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Vic Chesnutt & Band @ Gartenbaukino. Ein Viennale-Special: Der traurige, kleine Mann mit den ganz großen Songs durfte beim diesjährigen Filmfestival den mehr als würdigen Schlusspunkt setzen.

Vic Chesnutt macht Musik wie sie nur das richtige Leben schreiben kann. Ein Singer-Songwriter wie er im Buche steht. Mit akustischer Klampfe und raunziger Stimme. Seine Kompositionen mögen einen aufgrund ihrer verschrobenen Art schon mal zum Schmunzeln anregen, beinhalten auch stets Humorvolles, handeln dabei jedoch zumeist von Depressionen. Psychische Probleme, mit denen Chesnutt jeher zu kämpfen hatte. Seit jenem Verkehrsunfall, der ihn im Alter von 19 Jahren an den Rollstuhl fesselte nur noch mehr. Nichtsdestotrotz arbeitete er sich in den darauffolgenden Jahren zur lokalen Größe in seiner Heimat Athens, Georgia empor. Ein Umfeld, das noch einen weiteren, nicht gerade unbekannten Musiker hervorbrachte: Michael Stipe. Und genau er war es, der früh Chesnutts Talent erkannte und ihn Anfang der Neunziger zu ersten Plattenaufnahmen ermutigte. Jahre später initiierte Stipe auch das Tributalbum "Sweet Relief II: Gravity Of The Situation", das Chesnutt einer breiteren Masse bekannt machte. Man beachte die Künstler, die darauf Chesnutt-Kompositionen zum Besten gaben: Garbage, R.E.M., Smashing Pumpkins und - Achtung! - Madonna.

Vic ChesnuttDas war 1996. Im selben Jahr kam "About To Choke", Chesnutt bis heute wohl bestes Album auf den Markt. Ganz große Empfindungen gepackt in durchwegs akustische Arrangements. Ergänzt mit detaillierten Texten über alltägliche Probleme, wobei nie der Schuss Sarakasmus fehlen durfte. Ein Album mit den schönsten Songs jenseits der Schmerzensgrenze. Ein Schreiberling meinte einst treffend: "Man nehme die ruhigsten R.E.M.-Songs, subtrahiere davon die Stadion-Rock-Attitüde des Vierers aus Athens und hat die Musik von Vic Chesnutt." Im nächsten Jahr - genauer am 17. Februar 1997 - gastierte Chesnutt im Wiener Chelsea. Mein erstes und bis vor kurzem auch einziges Aufeinandertreffen mit ihm. Erst dieser Tage sollte es zur längst überfälligen Fortsetzung kommen. Nicht wie zuerst geplant in der Szene, sondern im Rahmen der diesjährigen Viennale im altehrwürdigen Gartenbaukino. Noch dazu mit Unterstützung von Fugazi-Gitarrist Guy Picciotto und Mitgliedern von A Silver Mt. Zion. Soetwas nenne ich mal Pflichtkonzert.

Grund des illustren Musikertreffens war Chesnutts aktuelles Album "North Star Deserter", welches er mit genau jenen Herrschaften eingespielt hat. Und weil die Platte von Dokumentarfilmer Jem Cohen produziert wurde, entstand dann auch der Bezug zur Viennale. Erster Bonustag: Cohen-Filme mit Live-Musik vom genannten Pop-Orchester. Zweiter Bonustag: Ein Exklusivkonzert von Vic Chesnutt & Band. Das erste ihrer Tour. "An excellent one." Dem ein bärtiger, Wollhaube tragender Chesnutt während des Gigs nur zustimmen konnte. Eine Konzert, das von einer ganz besonderen Atmosphäre gekennzeichnet war. Wegen des ungewöhnlichen Rahmens, der vorgetragenen Musik, die "seine intimen Lieder mit verzerrten Gitarren und subtilen Dissonanzen auf die schiefe Bahn" brachten. Vor allem aber wegen Vic Chesnutt. Der am Ende der eineinhalb Stunden, nach zwei Zugaben - letztere eine angenehm schräge Version von "Ruby Tuesday" - in seinem Rollstuhl sitzend von zwei Bandmitgliedern von der Bühne gehoben wurde und sich dabei unter tosendem Applaus mit hochgestreckten Armen zu einer Siegerpose hinreißen ließ. Ein Moment, wo er, der ansonsten so introvertierte Musikant doch tatsächlich die coolste Person auf diesem Planeten war. [viennale.at]

Vic Chesnutt & Band / The Quavers
02.11.2007 - Gartenbaukino, Wien.


[vicchesnutt.com] [myspace.com/vicchesnutt]
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