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TR lässt nicht locker. Nach 03/03 nun also 05/05. "For a free album, this is rather superb. For a conventional album, it's alright." Nein, man kann "The Slip" den Vergleich nicht ersparen.

Trent Reznor

Gerade mal zwei Monate mussten vergehen, da überraschte TR seine Fangemeinde mit einem weiteren Download-Album. Mehr noch: Diesmal ging er sogar soweit, dass er das neue NIN-Werk kostenlos ins Netz stellt, "one hundred percent free, exclusively via nin.com". Als so eine Art Dankeschön, "as a thank you to our fans for your continued support." Als wenn TR soetwas notwendig hätte. Beziehungsweise... warum eigentlich nicht? Wer, wenn nicht er, der seitdem frei von irgendwelchen Regeln irgendwelcher Plattenfirmen seinen Tatendrang endlich auszuleben im Stande ist? Platte, Tour, Platte, Tour, dazwischen ein aus zehnwöchiger Session resultierendes, 36 Tracks umfassendes Instrumental-Album. Nein, Kreativschüben lässt TR inzwischen nicht nur freien Lauf, er lässt sie gleich auch auf die geneigte Hörerschaft los. Vor gar nicht allzu langer Zeit - gerade bei NIN - noch Ding der Unmöglichkeit, heute schon Gang und Gäbe. Nachvollziehbar, weil zeitgemäßer Antrieb. Grotesk, weil doch auch willkommene Rückkehr zu 40, 50 Jahre alten Mechanismen.

Dass Alben, die vorab - ohne illegale Quellen anzuzapfen - im Netz erscheinen, wenig später auch auf Tonträger erhältlich sind, gehört immer noch dazu, freut all jene, die dem alteingesessenen Sammeltrieb frönen. Was Sinn macht, oftmals heute mehr als gestern. Denn will man CD's dieser Tage noch in einigermaßen vernünftigen Stückzahlen an Mann/Frau bringen, dann hat man sich anzustrengen, mit gewissen Extras zu locken. Beispielsweise wie beim von TR produzierten dritten Longplayer von Saul Williams, der nun acht Monate nach Download-Release auf CD/LP mit fünf exklusiven Bonustracks veröffentlicht wurde. Oder eben wie bei "The Slip", wo der CD eine DVD mit fünf "live from rehearsals" aufgenommenen Stücken des Albums beiliegt. Was sich anbot, probte man in neuer Besetzung - inklusive zurückgekehrtem, frisurentechnisch nach wie vor unerreichtem Robin Finck - doch ohnehin für die inzwischen angelaufene US-Tour. Was aufgrund der unverändert immensen Live-Präsenz von NIN aber auch den durchaus schwächeren ersten Teil von "The Slip" in ein neues Licht rückt, jene Tracks roher, härter, interessanter erscheinen lässt.

Was auffällt: "The Slip" ist mit Intro plus neun Songs ungewohnt kurz ausgefallen. 43 Minuten und 45 Sekunden, die im NIN-Kontext nur mit den knapp 32 Minuten - Intro plus sieben Songs - der 1992-EP "Broken" vergleichbar sind. Ein Nebeneinanderstellen, das beim erwähnten ersten Teil des neuen Albums auch inhaltlich greift, dabei aber nicht über formelhaft wirkende Einheitsware hinauskommt. Denn im Gegensatz zum schonungslos brachialen "Broken" wirken ähnlich angelegte Stücke wie "1,000,000" oder "Letting You“ doch eher wie ein müder Abklatsch längst vergangener Zeiten. Aber wie bereits erwähnt: DVD gucken und sich umstimmen lassen. Wobei nie Grund zum Zweifel bestand: Teil 2 von "The Slip", nämlich dann, wenn die vermeintlich plumpe Krachmacherei ausbleibt, es merklich ruhiger wird. Beginnend mit dem traumhaft balladesken "Lights In The Sky", gefolgt von bestem "Ghosts"-Material, den ambient-unheimlichen "Corona Radiata" und "The Four Of Us Are Dying", sowie dem finalen Aufgebären von "Demon Seed". Was “The Slip“ dann doch noch zum okayen Album werden lässt. Wenn auch weit entfernt vom gar nicht mal erwarteten Geniestreich. Der Sinn des Ganzen liegt ohnehin woanders.

Nine Inch Nails: The SlipNine Inch Nails
The Slip
05.05.2008 (Download) / 28.07.2008


[theslip.nin.com]
[nin.com] [myspace.com/nin]

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