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Aus. Schluss. Vorbei. Der Running-Gag hat ausgedient. Axl Rose hat sein "Chinese Democracy" vollbracht. Nein, das sind nicht Guns N' Roses. Und nein, es ist gar nicht mal übel geworden.

17 Jahre nach dem sensationellen "Use Your Illusion"-Doppelpack. 15 Jahre nach "The Spaghetti Incident?", dem vermeintlichen Zwischendurch-Punk-Cover-Album. Man beachte: Bei Zweiterem war Axl Rose 31. Dieser Tage zählt er bereits beachtliche 46 Lenze. Er, der sich einst in Radlerhosen und Bandana auf den größten Open-Air-Bühnen die Seele aus dem Leib schrie. Er, der unlängst erst vom Rolling Stone auf Platz 64 der "100 Greatest Singers Of All Time" [>] gewählt wurde. Noch vor Iggy Pop oder Steven Tyler. Rose ist und bleibt die Rockröhre schlechthin. Oder wie von Herrn Bisenz treffend beschrieben: "Da glaubst dir fährt eine Kreissäge durchs Hirn." Okay, sein unverkennbares Organ ist ihm geblieben. An seinem Äußeren sind die Spuren der Zeit allerdings nicht spurlos vorüber gezogen. Als auf raren Fotonachweisen zu erkennen sind: Der Ansatz eines Wohlstandsbäuchleins, den zu dünnen Haupthaar entgegenwirkende Hairextensions, das offensichtlich jacketverkronte Gebiss, die durch was auch immer nachgeholfene Gesichtshautspannung. Zuviel Geld macht's möglich. Da kann man auch schon mal eineinhalb Jahrzehnte an einem Album herumbasteln und dabei kolportierte 13 Millionen US-Dollar verprassen.

Axl RoseWas war passiert? Nachdem GN'R Anfang der Neunziger zur größten Rockband auf diesem Planeten wurden, verschwanden sie. Beziehungsweise Axl Rose. Einfach so. Die Frontdiva zog sich vollkommen aus der Öffentlichkeit zurück, verbrachte fortan die meiste Zeit in seiner Villa in Malibu und arbeitet an "Chinese Democracy". Genau: Der Treppenwitz der jüngeren Musik-geschichte. Unzählige mal angekündigt, ebenso oft wieder verschoben. Man beachte allein den Personalwechsel. Das beginnt bei den Herrn an den Reglern: Zuerst arbeitete Rose noch mit dem altgedienten GN'R-Produzenten Mike Clink. Danach gab es Gerüchte um Moby und Youth, kamen Studiolegenden wie Roy Thomas Baker, Bob Ezrin und Andy Wallace ins Spiel. Schlussendlich sollte die Wahl des Co-Produzenten auf einen gewissen Caram Costanzo fallen. Ebenso das Treiben bei den Musikern: Nachdem Alt-Gunner Slash 1996, Duff McKagan und Matt Sorum 1998 geschasst wurden, kamen und gingen solch klangvolle Namen wie Robin Finck, Josh Freese, Bryan Mantia sowie der Gitarrist mit weißer Maske und Kentucky-Fried-Chicken-Pappeimer am Kopf, genannt Buckethead. Die aktuelle GN'R-Besetzung? Egal, sie wird bei den nächsten Live-Gigs ohnehin wieder anders aussehen.

Ob es an Dr. Pepper [>] lag, dass sich Rose bemüßigt fühlte "Chinese Democracy" Ende November 2008 doch tatsächlich auf die Menschheit loszulassen? Wie auch immer, er hat angekündigt seine Dose Zuckerwasser mit Buckethead zu teilen. Ein Gitarrist von vielen, der für dieses Album in die Saiten greifen durfte. Wo früher Slash und Izzy Stradlin reichten, gibt es diesmal Songs, da waren bis zu fünf notwendig. Indiz für jenes maßlos überproduzierte Monster, das zu befürchten war. Es deshalb zum von vielen herbeigesehnten Totalflop abzustempeln, wäre jedoch falsch. Dafür ist "Chinese Democracy" schlichtweg zu gut. Wenn auch definitiv nicht jenes von Rose angepriesene "greatest rock album ever made". Dafür wiederum wirken einige der 14 Songs zu sehr auf modern getrimmt, kommt vieles auf den 71.26 Minuten zu schwülstig balladesk rüber, vermisst man zu oft das rotzig Rockende vergangener Tage. So bleibt bloß ein okayes - wenn auch keinesfalls enttäuschendes - Solodebut von Axl Rose unter dem Deckmantel GN'R. Eines, dem man vieles vorwerfen kann, vor allem aber, dass Slash, Duff und Izzy darauf nicht zu hören sind. GN'R ohne die alte Bande? Nein, das ist nicht dasselbe. Sie fehlen. Sie fehlen wirklich.

"Hey, das waren Zeiten when Hard Rock was Hard Rock, Musik was as tough as a nail. Und unsere Jungs, die waren nicht lazy they got out and made it crazy but no one left to tell the jail..." Falco, "The Sound Of Musik"

Guns N' Roses: Chinese DemocracyGuns N' Roses
Chinese Democracy
24.11.2008


[gunsnroses.com]
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