"The Abstract Poet" ist zurück. Q-Tip - "der John Coltrane unter den Rappern" - hat mit "The Renaissance" seinen Solo-Style perfektioniert. Spät, aber doch: Das Hip-Hop-Album des Jahres.
Natürlich ist man da zuerst mal skeptisch. Neun Jahre waren seit der letzten Albumveröffentlichung von Q-Tip vergangen. A Tribe Called Quest - man darf sie ruhig als die Götter des Jazz-Rap bzw. Alternative-Hip-Hop bezeichnen - hatten sich gerade aufgelöst und "Amplified" war sein Solodebut, die erste Platte ohne Phife Dawg und Ali Shaheed Muhammad, mit denen er mehr als zehn Jahre Musik machte, gemeinsam jenen einmaligen Sound aus jazzigen Tönen, straighten Drums und souligen Rhytmen kreierte. Nicht zu vergessen ihre inhaltlich stets "conscious" Lyrics. Fünf Alben lang waren A Tribe Called Quest zugleich Massenphänomen und Liebhaberprodukt. Große Helden der längst vergangenen Native-Tongues-Bewegung. Nachvollziehbar, dass man bei der Veröffentlichung von "Amplified" Großes erwartete, dass Q-Tip - inzwischen zum Islam konvertiert, sich Kamaal Ibn John Fareed nennend - zum neuen Superstar des Rap-Mainstream hochstilisiert wurde. Daraus resultierend der Schritt zum Pop. Mit dem sich Q-Tip im Nachhinein unzufrieden zeigte, weil in die musikalische Enge getrieben fühlte. Einhergehend der Bruch aka "Kamaal The Abstract".
Die Geschichte des zweiten Q-Tip-Solo-albums, das nie (offiziell) veröffentlicht wurde: Aufgenommen 2001 mit seinem langjährigen Wegbegleiter Jay Dee alias J Dilla, zeigte sich Q-Tip merklich Hip-Hop-müde. Man orientierte sich neu, versuchte sich mit eigens engagierten Musikern an einer Live-Atmosphäre. Wie zu den goldenen Blue-Note-Zeiten sollte es klingen. Das Ergebnis war die Rückkehr des Rap-Avandgardisten zu seinen jazzy Ursprüngen. Nur noch gewagter, weil weiter weg vom Hip Hop als bislang. Und "Kamaal The Abstract" hatte tatsächlich alles. Mit dem 23. April 2002 sein Release-Date. Auch die Vorab-CD's waren bereits verschickt. Sogar die ersten Lobeshymnen von Kritikern wurden bereits angestimmt. Einziges Problem: LA Reid, Geschäftsführer des zuständigen Labels Arista, bekam kalte Füße. Zu unkommerziell. Zu wenig Jay-Z. Q-Tip dazu: "LA Reid didn't know what to do with it. Then, three years later, they release Outkast. What Outkast is doing now, those are the kinds of sounds that are on Kamaal The Abstract. Maybe even a little more out. Kamaal was just me, guerrilla." Seitdem versucht Q-Tip sein geliebtes Kind zurückzukaufen und es auf einen anderen Weg zu veröffentlichen. Ohne Erfolg.
Man mochte schon gar nicht mehr daran glauben, als Q-Tip - wieder mal - ein neues Album ankündigte. Zu lang, zu steinig schien sein Weg. Von Arista zu Dreamworks, von J Records zu Geffen. Schlussendlich sollte er bei Motown/Universal unterschreiben. Und dort erschien nun "The Renaissance". Und eine Wiedergeburt ist es tatsächlich. Alle Querelen konnten der Kreativität des Hip-Hop-Chamäleons nicht schaden. Da ist immer noch diese ungemeine Experimentierfreudigkeit zu verspüren. Als wäre er nie weg gewesen. Q-Tip ist und bleibt der beste Rapper seiner Zunft, ein alter Egomane, dem sich weiterhin kein Konkurrent in den Weg stellen darf. Die Featurings sind zwar da, reichen von Amanda Diva und Norah Jones bis hin zu Raphael Saadiq und D'Angelo, nur Fremdrappen bleibt untersagt. Egal, ist es doch ohnehin dieser betont nasale Sprechgesang, dem es auf einem Q-Tip-Soloalbum einzig zu verfallen gilt. Neben dem unfassbar modernen Sound und den mitreißenden Beats. Dieses Platte hat den Jazz, den Swing, den Funk. Hip Hop für die Annalen. Und das 2008, wo man mit Hip Hop nun wirklich nichts am Hut haben müsste.
Q-Tip
The Renaissance
03.11.2008
[qtiponline.com]
[myspace.com/qtip]
Natürlich ist man da zuerst mal skeptisch. Neun Jahre waren seit der letzten Albumveröffentlichung von Q-Tip vergangen. A Tribe Called Quest - man darf sie ruhig als die Götter des Jazz-Rap bzw. Alternative-Hip-Hop bezeichnen - hatten sich gerade aufgelöst und "Amplified" war sein Solodebut, die erste Platte ohne Phife Dawg und Ali Shaheed Muhammad, mit denen er mehr als zehn Jahre Musik machte, gemeinsam jenen einmaligen Sound aus jazzigen Tönen, straighten Drums und souligen Rhytmen kreierte. Nicht zu vergessen ihre inhaltlich stets "conscious" Lyrics. Fünf Alben lang waren A Tribe Called Quest zugleich Massenphänomen und Liebhaberprodukt. Große Helden der längst vergangenen Native-Tongues-Bewegung. Nachvollziehbar, dass man bei der Veröffentlichung von "Amplified" Großes erwartete, dass Q-Tip - inzwischen zum Islam konvertiert, sich Kamaal Ibn John Fareed nennend - zum neuen Superstar des Rap-Mainstream hochstilisiert wurde. Daraus resultierend der Schritt zum Pop. Mit dem sich Q-Tip im Nachhinein unzufrieden zeigte, weil in die musikalische Enge getrieben fühlte. Einhergehend der Bruch aka "Kamaal The Abstract".
Die Geschichte des zweiten Q-Tip-Solo-albums, das nie (offiziell) veröffentlicht wurde: Aufgenommen 2001 mit seinem langjährigen Wegbegleiter Jay Dee alias J Dilla, zeigte sich Q-Tip merklich Hip-Hop-müde. Man orientierte sich neu, versuchte sich mit eigens engagierten Musikern an einer Live-Atmosphäre. Wie zu den goldenen Blue-Note-Zeiten sollte es klingen. Das Ergebnis war die Rückkehr des Rap-Avandgardisten zu seinen jazzy Ursprüngen. Nur noch gewagter, weil weiter weg vom Hip Hop als bislang. Und "Kamaal The Abstract" hatte tatsächlich alles. Mit dem 23. April 2002 sein Release-Date. Auch die Vorab-CD's waren bereits verschickt. Sogar die ersten Lobeshymnen von Kritikern wurden bereits angestimmt. Einziges Problem: LA Reid, Geschäftsführer des zuständigen Labels Arista, bekam kalte Füße. Zu unkommerziell. Zu wenig Jay-Z. Q-Tip dazu: "LA Reid didn't know what to do with it. Then, three years later, they release Outkast. What Outkast is doing now, those are the kinds of sounds that are on Kamaal The Abstract. Maybe even a little more out. Kamaal was just me, guerrilla." Seitdem versucht Q-Tip sein geliebtes Kind zurückzukaufen und es auf einen anderen Weg zu veröffentlichen. Ohne Erfolg.
Man mochte schon gar nicht mehr daran glauben, als Q-Tip - wieder mal - ein neues Album ankündigte. Zu lang, zu steinig schien sein Weg. Von Arista zu Dreamworks, von J Records zu Geffen. Schlussendlich sollte er bei Motown/Universal unterschreiben. Und dort erschien nun "The Renaissance". Und eine Wiedergeburt ist es tatsächlich. Alle Querelen konnten der Kreativität des Hip-Hop-Chamäleons nicht schaden. Da ist immer noch diese ungemeine Experimentierfreudigkeit zu verspüren. Als wäre er nie weg gewesen. Q-Tip ist und bleibt der beste Rapper seiner Zunft, ein alter Egomane, dem sich weiterhin kein Konkurrent in den Weg stellen darf. Die Featurings sind zwar da, reichen von Amanda Diva und Norah Jones bis hin zu Raphael Saadiq und D'Angelo, nur Fremdrappen bleibt untersagt. Egal, ist es doch ohnehin dieser betont nasale Sprechgesang, dem es auf einem Q-Tip-Soloalbum einzig zu verfallen gilt. Neben dem unfassbar modernen Sound und den mitreißenden Beats. Dieses Platte hat den Jazz, den Swing, den Funk. Hip Hop für die Annalen. Und das 2008, wo man mit Hip Hop nun wirklich nichts am Hut haben müsste.
Q-Tip
The Renaissance
03.11.2008
[qtiponline.com]
[myspace.com/qtip]
wasix - 25. Nov, 16:20 - [2008 Platten]