header
 
... klar. Aber diese Stimme, dieser Bandname. Wen wundern da Vergleiche? Doch Polarkreis 18 sind anders. Weil ihr Debutalbum zwar nach vielem klingt, aber nicht dingfest zu machen ist.

Polarkreis 18

Die (wahrscheinlich) letzte musikalische Errungenschaft unter Zuhilfenahme der "alten" Spex, jenem z.Z. im bedenklich krassen Umbruch befindlichen "Magazin für Popkultur", welches ich zwar nie so recht lieben, über die Jahre hinweg aber doch schätzen gelernt habe. Polarkreis 18 sind (Ost-) Deutsche. Fünf - was Promofotos betrifft - geneigte Rollkragenträger. Allesamt gerade mal Anfang 20. Trotzdem gibt es den Kern der Band bereits seit neun Jahren. Vom Schrammelrock der Anfangstage ist nichts mehr übriggeblieben. Heute setzt man auf "twisted beats and powerful samples", die sich mit "mellow pop melodies" zu einem Ganzen vereinen. Eine Kombination aus "driven drums, atmospheric electronic sounds and plucked guitar strings". Nicht zu vergessen diese "extraordinary, male voice". Eine Stimme zwischen Wort und Klangbild, die nicht Texte herunterbetet, sondern die Rolle eines zusätzlichen Instruments einnimmt.

Wobei man auch schon beim vermeintlich Mystischen dieser Band angekommen ist. Als ich das selbstbetitelte Debut von Polarkreis 18 erstmals hörte, gingen meine Gedanken eindeutig in Richtung "Sängerin", also weibliche Stimme. Nun ja, Felix ist keine Frau, bewegt sich mit seiner Gesangsakrobatik aber in derart hohen Sphären, dass man sich verwundert zeigen darf. Eine Falsettstimme, die nerven kann, hier aber perfekt passt. Und auch der Grund ist, dass Polarkreis 18 allerorts mit Sigur Ros verglichen werden. Da liegt man nicht falsch, weil infolge der eigenwilligen Stimmführung die englischsprachigen Texte auf diesem Album ebenso wenig zu verstehen sind wie das Isländische/Hopeländische der Kollegen aus dem hohen Norden. Was jedoch den Stilvergleich betrifft, gibt es nur wenige offensichtliche Ähnlichkeiten. Natürlich zelebriert man das Ausschweifende, bleibt dann aber doch stets im herkömmlichen Songkontext. Natürlich konfrontiert man mit hoffnungslos Verträumtem, hält im Vergleich zu Sigur Ros vom langsamen Aufbau hin zum ultimativen Höhepunkt merklich weniger und kommt bei den zehn Songs plus Intro eindeutig schneller auf den Punkt.

Natürlich: Wer Sigur Ros - ebenso wie Mew oder Air - mag, der liegt hier keinesfalls falsch. "Polarkreis 18" hat diese progressiven Anleihen gepaart mit fast schon waviger Tanzbarkeit, vor allem aber bleiben einem diese zuckersüßen Klanglandschaften in den Gehörgängen kleben. Wohl auch deshalb, weil hier bei der richtigen Portion Tragik gelitten wird. Wenn auch in etwas schrillerer Gangart. Das ist gut, artet in der zweiten Hälfte des Albums sogar zum Geniestreich aus. Weil die Musiker sich nicht vor dem stilistischen Umbruch scheuen und dadurch das i-Tüpfelchen auf diese Platte zaubern. Man beachte nur die zwei - unterbrochen durch ein streicherbetontes Instrumental - Ausflüge in Richtung experimenteller Elektronik, wo für einige Minuten das analoge Instrumentarium links liegen gelassen wird und pulsierende Beats aus dem Laptop die Oberhand gewinnen. Und das mit einer Dynamik, dass man auszucken möchte. Und es auch tun sollte. Dresdner Pop-Visionäre machen's möglich.

Polarkreis 18: stPolarkreis 18
st
19.02.2007


[polarkreis18.de]
[myspace.com/polarkreis18]