Der Vorspann ist genial, das Ende grandios. Und auch dazwischen erweist sich Nic Balthazars "Ben X" als beeindruckend eigensinniger und verstörender Streifen. "Jedes Ende ist ein Anfang..."
"Ben X" schnell ausgesprochen wird zu "Benniks", was aus dem Flämischen ins Deutsche übersetzt soviel wie "Ich bin nichts" heißt. Ein Niemand, für genau den hält sich der junge Ben (Greg Timmermans). Ein autistisch veranlagter Teenager, der kaum spricht, keine Gefühle zeigen kann, stattdessen in sich gekehrt und zurückgezogen versucht den Alltag zu meistern. Ein Leben, das aufgrund seines Andersseins immer mehr zur Hölle wird. Vor allem in der Schule, wo er von Mitschülern tyrannisiert und gepeinigt wird. Was soweit geht, dass eine dieser üblen Demütigungen sogar im Internet auftaucht. Genau dort, wo Ben einen Zufluchtsort gefunden hat. Ein Paralleluniversum, wo er im Online-Spiel Archlord zum starken Kämpfer wird. Einer, der gefürchtet ist, es bis Level 80 geschafft hat. Einer, der in dieser virtuellen Fantasiewelt auch eine Freundin hat. Scarlite (Laura Verlinden) ist immer an seiner Seite. Mit ihr durchstreift er düstere Landschaften, stellt sich Gefahren. Sie beschützt er, für sie ist er ein Held, der große Ben X.
Nic Balthazar machte sich in seiner belgischen Heimat vor allem als TV-Moderator, Filmkritiker und Schriftsteller einen Namen. Seit vergangenem Jahr ist er auch als Filmemacher in aller Munde, schaffte es das Regiedebut des inzwischen 43-jährigen - die Verfilmung seines eigenen Jugendbuches "Nichts war alles, was er sagte" - doch zu Belgiens offiziellem Anwärter für die Kategorie "Best Foreign Language Film" bei den Oscars 2008. Dass "Ben X" bereits in der Vorauswahl scheiterte, schlussendlich nicht unter den fünf Nominierten war, verwundert, aber auch wiederum nicht. Für diese Veranstaltung war Balthazars Erstlingswerk dann doch zu ungewöhnlich, zu unangenehm und zu effekthascherisch. Ich mag Stefan Ruzowitzkys "Die Fälscher", habe mich als Österreicher über den ersten Oscar für mein Heimatland in dieser Kategorie auch gefreut, eines steht jedoch fest: Die 93 Minuten aus Belgien sind drastisch anders. Aufwühlender und mitreißender, wohl auch besser.
Die Anfangssequenz von "Ben X" gibt die Richtung vor. Man befindet sich auf einem fantastischen Ritt durch die Archlord-Welt. Gefolgt von Bens innerem Monolog und einem Blick auf dessen Realleben. Die Bilder gehen Hand in Hand. Eben taucht man noch in den Online-Raum ein, schon kreist die Kamera bedrohlich über der Hauptfigur. Die Perspektivenwechsel sind gekennzeichnet von zumeist hektischer Schnittfolge. Ein visueller Overkill, der zuerst noch verwirren mag, sich mit Fortdauer aber zur einzig passenden, weil subtilen und eindrücklichen Darstellung von Bens Gefühlsleben entwickelt. Immer mehr verschwimmen die Grenzen zwischen realer Welt und der des Computerspiels. Sowohl im Film als auch in Bens Kopf. Man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Über die herausragende schauspielerische Leistung von Greg Timmermans. Ebenso wie über den überraschenden Verlauf, den der Streifen nimmt, der ihn schlussendlich in einem gleichermaßen zwiespältigen und befreienden Finale enden lässt. All das musikalisch untermalt von saften Klängen von dEUS und Sigur Ros. "Game over. Time for endgame."
Ben X
Regie: Nic Balthazar.
Mit Greg Timmermans, Laura Verlinden, Marijke Pinoy.
23.05.2008
[benx.kinowelt.de] [imdb.com]
"Ben X" schnell ausgesprochen wird zu "Benniks", was aus dem Flämischen ins Deutsche übersetzt soviel wie "Ich bin nichts" heißt. Ein Niemand, für genau den hält sich der junge Ben (Greg Timmermans). Ein autistisch veranlagter Teenager, der kaum spricht, keine Gefühle zeigen kann, stattdessen in sich gekehrt und zurückgezogen versucht den Alltag zu meistern. Ein Leben, das aufgrund seines Andersseins immer mehr zur Hölle wird. Vor allem in der Schule, wo er von Mitschülern tyrannisiert und gepeinigt wird. Was soweit geht, dass eine dieser üblen Demütigungen sogar im Internet auftaucht. Genau dort, wo Ben einen Zufluchtsort gefunden hat. Ein Paralleluniversum, wo er im Online-Spiel Archlord zum starken Kämpfer wird. Einer, der gefürchtet ist, es bis Level 80 geschafft hat. Einer, der in dieser virtuellen Fantasiewelt auch eine Freundin hat. Scarlite (Laura Verlinden) ist immer an seiner Seite. Mit ihr durchstreift er düstere Landschaften, stellt sich Gefahren. Sie beschützt er, für sie ist er ein Held, der große Ben X.
Nic Balthazar machte sich in seiner belgischen Heimat vor allem als TV-Moderator, Filmkritiker und Schriftsteller einen Namen. Seit vergangenem Jahr ist er auch als Filmemacher in aller Munde, schaffte es das Regiedebut des inzwischen 43-jährigen - die Verfilmung seines eigenen Jugendbuches "Nichts war alles, was er sagte" - doch zu Belgiens offiziellem Anwärter für die Kategorie "Best Foreign Language Film" bei den Oscars 2008. Dass "Ben X" bereits in der Vorauswahl scheiterte, schlussendlich nicht unter den fünf Nominierten war, verwundert, aber auch wiederum nicht. Für diese Veranstaltung war Balthazars Erstlingswerk dann doch zu ungewöhnlich, zu unangenehm und zu effekthascherisch. Ich mag Stefan Ruzowitzkys "Die Fälscher", habe mich als Österreicher über den ersten Oscar für mein Heimatland in dieser Kategorie auch gefreut, eines steht jedoch fest: Die 93 Minuten aus Belgien sind drastisch anders. Aufwühlender und mitreißender, wohl auch besser.
Die Anfangssequenz von "Ben X" gibt die Richtung vor. Man befindet sich auf einem fantastischen Ritt durch die Archlord-Welt. Gefolgt von Bens innerem Monolog und einem Blick auf dessen Realleben. Die Bilder gehen Hand in Hand. Eben taucht man noch in den Online-Raum ein, schon kreist die Kamera bedrohlich über der Hauptfigur. Die Perspektivenwechsel sind gekennzeichnet von zumeist hektischer Schnittfolge. Ein visueller Overkill, der zuerst noch verwirren mag, sich mit Fortdauer aber zur einzig passenden, weil subtilen und eindrücklichen Darstellung von Bens Gefühlsleben entwickelt. Immer mehr verschwimmen die Grenzen zwischen realer Welt und der des Computerspiels. Sowohl im Film als auch in Bens Kopf. Man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Über die herausragende schauspielerische Leistung von Greg Timmermans. Ebenso wie über den überraschenden Verlauf, den der Streifen nimmt, der ihn schlussendlich in einem gleichermaßen zwiespältigen und befreienden Finale enden lässt. All das musikalisch untermalt von saften Klängen von dEUS und Sigur Ros. "Game over. Time for endgame."
Ben X
Regie: Nic Balthazar.
Mit Greg Timmermans, Laura Verlinden, Marijke Pinoy.
23.05.2008
[benx.kinowelt.de] [imdb.com]
wasix - 4. Jun, 00:14 - [2008 Filme]