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Man nehme eine Prise Tarantino, einen Schuss Coen und vermenge dies mit schwärzestem Brit-Humor. Eine ziemlich blutige, aber höchst unterhaltsame Sightseeingtour, dieses "In Bruges".

In Bruges: Brendan Gleeson - Colin Farrell.

Brügge ist die Hauptstadt der Provinz Westflandern in Belgien. Ein wunderschöner, nahezu märchenhafter Ort. Vor allem wegen seines mittelalterlichen Stadtkerns. All die alten Häuser und Kirchen. All die engen Gassen und Kanäle. Fast wie in Venedig. Keine Frage, Brügge ist eine Reise wert. Vorausgesetzt man spricht auf touristische Vorzüge an. Wenn nicht, könnte man nämlich in Versuchung geraten, die altmodische Stadt mit ihrer beruhigenden Stimmung als allerletztes Kaff abzutun. Wie bespielsweise Ray (Colin Farrell), seines Zeichens Auftragskiller. Ein stets nörgelnder und auffällig nervöser Ire, der gemeinsam mit seinem vollkommen gegensätzlichen Partner Ken (Brendan Gleeson) von der Londoner Unterwelt in eben jenes beschauliche, dafür umso langweiligere Brügge geschickt wurde. Kaum Kneipen, keine Bowlingbahnen. Es bleibt nur das Abklappern diverser Sehenswürdigkeiten. Inmitten fettleibiger US-Urlauber. Keine Spur davon jemanden killen zu dürfen. Vorerst jedenfalls. Warten ist angesagt. Und zwar auf den Anruf ihres mehr als weniger cholerischen Bosses Harry (Ralph Fiennes). Und das alles "in fuckin' Bruges".

Martin McDonagh ist ein 38-jähriger britischer Filmemacher und Drehbuchautor. Einer, der bereits stolzer Besitzer eines jener begehrten Goldmännchen ist. Und das, ohne einen abendfüllenden Spielfilm oder ein besonderes Filmmanuskript vollbracht zu haben. Des Rätsels Lösung lautet "Short Film". "A black and bloody Irish comedy" namens "Six Shooter". 2006 gar der Beste seiner Spezies. Was McDonagh ermöglichen sollte, sein Langfilmdebut - wofür er auch das Drehbuch schrieb - unter ansehnlichen Umständen und mit noch ansehnlicherer Schauspielerriege in die Tat umzusetzen. Letzteres beinhalt den besten, weil schrullig-sympathischten und facettenreichsten Colin Farrell, der einem bislang untergekommen ist. Einer zum Mitfühlen und Mitlachen. Das liegt an seinem hervorragenden Mimikspiel, aber auch an seinem rauhen irischen Akzent, den man ihm in dieser ungehobelten Weise gar nicht zugetraut hätte. Hinzu kommen mit seinem "väterlichen Kollegen" Brendan Gleeson und dem "psychopathischen Chef" Ralph Fiennes niemand geringerer als "Alastor 'Mad-Eye' Moody" und "Lord Voldemort" aus diversen Harry Potter-Filmen. Macht drei Killer, die sich vor allem auf eines hervorragend verstehen: Fluchen.

"The word 'fuck' and its derivatives are said 126 times in this 107-minute film, an average of 1.18 'fucks' per minute." Nicht übel für ein Regiedebut. Auch nicht übel für einen Filmemacher, der Quentin Tarantino als großen Einfluss bei der Entstehung von "In Bruges" nennt. Beste Voraussetzung für eine gleichermaßen groteske, morbide und unterhaltsame Mixtur aus Krimi und Komödie. Eine, die zwar in Belgien handelt, sich dabei allerdings als durch und durch britisches Machwerk mit ebensolchem tiefschwarzen Humor erweist. Die herrlich unrealistisch inszenierte Sightseeingtour der etwas anderen Art ist das Eine, der augenzwinkernd amüsante Wortwitz das Andere. In Summe kommt dabei ein bemerkswert intelligenter und temporeicher Gangsterfilm mit brillanten schauspielerischen Leistungen heraus. Einer, der noch dazu extrem komisch ist. Nicht zu vergessen: Der wahnwitzigste und überzogenste Showdown dieses Kinojahres. In Brügge stirbt es sich eben anders.

In BrugesIn Bruges
Regie: Martin McDonagh.
Mit Colin Farrell, Brendan Gleeson, Ralph Fiennes.
16.05.2008


[inbruges.co.uk] [imdb.com]