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Arcade Fire @ Gasometer. Das Zehn-Mann/Frau-Orchester und die Konzertsensation. Ungebremste Leidenschaft auf und Standing Ovations vor der Bühne. Ein Abend kollektiver Euphorie. Hallelujah.

Arcade Fire: Win Butler - Regine Chassagne.

Schon das Bühnenantlitz vor Beginn des restlos ausverkauften zweiten Wien-Gastspiels von Arcade Fire verhieß Großes. Gut ein halbes Dutzend Mikrofonständer, dazu ein unüberschaubarer Haufen unterschiedlichster Musikinstrumente: Jede Form von Saiten- und Blasinstrument, Schlagzeug, Trommeln, Klavier, Keyboards, Glockenspiel, Akkordeon, Leierkasten, Rasseln, Tambourins, Megafone. Nicht zu vergessen die riesige Kirchenorgel mit ihren gewaltigen Orgelpfeifen, die im Hintergrund über all dem thronte. Als das Spektakel dann seinen Lauf nahm, kamen auch die über die Bühne verteilten Neonröhren - inklusive obligatorischer "Neon Bible" - und die kreisrunden Leinwände zum Einsatz. Und schon war man inmitten einer jener berüchtigten amerikanischen Fernsehpredigershows. Via Videoeinspielungen wurde die Menge zuerst von einem, dann von zwei, schlussendlich von bis zu fünf PreacherInnen auf Anstehendes eingestimmt. Ein kakophon lärmendes Intro für den Einmarsch jener sieben männlichen und drei weiblichen Musiker, die fortan mit regem Instrumentenwechsel, enthemmter Bühnenperformance und immenser Spielfreude für einen ganz besonderen Konzertabend sorgen sollten.

Man muss eine Weile zurückdenken, um sich an ein Konzert in Wien zu erinnern, das dermaßen einhellig mit Lobhudeleien quittiert wurde. Allerorts schiere Begeisterung. Das begann schon während des Gigs. Springende, tanzende, mitgrölende, schlichtweg ausflippende Menschen, wohin man auch schaute. Selbst nach Beendigung des eineinhalbstündigen Auftritts, beim Gang zur Garderobe, wollten die lautstarken Gesänge nicht verstummen. Die Fortsetzung restloser Zufriedenheit dann bei der Nachbetrachtung in den heimischen Medien. Von einem "Triumphzug" war da die Schreibe. Vom "Flächenbrand der Gefühle". Oder gar "Die maßloseste Band der Welt". Egal, ob nun währenddessen, direkt danach oder auch in den nächsten Tagen in geschriebener Form: Alle hatten sie Recht. Umso bemerkenswerter, weil dieses vermeintliche "Konzert des Jahres" doch in der berüchtigten Soundfalle Gasometer abgehalten werden musste. Eine Location, die ihrem Ruf stets alle Ehre macht. Auch diesmal. Doch selbst widrige Umstände waren an diesem Abend egal. Aber auch soetwas von egal.

Ob dieses Konzert gar besser als das Wien-Debut von Arcade Fire vor zweieinhalb Jahren im Flex war? Schwere, ganz schwere Entscheidung. Nur soviel: Die Euphorie - egal ob nun auf der Bühne oder im Publikum - war ähnlich. Die Emotionen schäumten beide Male über. Aufgrund der Location wirkte all das 2005 natürlich um einiges intimer. Wobei die weitaus größer angelegte Bühnenshow 2007 dann doch für einiges mehr an Opulenz sorgen konnte. Wie auch immer, unverzichtbar waren beide Konzerterlebnisse. Wegen dem ausgelassenen Treiben, das Arcade Fire dabei auf die Bühne zauberten. Wegen dieser unfassbarer Inbrunst, mit der sie ihr hymnisches Liedgut zum Besten gaben. Vor allem aber wegen der Musik selbst, den wunderbaren Stücken über Glauben, Religion und Tod, die Ehepaar Butler/Chassagne und der Rest des kanadischen Musikerkollektivs in den letzten Jahren erschaffen haben. Chris Martin meinte mal, Arcade Fire seien die beste Band aller Zeiten. An diesem Abend im Gasometer waren sie es tatsächlich. Und mehr. Ganz viel mehr.

Arcade Fire / Wild Light
10.11.2007 - Gasometer, Wien.


Setlist:
Black Mirror / Keep The Car Running / No Cars Go / Haiti / Black Wave/Bad Vibrations / In The Backseat / Neon Bible / Age Of Consent / Intervention / Antichrist Television Blues / The Well & The Lighthouse / Neighborhood #1 (Tunnels) / Neighborhood #3 (Power Out) / Rebellion (Lies).
Encore: Windowsill/Bored With The USA / Still Ill / Wake Up.

[arcadefire.com] [myspace.com/arcadefireofficial]
[myspace.com/wildlight]

[Arcade Fire / Final Fantasy @ Flex, Wien - 21.05.2005]

[Review: Arcade Fire - Funeral]
[Review: Arcade Fire - Neon Bible]