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Ein Sitcom-Star auf Abwegen. Zwischen den Dreharbeiten zu "Scrubs" schrieb Zach Braff das Skript, führte selbst Regie und übernahm in "Garden State" gleich auch noch die Hauptrolle.

Zach BraffDer erfolglose Schauspieler, dessen beste Rolle die eines zurückgebliebenen Quarterback in einem Film ist, den kaum jemand gesehen hat. Ein von Hand geschneidertes Hemd, das aus Tapetenresten angefertigt wurde. Die Begegnung mit einem geltungsbedürftigen Polizisten, der sich als ehemaliger Schulkollege und Ex-Kiffer herausstellt. Ein in der Wohnung herumirrender Ritter mit passender Rüstung, der noch dazu klingonisch sprechen kann. Der chaotische Haushalt voller Hamster, die nach ihrem Ableben feierlich auf einem eigenen Hamsterfriedhof beerdigt werden. Ein Bootshaus, das auf der Spitze eines Berges, gleich neben einem tiefen Abgrund beheimatet ist. Das alles und noch viel mehr gibt es in "Garden State" zu sehen. Allerhand abgefahrene Personen und Begebenheiten, die auf einen äußerst witzigen Film schließen lassen. Wäre da nur nicht diese Geschichte. Zwischen Leid und Hoffnung. Vom Verlieren und Wiederfinden von Gefühlen. Tragisch das alles.

Rückkehr nach Garden State.

Large (Zach Braff) - wie er von seinen Freunden genannt wird - lebt in L.A. und versucht sich dort als Schauspieler. Aufgrund seiner mäßig erfolgreichen Karriere muss der Mittzwanziger nebenbei in einem vietnamesischen Restaurant kellnern. Nicht gerade sein Traumjob, aber immer noch besser als der immer wiederkehrende Albtraum, der ihn plagt: Er sitzt in einem Flugzeug, das gerade im Begriff ist abzustürzen. Large als glücklichen Zeitgenossen zu bezeichnen, wäre vermessen.

Als seine schwer depressive Mutter stirbt, kehrt Large erstmals seit neun Jahren in seine Heimatstadt Garden State zurück. Zumindestens für das Wochenende, wo die Beerdigung stattfindet. Eine lange Zeit ist vergangen, seit er den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen hat. Erst dieses traurige Ereignis bricht das Schweigen. Zumindestens mit seinem Vater (Ian Holm). Immerhin war er es, der in seiner Funktion als Psychiater seinen Sohn nach einem tragischen Vorkommnis in dessen Kindheit auf Medikamente setzte. Seitdem lebt Large in permanenter Lethargie. Erst bei seiner Rückkehr nach Garden State startet er einen Versuch ohne Pillen.

Peter Sarsgaard - Natalie Portman - Zach BraffEin Selbstversuch mit Folgen. Immerhin ist es für Large das erste Mal seit Jahren, dass er die Welt um sich herum bewusst wahrnimmt. Noch dazu in Form einer lange vermiedenen Auseinandersetzung mit seiner eigenen Vergangenheit. Und das betrifft nicht nur das Verhältnis mit seinem Vater. In Garden State sieht er auch wieder seinen guten, alten Freund Mark (Peter Sarsgaard), der inzwischen als Totengräber arbeitet. So auch bei der Beerdigung von Larges Mutter. Er ist es, der ihn erstmals aus der Reserve lockt. Und sei es auch nur mit Drogen. Der wahre Selbstfindungstrip beginnt für Large allerdings erst ab dem Moment, wo er der notorischen Lügnerin Sam (Natalie Portman) begegnet. Sie ist es, die mit ihrer positiven Art und verrückten Ideen den distanzierten Large endgültig aus seinem Schneckenhaus lockt. In Large kommen erstmals wieder Gefühle zum Vorschein. Eine Odyssee mit Happy End, wäre da nicht die anstehende Heimreise nach Los Angeles.

Slapstick mit Niveau.

Keine Sorge, dieser Film macht nicht depressiv. Im Gegenteil. Mit seinem Spielfilmdebüt ist Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler Zach Braff - hauptberuflich Star der Ärzte-Sitcom "Scrubs" - ein kleines komödiantisches Wunder gelungen. "Garden State" ist traurig und lustig, romantisch und zynisch, nachdenklich und wunderbar unspektakulär. Und das alles auch noch zugleich. Vieles daran ist schlichtweg absurd und trotzdem triftet dieser Streifen keinen Moment in die Lächerlichkeit ab. Soetwas nennt man dann wohl Slapstick mit Niveau. Wenn da nicht mal ein äußerst talentierter Filmemacher seinen Weg gefunden hat.

"Garden State" wird in allerlei Kritiken als moderne Version von "Die Reifeprüfung" abgefeiert. Ein Vergleich, dem ich nur wenig abgewinnen kann. Zugegeben: Beiderseits gibt es eine berührende Liebesgeschichte. Ebenso einen kongenialen Soundtrack. Und weiter? Dort der unumstrittene Filmklassiker, der sich gegen die moralischen Grundsätze des Hollywoods der Sechziger auflehnte. Hier ein Geheimtipp, knapp 40 Jahre später, der zwar allerorts gelobt wird, aufgrund seiner skurrilen Machart und all den irrwitzigen Einfällen wohl kaum ein breiteres Publikum finden wird. Zumindestens nicht hierzulande. So ist das nun mal. Damit habe ich mich längst abgefunden. Das hat aber auch seine gute Seiten. Wer verliebt sich schon gerne in einen Film, den ohnehin jeder kennt und gut findet?

Garden StateGarden State
Regie: Zach Braff.
Mit Zach Braff, Natalie Portman, Peter Sarsgaard.
27.05.2005


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