Mein spätes erstes Mal: David Bowie @ Stadthalle, Wien - 04.02.1996.
Die Musikpresse hatte das Pop-Chamäleon nach den doch eher belanglosen musikalischen Ergüssen der letzten Jahre bereits totgeschrieben. Doch dank eines Selbsterfahrungstrips kehrte David Bowie 1995 auf kontroverse Art zurück und versetzte damit Fans und Kritiker ins Staunen. Mit "Outside" besann sich der einstige Trendsetter wieder alter Qualitäten. Keine chartstaugliche Musik, stattdessen sperrige Industrial- und spacige Ambient-Klänge. Das Ergebnis war eine kunstvolle Mischung aus modernem Pop und überdrehtem Avantgardismus. Hochwertigen Musikgeschmack und das Gespür für zukunftsorientierte Stilrichtungen besaß Bowie immer schon, nur hatte er in den letzten Jahren darauf vergessen, dies in sein musikalisches Schaffen einfließen zu lassen.
Dementsprechend lud Bowie in der Wiener Stadthalle zur futuristischen Cyber-Performance. Schon das Intro glich einer düsteren Darstellung des industriellen Gothic-Zeitalters. Ein bombastisches Gewitter aus brachialen Bass- und Schlagzeugtönen dröhnte durch die Halle. Dazu ein karges Bühnenbild mit großen, bunten Tüchern an den Wänden, einer Schulbank samt Stuhl und in weißen Stoff gewickelte, menschengroße Puppen. Über all dem ragte in großen Lettern der Schriftzug "Open The Dog". Gleich daneben schwebte ein gefesselter Riese durch die Lüfte. Im Zentrum dieses gespenstischen Szenarios stand der Meister. Barfuß und in einen schwarzen Ledermantel gehüllt zelebrierte er bei den ersten Stücken einen Minimalismus an Gesten und Bewegungen. Erst mit Fortdauer der Show wurde er zunehmends lebendiger und ließ sich zu entfesselnden Tanzorgien hinreißen. Vom gemütlichen Mitsing-Erlebnis wurde jedoch Abstand gehalten. Keine große Bühnen- und Lichtshow. Vielmehr wurde auf das wirkungsvolle Zusammenspiel von Bowies Stimme und der Darbietung seiner Musiker - darunter Tin Machine-Kollege Reeves Gabrels und der langjährige Weggefährte Carlos Alomar - gesetzt. Und diese hatten beim komplizierten Songmaterial von "Outside" nun wirklich keinen leichten Stand.
Passend zu Bowies neuentdeckter Liebe zum Risiko die doch eher eigenwillige Songauswahl. Wer ein actionreiches Oldie-Revival erhoffte, könnte bei dieser Tournee durchaus enttäuscht worden sein. Das Hauptaugenmerk lag eindeutig auf den eckigen Soundgemälden von "Outside". Zu dem einen oder anderen Klassiker ließ sich Bowie dann aber doch hinreißen. Aber wenn schon fast vergessene Songperlen zu neuem Leben erweckt werden mussten, dann sollten es zumindestens solche sein, die bisher nur selten live dargeboten wurden. An diesem Abend waren dies "Andy Warhol" (als wilder Rocker), "The Man Who Sold The World" (als gezügelte Dancefloor-Nummer) sowie "Scary Monsters" und "Diamond Dogs". Als besonderen Leckerbissen gab es sogar "Under Pressure", wo die fantastische Sängerin/Bassistin Gail Ann Dorsey den Part von Freddie Mercury zum Besten gab. Ein Konzerthighlight. Ebenso wie die einzige Zugabe der 100 Minuten-Show, wo Bowie mit "Moonage Daydream" dann doch noch mal die glorreichen Siebziger aufleben ließ und die davor eher verhaltenen Menge so richtig schön zum Ausrasten brachte. Er ist bleibt nun mal ein Rock/Pop-Dinosaurier. Wenn auch ein ganz Besonderer.
Setlist:
The Motel / Look Back In Anger / The Hearts Filthy Lesson / Scary Monsters / I Have Not Been To Oxford Town / Outside / Andy Warhol / Voyeur Of Utter Destruction / The Man Who Sold The World / A Small Plot Of Land / Strangers When We Meet / Diamond Dogs / Hallo Spaceboy / Breaking Glass / We Prick You / Nite Flights / Teenage Wildlife / Under Pressure / Moonage Daydream.
[RETRO: BOWIE = 60 (1/5)]
[RETRO: BOWIE = 60 (3/5)]
[RETRO: BOWIE = 60 (4/5)]
[RETRO: BOWIE = 60 (5/5)]
[davidbowie.com]
Die Musikpresse hatte das Pop-Chamäleon nach den doch eher belanglosen musikalischen Ergüssen der letzten Jahre bereits totgeschrieben. Doch dank eines Selbsterfahrungstrips kehrte David Bowie 1995 auf kontroverse Art zurück und versetzte damit Fans und Kritiker ins Staunen. Mit "Outside" besann sich der einstige Trendsetter wieder alter Qualitäten. Keine chartstaugliche Musik, stattdessen sperrige Industrial- und spacige Ambient-Klänge. Das Ergebnis war eine kunstvolle Mischung aus modernem Pop und überdrehtem Avantgardismus. Hochwertigen Musikgeschmack und das Gespür für zukunftsorientierte Stilrichtungen besaß Bowie immer schon, nur hatte er in den letzten Jahren darauf vergessen, dies in sein musikalisches Schaffen einfließen zu lassen.

Passend zu Bowies neuentdeckter Liebe zum Risiko die doch eher eigenwillige Songauswahl. Wer ein actionreiches Oldie-Revival erhoffte, könnte bei dieser Tournee durchaus enttäuscht worden sein. Das Hauptaugenmerk lag eindeutig auf den eckigen Soundgemälden von "Outside". Zu dem einen oder anderen Klassiker ließ sich Bowie dann aber doch hinreißen. Aber wenn schon fast vergessene Songperlen zu neuem Leben erweckt werden mussten, dann sollten es zumindestens solche sein, die bisher nur selten live dargeboten wurden. An diesem Abend waren dies "Andy Warhol" (als wilder Rocker), "The Man Who Sold The World" (als gezügelte Dancefloor-Nummer) sowie "Scary Monsters" und "Diamond Dogs". Als besonderen Leckerbissen gab es sogar "Under Pressure", wo die fantastische Sängerin/Bassistin Gail Ann Dorsey den Part von Freddie Mercury zum Besten gab. Ein Konzerthighlight. Ebenso wie die einzige Zugabe der 100 Minuten-Show, wo Bowie mit "Moonage Daydream" dann doch noch mal die glorreichen Siebziger aufleben ließ und die davor eher verhaltenen Menge so richtig schön zum Ausrasten brachte. Er ist bleibt nun mal ein Rock/Pop-Dinosaurier. Wenn auch ein ganz Besonderer.
Setlist:
The Motel / Look Back In Anger / The Hearts Filthy Lesson / Scary Monsters / I Have Not Been To Oxford Town / Outside / Andy Warhol / Voyeur Of Utter Destruction / The Man Who Sold The World / A Small Plot Of Land / Strangers When We Meet / Diamond Dogs / Hallo Spaceboy / Breaking Glass / We Prick You / Nite Flights / Teenage Wildlife / Under Pressure / Moonage Daydream.
[RETRO: BOWIE = 60 (1/5)]
[RETRO: BOWIE = 60 (3/5)]
[RETRO: BOWIE = 60 (4/5)]
[RETRO: BOWIE = 60 (5/5)]
[davidbowie.com]
wasix - 8. Jan, 18:19 - [2007 Xtras]