Conor Oberst und seine Bright Eyes waren in Wien. Heuer bereits der zweite Besuch. Diesmal ging es um "Digital Ash In A Digital Urn", den elektronischen Teil des Album-Doppelpacks.
Conor Oberst hat ein Alkoholproblem. Zumindestens scheint er die Sache mit dem Lampenfieber nicht in den Griff zu bekommen. Vorbeugend sucht er sein Heil in Bier, Wein oder auch härteren Spirituosen. Kaum ein Auftritt, wo der Alkoholeinfluss bei ihm nicht zu bemerken ist. Meistens kann man Herrn Oberst bei seinen Konzerten ohnehin live beim Konsum beobachten. Die Folgen dessen sind unterschiedlich. Angeblich soll er ja nicht bloß einmal bereits abgestürzt sein und dadurch einen Gig in den Sand gesetzt haben. Widerfahren ist mir solch ein Reinfall allerdings noch nicht. Ich habe Bright Eyes bei ihrem Konzert auf dem Open-Air-Gelände der Arena nun bereits zum dritten Mal live vor Augen und Ohren bekommen. Auch wenn Oberst das ein oder andere Mal etwas angetrunken wirkte und sich auch während der Auftritte nicht bloß einen Schluck genehmigte, so bekam man von ihm doch jedes Mal auf's Neue eine hervorragende Performance geboten. Vielleicht braucht er das alles ja auch. Wirklich gesund können diese Sauforgien auf Dauer allerdings wohl kaum sein. Und Bright Eyes sind dieses Jahr nun schon mehrere Monate auf Tour. Angeblich soll Conor Oberst nach dem letzten Wien-Konzert dabei beobachtet worden sein, wie er nur gestützt überhaupt in den Tourbus einsteigen konnte. Ob man sich um den Wunderknaben gar Sorgen machen muss?
Vorturner und Publikumsliebling.
Anfang 2005 veröffentlichte Conor Oberst gleich zwei neue Alben. Eines mehr in Richtung Country, das andere verstärkt durch Elektronik gekennzeichnet. Zu ersterem spielten Bright Eyes im März dieses Jahres bereits ein Konzert in Wien. In der neuen Halle der Arena. Zu zweiterem gab es nun die Open-Air-Variante. In Form eines Mini-Festivals. Immerhin traten mit den Label-Kollegen The Faint und der Kanadierin Feist doch gleich zwei namhafte Acts im Vorprogramm auf.
Dementsprechend sollte es auch ein prächtiges Fest werden. Wetter, Ambiente, Stimmung: Alles passte. Wahlweise saß man in der Sonne oder im Schatten und machte sich die sommerliche Hitze mit Wasser oder Bier erträglicher. Als das musikalische Rahmenprogramm bereits um 17.45 Uhr mit dem düsteren Elektro-Rock von The Faint begann, fanden es anfangs nur einige Wenige der Mühe wert sich zu erheben. The Faint widerfuhr das harte Los der (ersten) Vorband. "This is the earliest show we've ever done in our lives", ließ uns der Sänger des ungestümen Quintetts wissen. Danach legten die Elektro-Tüftler los als würden sie gerade in irgendeinem engen, verschwitzten Club spielen. Genau wie damals im Flex. Super Sound, dazu eine ausgelassene Performance, wo sowohl auf als auch direkt vor der Bühne hemmungslos abgetanzt wurde. Teilweise bis zur totalen Erschöpfung. Wenn da nur nicht das viele Tageslicht und diese riesige Bühne gewesen wäre.
Nach all dieser Ausgelassenheit glich der Auftritt von Feist fast schon einem Kontrastprogramm. Natürlich ist die Kanadierin eine ganz Nette. Natürlich hat sie eine tolle Stimme. Und natürlich kann man ihrer Mischung aus traumhaften Melodien und Lagerfeuerromantik schon mal verfallen. Doch an diesem Abend und an diesem Ort war ihre zurückhaltende Performance irgendwie fehl am Platz. Meine Meinung. Viele der Anwesenden haben das natürlich anders gesehen. Nicht wenige sollen ja einzig und allein wegen ihr gekommen sein. Mir war ihr Auftritt trotz der regen Kommunikation mit dem Publikum und dem immer wiederkehrenden Animationen im Chor zu singen, dann doch zu einschläfernd. Obwohl so richtig böse kann man Feist nicht sein. Ich bin davon überzeugt, im Gegensatz zur riesigen Freiluft-Bühne wäre sie in einem verrauchten Jazz-Club zu einem Hammer-Konzert im Stande.
Die Saddle-Creek-All-Star-Band.
Und dann kam er. Das zerbrechliche Genie. Das Wunderkind der alternativen Musikszene. Conor Oberst taumelte auf die Bühne - in einem Zustand irgendwo zwischen betrunken und manisch - und gab sich dem druckvollen Sound seiner Begleitband hin. Mal murmelte er, mal schrie er sich die Seele aus dem schmalen Leib. Passend dazu seine Klettertouren über Boxen, Monitore und Keyboards. Es grenzte an ein Wunder, dass er all die waghalsigen Ausflüge unversehrt überstand. Natürlich stolperte er des Öfteren und landete dabei das ein oder andere Mal auf seinem Hinterteil, aber was soll's, Hauptsache er fand immer wieder den Weg zurück zum Mikroständer. Es schien fast so, als würde Oberst an diesem Abend einen eineinhalb Stunden langen Leidensweg durchwandern. Was man im Grunde als Fan auch erwartet. Und wenn man bekommt, was man will, dann schaut man gerne über die merkwürdigen Zwischenansagen des Meisters hinweg, die an diesem Abend fast immer damit endeten, dass er von der Menge Applaus für die beiden Vorbands forderte. Und natürlich auch bekam. Ist auch durchaus legitim. Beim vierten oder fünften Mal dann aber doch etwas nervend.
Musikalisch gab es wieder einmal nichts - aber auch schon rein gar nichts - auszusetzen. Und das, obwohl der Gig meilenweit vom letzten Wien-Konzert entfernt war. Das beschwingte und Folk-lastige Geschrammel wurde durch orchestralen Pomp ersetzt. Kein Song, der sich nicht einem lärmenden Finale entgegen bewegte. Das Einzige was blieb, waren die herzbrecherischen Songs. Natürlich alle gewohnt ernst und bedrückend vorgetragen. Neu hingegen all das elektronische Geblubber und die Samples. Dem Spektakel entsprechend groß auch die Bandbesetzung: Zwei Schlagzeuger, drei Keyboards, ein Bassist und Unmengen an kreischenden Gitarren. Die meiste Zeit auch noch unterstützt von Cello und Violine. Insgesamt versammelte Oberst neun Begleitmusiker um sich, einerseits altbekannte Weggefährten, andererseits aber auch den Großteil von The Faint. Wenn das mal nicht der Versuch von Conor Oberst war, sich weg aus der klassischen Folk-Ecke und hin zum experimentelleren Pop zu bewegen, und sein Publikum mit einer Antithese zum Gewohnten vor den Kopf zu stoßen. Spätestens bei der Zugabe, als man mit "Lover I Don't Have to Love" einen All-Time-Favourite spielte, waren alle Zweifel wie weggeblasen und Oberst hatte doch wieder mal alles richtig gemacht. Ein weiteres denkwürdiges Konzert.
Bright Eyes / Feist / The Faint
23.06.2005 - Wien, Arena (Open Air).
[saddle-creek.com/bands/brighteyes]
[Live: Arena, Wien - 04.03.2005]
[Review: I'm Wide Awake / Digital Ash In A Digital Urn]
Conor Oberst hat ein Alkoholproblem. Zumindestens scheint er die Sache mit dem Lampenfieber nicht in den Griff zu bekommen. Vorbeugend sucht er sein Heil in Bier, Wein oder auch härteren Spirituosen. Kaum ein Auftritt, wo der Alkoholeinfluss bei ihm nicht zu bemerken ist. Meistens kann man Herrn Oberst bei seinen Konzerten ohnehin live beim Konsum beobachten. Die Folgen dessen sind unterschiedlich. Angeblich soll er ja nicht bloß einmal bereits abgestürzt sein und dadurch einen Gig in den Sand gesetzt haben. Widerfahren ist mir solch ein Reinfall allerdings noch nicht. Ich habe Bright Eyes bei ihrem Konzert auf dem Open-Air-Gelände der Arena nun bereits zum dritten Mal live vor Augen und Ohren bekommen. Auch wenn Oberst das ein oder andere Mal etwas angetrunken wirkte und sich auch während der Auftritte nicht bloß einen Schluck genehmigte, so bekam man von ihm doch jedes Mal auf's Neue eine hervorragende Performance geboten. Vielleicht braucht er das alles ja auch. Wirklich gesund können diese Sauforgien auf Dauer allerdings wohl kaum sein. Und Bright Eyes sind dieses Jahr nun schon mehrere Monate auf Tour. Angeblich soll Conor Oberst nach dem letzten Wien-Konzert dabei beobachtet worden sein, wie er nur gestützt überhaupt in den Tourbus einsteigen konnte. Ob man sich um den Wunderknaben gar Sorgen machen muss?
Vorturner und Publikumsliebling.
Anfang 2005 veröffentlichte Conor Oberst gleich zwei neue Alben. Eines mehr in Richtung Country, das andere verstärkt durch Elektronik gekennzeichnet. Zu ersterem spielten Bright Eyes im März dieses Jahres bereits ein Konzert in Wien. In der neuen Halle der Arena. Zu zweiterem gab es nun die Open-Air-Variante. In Form eines Mini-Festivals. Immerhin traten mit den Label-Kollegen The Faint und der Kanadierin Feist doch gleich zwei namhafte Acts im Vorprogramm auf.
Dementsprechend sollte es auch ein prächtiges Fest werden. Wetter, Ambiente, Stimmung: Alles passte. Wahlweise saß man in der Sonne oder im Schatten und machte sich die sommerliche Hitze mit Wasser oder Bier erträglicher. Als das musikalische Rahmenprogramm bereits um 17.45 Uhr mit dem düsteren Elektro-Rock von The Faint begann, fanden es anfangs nur einige Wenige der Mühe wert sich zu erheben. The Faint widerfuhr das harte Los der (ersten) Vorband. "This is the earliest show we've ever done in our lives", ließ uns der Sänger des ungestümen Quintetts wissen. Danach legten die Elektro-Tüftler los als würden sie gerade in irgendeinem engen, verschwitzten Club spielen. Genau wie damals im Flex. Super Sound, dazu eine ausgelassene Performance, wo sowohl auf als auch direkt vor der Bühne hemmungslos abgetanzt wurde. Teilweise bis zur totalen Erschöpfung. Wenn da nur nicht das viele Tageslicht und diese riesige Bühne gewesen wäre.
Nach all dieser Ausgelassenheit glich der Auftritt von Feist fast schon einem Kontrastprogramm. Natürlich ist die Kanadierin eine ganz Nette. Natürlich hat sie eine tolle Stimme. Und natürlich kann man ihrer Mischung aus traumhaften Melodien und Lagerfeuerromantik schon mal verfallen. Doch an diesem Abend und an diesem Ort war ihre zurückhaltende Performance irgendwie fehl am Platz. Meine Meinung. Viele der Anwesenden haben das natürlich anders gesehen. Nicht wenige sollen ja einzig und allein wegen ihr gekommen sein. Mir war ihr Auftritt trotz der regen Kommunikation mit dem Publikum und dem immer wiederkehrenden Animationen im Chor zu singen, dann doch zu einschläfernd. Obwohl so richtig böse kann man Feist nicht sein. Ich bin davon überzeugt, im Gegensatz zur riesigen Freiluft-Bühne wäre sie in einem verrauchten Jazz-Club zu einem Hammer-Konzert im Stande.
Die Saddle-Creek-All-Star-Band.
Und dann kam er. Das zerbrechliche Genie. Das Wunderkind der alternativen Musikszene. Conor Oberst taumelte auf die Bühne - in einem Zustand irgendwo zwischen betrunken und manisch - und gab sich dem druckvollen Sound seiner Begleitband hin. Mal murmelte er, mal schrie er sich die Seele aus dem schmalen Leib. Passend dazu seine Klettertouren über Boxen, Monitore und Keyboards. Es grenzte an ein Wunder, dass er all die waghalsigen Ausflüge unversehrt überstand. Natürlich stolperte er des Öfteren und landete dabei das ein oder andere Mal auf seinem Hinterteil, aber was soll's, Hauptsache er fand immer wieder den Weg zurück zum Mikroständer. Es schien fast so, als würde Oberst an diesem Abend einen eineinhalb Stunden langen Leidensweg durchwandern. Was man im Grunde als Fan auch erwartet. Und wenn man bekommt, was man will, dann schaut man gerne über die merkwürdigen Zwischenansagen des Meisters hinweg, die an diesem Abend fast immer damit endeten, dass er von der Menge Applaus für die beiden Vorbands forderte. Und natürlich auch bekam. Ist auch durchaus legitim. Beim vierten oder fünften Mal dann aber doch etwas nervend.
Musikalisch gab es wieder einmal nichts - aber auch schon rein gar nichts - auszusetzen. Und das, obwohl der Gig meilenweit vom letzten Wien-Konzert entfernt war. Das beschwingte und Folk-lastige Geschrammel wurde durch orchestralen Pomp ersetzt. Kein Song, der sich nicht einem lärmenden Finale entgegen bewegte. Das Einzige was blieb, waren die herzbrecherischen Songs. Natürlich alle gewohnt ernst und bedrückend vorgetragen. Neu hingegen all das elektronische Geblubber und die Samples. Dem Spektakel entsprechend groß auch die Bandbesetzung: Zwei Schlagzeuger, drei Keyboards, ein Bassist und Unmengen an kreischenden Gitarren. Die meiste Zeit auch noch unterstützt von Cello und Violine. Insgesamt versammelte Oberst neun Begleitmusiker um sich, einerseits altbekannte Weggefährten, andererseits aber auch den Großteil von The Faint. Wenn das mal nicht der Versuch von Conor Oberst war, sich weg aus der klassischen Folk-Ecke und hin zum experimentelleren Pop zu bewegen, und sein Publikum mit einer Antithese zum Gewohnten vor den Kopf zu stoßen. Spätestens bei der Zugabe, als man mit "Lover I Don't Have to Love" einen All-Time-Favourite spielte, waren alle Zweifel wie weggeblasen und Oberst hatte doch wieder mal alles richtig gemacht. Ein weiteres denkwürdiges Konzert.
Bright Eyes / Feist / The Faint
23.06.2005 - Wien, Arena (Open Air).
[saddle-creek.com/bands/brighteyes]
[Live: Arena, Wien - 04.03.2005]
[Review: I'm Wide Awake / Digital Ash In A Digital Urn]
wasix - 27. Jun, 18:31 - [2005 Konzerte]
driftwood - 4. Aug, 21:04:
Na sieh an: das ist ja meine Setlist. (das Internet ist kleiner, als man denkt)
driftwood (Gast) - 5. Aug, 20:53:
Wegen einiger netter Rezenzionen auf der Seite sehe ich noch mal davon ab. Ausnahmsweise natürlich.(obwohl: die NIN Kritik hätte jetzt wirklich nicht derart auf Trends Aussehen fixiert sein müssen. Sicher hat das etwas geschockt, aber gleich so viel dazu? Ich weiß nicht.)
wasix - 5. Aug, 23:40:
das tut mir jetzt aber schon "a bisserl" weh...
...das mit dem "trend". nicht wegen der kritik an der kritik (alles ansichtssache), sondern wegen der schreibweise. du knüpfst nahtlos an meiner "gotteslästerung" an... ;-)
driftwood - 6. Aug, 14:47:
Das lag wohl daran, dass du dich in der Kritik derart auf sein Äußeres bezogen hast und ich in Folge nur noch an modische Trenderscheinungen in Bezug auf Hosenlänge und Muskelaufbau denken konnte.(Aber ja, du hast schon recht. Eigentlich unverzeilich.)
wasix - 6. Aug, 16:17:
ach so... verstehe.
ist ja alles weiter nicht sooo tragisch.wie auch immer: "it's my party and i cry if i want to..."