem Film- und Bildmaterial, sondern vielmehr die Geschichten, die dahinter stecken. Sei es nun das mehr oder minder tragische Leben eines Starlets oder die Geldmacherei und die skurrilen Machenschaften hinter manch einer Produktion. Hintergrundinfos sind rar. In letzter Zeit häufen sich jedoch die Einblicke in die Szene. Die Nachfrage ist zweifelsohne vorhanden. Die Autobiografie des größten Pornostars unserer Tage ist ein gutes Beispiel dafür. Jenna Jameson gilt nicht umsonst als die am häufigsten heruntergeladene Person der Welt. Man(n) kennt sie. Zumindestens was ihren Körper betrifft. In "How To Make Love Like A Porn Star" - der deutsche Titel beschränkt sich auf "Pornostar" - erfährt man den Rest. Nämlich wie sie zum Superstar der Branche wurde. Inklusive so manchen Tiefschlägen, wie Vergewaltigungen, Drogenabhängigkeit, Zusammenbrüchen. Nicht zu vergessen das zentrale Thema: Der Sex vor der Kamera. Und erst recht nicht zu vergessen: All die intimen Details ihrer Männerbekanntschaften. Darunter solch illustre Persönlichkeiten wie Tommy Lee, Marilyn Manson, Bruce Willis, Silvester Stallone, Nicolas Cage und Howard Stern. Durchaus freizügiges Geplaudere. Von Co-Autor (bzw. Autor) Neil Strauss - schrieb auch "The Dirt" von Mötley Crüe und "The Long Hard Road Out Of Hell" von Marilyn Manson - eher zusammenhangslos und oberflächlich, dabei aber durchaus unterhaltsam dargebracht. Nur die Sache mit dem Umfang von 640 Seiten ist dann doch etwas zu viel des Guten. Was möglicherweise mit der berufsbedingten Vorliebe von Miss Jameson für das Thema Überlänge zu tun hat. Reine Vermutung, keineswegs beruhend auf Tatsachen oder gar ausführlicher Recherche. Ich doch nicht.

12. April 1972: Die Premiere von "Deep Throat" am Time Square in New York.Wenn ich schon mal dabei bin in die Materie vorzudringen: Warum sich nicht gleich mit den Ursprüngen der großen Kommerzialisierung des Pornofilms beschäftigen. Am Besten mit dem Klassiker schlechthin: "Deep Throat", jenem kleinen, von Amateuren in nur sechs Tagen gedrehten Pornostreifen aus dem Jahr 1972. Also weit bevor der Videorecorder das Genre in die Wohnzimmer brachte. "Deep Throat" gilt übrigens bei Kosten von 22.000 und geschätzten Einnahmen von 600 Millionen Dollar als profitabelster Film aller Zeiten. Die Handlung: Eine junge Frau (Linda Lovelace) findet mit Hilfe eines Arztes (Harry Reems) heraus, dass ihre Klitoris nicht dort liegt, wo sie bei anderen Frauen ist, sondern tief im Rachen. Ihre einzige Möglichkeit sexueller Befriedigung ist somit das sogenannte Deepthroating, eine besonders tiefgehende Form des Oralsex. Muss man nicht unbedingt erotisch finden, sieht aber zweifelsohne spektakulär aus. Was wohl auch eines der Erfolgsgeheimnisse von "Deep Throat" gewesen sein muss. Promis von Jack Nicholson über Warren Beatty bis zu Jackie Kennedy zeigten sich jedenfalls begeistert und ließen sich sogar an den Kinokassen ablichten.

Mit "Inside Deep Throat" läuft eine Dokumentation über den erfolgreichsten, bekanntesten und wohl auch einflussreichsten Pornofilm aller Zeiten nun auch hierzulande in den Kinos. Immerhin war es "Deep Throat", dem man nachsagt, das Genre aus dem Nischenprogramm kleiner Schmuddelkinos geholt und einem breiten Publikum zugänglich gemacht zu haben. "Inside Deep Throat" zeigt den Werdegang der trashigen Pornokomödie hin zum Millionenseller und analysiert die damit verbundenen Skandale: Aufführverbot in 23 US-Bundesstaaten, Proteste feministischer Aktivistinnen vor den Kinos, der Einfluss der Mafia, der Prozess um Hauptdarsteller Harry Reems und die Auswirkungen auf die Politik Amerikas. Für ihre Doku brachten die beiden Filmemacher Fenton Bailey und Randy Barbato jede Menge an der Produktion Beteiligte - unter anderem auch Regisseur Gerard Damiano - vor die Kamera. Wer bei den Interviews fehlt bzw. fehlen muss, ist Linda Lovelace, der unumstrittene Star von "Deep Throat". Sie starb 2002 bei einem Autounfall. Okay, man sieht sie in einer Szene ausführlichst bei der Arbeit. Ansonsten lässt man ihre Geschichte eher außen vor. Hätte wohl auch für einen eigenen Film gereicht. Interessierten sei jedenfalls ihre 1980 erschienene Autobiografie "Ordeal" ("Die Wahrheit über Deep Throat") empfohlen. Ansonsten bemühen sich Bailey und Barbato vor allem die konträren Blickwinkel darzustellen und die unterschiedlichsten Parteien zu Wort kommen zu lassen. Das Ergebnis ist eine äußerst kurzweilige Doku, die wenn schon nicht kritisch oder gar kontrovers, dann zumindestens einen gewissen Unterhaltungswert hat. Als Erzähler fungiert übrigens niemand geringerer als Dennis Hopper. Und gegen Ende der Dokumentation sieht man dann auch noch kurz ein Plakat mit Jenna Jameson. Tut im Grunde nichts zur Sache, sei aber trotzdem erwähnt. Schon allein deshalb, um den Kreis zu schließen.

Inside Deep ThroatInside Deep Throat
Regie: Fenton Bailey, Randy Barbato.
Dokumentation.
20.01.2006 / DVD (OF)


[insidedeepthroatmovie.com]