"Palindromes" und "The Woodsman". Zwei Filme. Ein Thema. Wenn auch mit unterschiedlichen Herangehensweisen. Hier das naive Opfer, dort der geläuterte Täter.
Was fällt einem im Zusammenhang mit Michael Jackson als erstes ein. Thriller? Wohl kaum zuerst. King Of Pop? Peanuts von gestern. Gesichtsoperationen? Daran hat man sich längst gewöhnt. Ich formuliere es mal ein wenig drastischer und verwende den Begriff "Pädophil". Und schon sind wir bei den bekannten Vorlieben für kleine Jungs angekommen, die man Mr. Jackson nicht bloß erst seit gestern nachsagt. Das bemerkenswerte daran: Die immense Anziehung, die Kinder auf ihn ausüben, versuchte er erst gar nicht zu verbergen. Warum auch? Der Mann ist die Unschuld in Person. Zumindestens seiner Ansicht nach. Bei soviel Leichtsinn war das mit der Anklage und dem großen Prozess nur eine Frage der Zeit. Das Ende des mediengerecht aufgepusteten Dramas: Michael Jackson wurde freigesprochen. Das kann man nun gutheißen oder auch nicht. Ein Fünkchen Wahrheit steckt hinter den Anklagepunkten. Da bin ich mir sicher. Allerdings nicht in dem Ausmaß, wie von den Klägern dargestellt. Meine Meinung. Alles in allem natürlich ein Reiz- und Tabuthema, mit dem sich zur Zeit - wie es der Zufall eben so will - auch zwei aktuelle amerikanische Kinofilme beschäftigen.
Du bist von hinten wie von vorne.
Ein Palindrom ist etwas, das stets das Gleiche ergibt. Egal ob von vorne oder von hinten. Ein Beispiel dafür ist der Vorname der Protagonistin des neuen Streifens von Regisseur Todd Solondz: Aviva. So wie Otto. Oder Anna. Aviva ist 13 Jahre jung und hat nur einen Wunsch: Sie will unbedingt ein Baby. Und dieses durchaus folgenschwere Thema geht sie mit einer dermaßen kindlichen Naivität an, dass sie schon bald Opfer so manch zweifelhafter sexueller Übergriffe wird. Den Anfang macht der Nachbarsjunge, der sie auch prompt schwängert. Ganz nach Wunsch von Aviva. Was allerdings zur Folge hat, dass sie von ihrer Mutter (Ellen Barkin) gegen ihren Willen in eine Abtreibungsklinik gezerrt wird. Ein traumatisches Erlebnis, dem noch viele weitere folgen sollen.
Harter Stoff, den uns Solondz hier vorlegt. Erst recht in jener surrealen Darstellungsform irgendwo zwischen kitschigem Märchen und boshafter Satire. Passend dazu wird die Hauptfigur auch noch von acht verschiedenen Schauspielerinnen verkörpert. Mit vollkommen anderem Aussehen, Alter, Statur und Hautfarbe. Sogar Name und Geschlecht ändern sich. Was einerseits verwirrt, andererseits aber auch amüsiert. Das ist bei "Palindromes" auch notwendig. Denn erst die genialen Kniffe von Solondz machen diesen Film ertäglich. Anderenfalls könnte man durchaus verzweifeln an diesem betrüblichen Chaos. Fazit: Wer behauptet, diesen Film wirklich genossen zu haben, dem muss ich hiermit masochistische Neigungen unterstellen. Trotzdem allemal sehenswert.
Der menschliche Kinderschänder.
Walter (Kevin Bacon) saß zwölf Jahre im Gefängnis. Der Grund dafür? Walter mag Kinder. Jedoch auf eine Art und Weise, die von der Gesellschaft unmöglich toleriert werden kann. Und so wurde er wegen des Sexualdelikts an Minderjährigen überführt. Auch wenn er beteuert, den Mädchen zwischen 10 und 12 Jahren niemals wehgetan zu haben. Zurück in Freiheit führt er ein zurückgezogenes Leben. Er bezieht eine bescheidene Wohnung und hat einen soliden Job im örtlichen Sägewerk. Allerdings lassen die Probleme nicht lange auf sich warten. Das beginnt schon damit, dass sein dunkles Geheimnis am Arbeitsplatz die Runde macht. Außerdem muss Walter mit der ständigen Angst vor einem Rückfall leben, sobald er mit kleinen Kindern wieder in Kontakt kommt. Doch was tun, wenn gerade er einem jungen Mann auf die Schliche kommt, der seit geraumer Zeit kleine Jungs mit Süßigkeiten vom Schulhof in sein Auto lockt? Würde man ihm, dem ehemaligen Kinderschänder, in diesem Fall überhaupt Glauben schenken?
Kevin Bacon ist keiner dieser allseits beliebten Hollywood-Schauspieler. Kein Wunder, hat er doch ein gewisses Faible für böse Filmfiguren. Er spielte schon Killer, Kidnapper, und Schurken, die kleine Jungs missbrauchen. Letzteres nach "Sleepers" also nun schon zum zweiten Mal. Wobei "The Woodsman" das heikle Thema Kindesmissbrauch allerdings von einer völlig anderen Betrachtungsweise angeht. Hier ist der Täter kein Monster, sondern ein Mensch, der Teil unserer Gesellschaft ist. Und siehe da: Hin und wieder erwischt man sich als Beobachter dabei, wie man mit dem "Mann von nebenan" Mitleid hat. Wobei einem allerdings stets das schlechte Gewissen plagt. Ein äußerst mutiger Spagat, den Regisseurin Nicole Kassell mit ihrem Debutwerk hier wagt. Fazit: Siehe zwei Absätze weiter oben.
Palindromes
Regie: Todd Solondz.
Mit Ellen Barkin, Sharon Wilkins, Jennifer Jason Leigh.
17.06.2005
[palindromes-movie.com]
The Woodsman
Regie: Nicole Kassell.
Mit Kevin Bacon, Kyra Sedgwick, Mos Def.
17.06.2005 / DVD
[thewoodsmanfilm.com]
Was fällt einem im Zusammenhang mit Michael Jackson als erstes ein. Thriller? Wohl kaum zuerst. King Of Pop? Peanuts von gestern. Gesichtsoperationen? Daran hat man sich längst gewöhnt. Ich formuliere es mal ein wenig drastischer und verwende den Begriff "Pädophil". Und schon sind wir bei den bekannten Vorlieben für kleine Jungs angekommen, die man Mr. Jackson nicht bloß erst seit gestern nachsagt. Das bemerkenswerte daran: Die immense Anziehung, die Kinder auf ihn ausüben, versuchte er erst gar nicht zu verbergen. Warum auch? Der Mann ist die Unschuld in Person. Zumindestens seiner Ansicht nach. Bei soviel Leichtsinn war das mit der Anklage und dem großen Prozess nur eine Frage der Zeit. Das Ende des mediengerecht aufgepusteten Dramas: Michael Jackson wurde freigesprochen. Das kann man nun gutheißen oder auch nicht. Ein Fünkchen Wahrheit steckt hinter den Anklagepunkten. Da bin ich mir sicher. Allerdings nicht in dem Ausmaß, wie von den Klägern dargestellt. Meine Meinung. Alles in allem natürlich ein Reiz- und Tabuthema, mit dem sich zur Zeit - wie es der Zufall eben so will - auch zwei aktuelle amerikanische Kinofilme beschäftigen.
Du bist von hinten wie von vorne.
Ein Palindrom ist etwas, das stets das Gleiche ergibt. Egal ob von vorne oder von hinten. Ein Beispiel dafür ist der Vorname der Protagonistin des neuen Streifens von Regisseur Todd Solondz: Aviva. So wie Otto. Oder Anna. Aviva ist 13 Jahre jung und hat nur einen Wunsch: Sie will unbedingt ein Baby. Und dieses durchaus folgenschwere Thema geht sie mit einer dermaßen kindlichen Naivität an, dass sie schon bald Opfer so manch zweifelhafter sexueller Übergriffe wird. Den Anfang macht der Nachbarsjunge, der sie auch prompt schwängert. Ganz nach Wunsch von Aviva. Was allerdings zur Folge hat, dass sie von ihrer Mutter (Ellen Barkin) gegen ihren Willen in eine Abtreibungsklinik gezerrt wird. Ein traumatisches Erlebnis, dem noch viele weitere folgen sollen.
Harter Stoff, den uns Solondz hier vorlegt. Erst recht in jener surrealen Darstellungsform irgendwo zwischen kitschigem Märchen und boshafter Satire. Passend dazu wird die Hauptfigur auch noch von acht verschiedenen Schauspielerinnen verkörpert. Mit vollkommen anderem Aussehen, Alter, Statur und Hautfarbe. Sogar Name und Geschlecht ändern sich. Was einerseits verwirrt, andererseits aber auch amüsiert. Das ist bei "Palindromes" auch notwendig. Denn erst die genialen Kniffe von Solondz machen diesen Film ertäglich. Anderenfalls könnte man durchaus verzweifeln an diesem betrüblichen Chaos. Fazit: Wer behauptet, diesen Film wirklich genossen zu haben, dem muss ich hiermit masochistische Neigungen unterstellen. Trotzdem allemal sehenswert.
Der menschliche Kinderschänder.
Walter (Kevin Bacon) saß zwölf Jahre im Gefängnis. Der Grund dafür? Walter mag Kinder. Jedoch auf eine Art und Weise, die von der Gesellschaft unmöglich toleriert werden kann. Und so wurde er wegen des Sexualdelikts an Minderjährigen überführt. Auch wenn er beteuert, den Mädchen zwischen 10 und 12 Jahren niemals wehgetan zu haben. Zurück in Freiheit führt er ein zurückgezogenes Leben. Er bezieht eine bescheidene Wohnung und hat einen soliden Job im örtlichen Sägewerk. Allerdings lassen die Probleme nicht lange auf sich warten. Das beginnt schon damit, dass sein dunkles Geheimnis am Arbeitsplatz die Runde macht. Außerdem muss Walter mit der ständigen Angst vor einem Rückfall leben, sobald er mit kleinen Kindern wieder in Kontakt kommt. Doch was tun, wenn gerade er einem jungen Mann auf die Schliche kommt, der seit geraumer Zeit kleine Jungs mit Süßigkeiten vom Schulhof in sein Auto lockt? Würde man ihm, dem ehemaligen Kinderschänder, in diesem Fall überhaupt Glauben schenken?
Kevin Bacon ist keiner dieser allseits beliebten Hollywood-Schauspieler. Kein Wunder, hat er doch ein gewisses Faible für böse Filmfiguren. Er spielte schon Killer, Kidnapper, und Schurken, die kleine Jungs missbrauchen. Letzteres nach "Sleepers" also nun schon zum zweiten Mal. Wobei "The Woodsman" das heikle Thema Kindesmissbrauch allerdings von einer völlig anderen Betrachtungsweise angeht. Hier ist der Täter kein Monster, sondern ein Mensch, der Teil unserer Gesellschaft ist. Und siehe da: Hin und wieder erwischt man sich als Beobachter dabei, wie man mit dem "Mann von nebenan" Mitleid hat. Wobei einem allerdings stets das schlechte Gewissen plagt. Ein äußerst mutiger Spagat, den Regisseurin Nicole Kassell mit ihrem Debutwerk hier wagt. Fazit: Siehe zwei Absätze weiter oben.
Palindromes
Regie: Todd Solondz.
Mit Ellen Barkin, Sharon Wilkins, Jennifer Jason Leigh.
17.06.2005
[palindromes-movie.com]
The Woodsman
Regie: Nicole Kassell.
Mit Kevin Bacon, Kyra Sedgwick, Mos Def.
17.06.2005 / DVD
[thewoodsmanfilm.com]
wasix - 24. Jun, 22:14 - [2005 Filme]