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Mando Diao in der Wiener Stadthalle. Alles andere als der passende Rahmen für die schwedischen Rock N' Roll-Rotzlöffel. Da halfen auch die größten Ambitionen nichts. Eine dürftige Mandomania.

Mando DiaoIm Vorfeld dröhnte "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" aus den Boxen. In (fast) voller Album-Länge. Ausgewählt als Appetizer für die eigenen anstehenden Großtaten. Beim abschließenden "A Day In The Life" schraubte man dann die Lautstärke in der Halle hoch und dimmte gleichzeitig die Beleuchtung. Nachdem das oppulente Outro dieser Wundernummer der Pop-Geschichte beendet war, eröffneten Mando Diao ihre Show. Hinter einen weißen Vorhand stehend. Große Gesten zu gerade eben verklungenen, noch viel größeren Tönen. Der schwedische Exportschlager trug fett auf. Dafür ist man bekannt. Dafür wird man auch gemocht. Nicht von Jedermann, mit Sicherheit aber von der an diesem Abend in der Wiener Stadthalle angetretenen Menge. Natürlich waren die ersten Reihen von diesem großkotzigen Einstieg begeistert, zeigten sich die vorwiegend weiblichen und wild kreischenden Teenies vom ersten Song an aus dem Häuschen. Soetwas kann nerven, erinnert aber auch irgendwie an jene raren Live-Auftritte, welche eingangs zitierte Herren in den Sechzigern abhielten. Man kennt sie, die alten Schwarz-Weiß-Aufnahmen von den Konzerten der "Fab Four". Mit dem hemmungslos ausflippenden Publikum. Bemerkenswert, dass bei einem Mando Diao-Gig inzwischen sogar die Bewegungen der Bühnenakteure verblüffend ähnlich aussehen. Einer der beiden Sänger trug sogar die passende Pilzkopf-Frisur. Nun ja, beinahe. Die Zielsetzung scheint jedenfalls Programm: Unter den Beatles geht nichts bei Mando Diao. Aber auch schon rein gar nichts.

Soetwas schürt Erwartungen. Soetwas kann aber auch gewaltig nach hinten losgehen. Nämlich dann, wenn man sich vor gar nicht allzu langer Zeit den Ruf einer sehenswerten Live-Band erarbeitet hat, nach der absolvierten Club-Gig-Phase aber nun nach Höherem strebt, dieser Sprung aber nicht so recht mit den spielerischen Fähigkeiten einher geht. Angeblich sollen Mando Diao damals bei ihrem ersten Wien-Gastspiel im Flex einen ziemlich schweißtreibenden Gig abgeliefert haben. Nicht bloß wegen der für solche Anlässe - aber auch nur für solche - passenden Location. Inzwischen hat sich bei Mando Diao jedoch einiges verändert. Drei durchaus gelungene Alben ließen die Fangemeinde immer mehr anwachsen. Und wo mehr Nachfrage, dort auch größere Konzertveranstaltungslokalitäten. Was Probleme mit sich bringen kann. Erst recht bei einer Band wie Mando Diao. Schade nur, dass sämtliche Befürchtungen meinerseits an diesem Abend noch übertroffen wurden. Trotz abgedeckter Sitzplatzränge. Trotz der Tatsache, dass das Stehplatzparkett allein doch eigentlich gar nicht so überdimensional war.

Keine Frage, die fünf jungen Herren dort oben auf der Bühne zeigten sich betont spielfreudig, gaben alles. Nur offenbarten sich mit Fortdauer ihres Auftritts sehr schnell ihre begrenzten Möglichkeiten. Dazu kam auch noch der anfangs grottenschlechte Sound. War dieser aber erst mal behoben, wurde einem mit gehörigem Nachdruck klargemacht, welch schlechte Abstimmung unter den angetretenen Musikanten herrschte. Da würgte man ohnehin bereits schnellere Songs noch schneller runter. Was dazu führte, dass der eine und/oder andere Akteur nicht so recht mitkam, schlichtweg überfordert wirkte. Die beiden Gitarristen preschten voraus. Der Rest hinkte - meistens mehr, selten weniger - hinterher. Okay, die Ohrwurmmelodien, die in ihren zumeist hervorragenden Sing-A-Longs zu finden sind, konnte man auch bei diesem heillosen Durcheinander heraushören. Was jedoch fehlte, war der Groove. Diese Band hatte einfach keinen Groove. Unter solchen Umständen muss man scheitern. Vielleicht hatten die Jungs bloß einen schlechten Abend erwischt. Wenn nicht, dann ein guter Ratschlag an die Herren Noren und Dixgard, ihres Zeichens die selbsternannten musikalischen Köpfe der Band: Feuert eure maßlos überforderte Rhythmus-Sektion, besorgt euch einen einigermaßen fähigen Bassisten und Drummer und ich bin mir sicher, aus Mando Diao kann mit etwas Übung noch eine passable Live-Formation werden.

Mando Diao / Johnossi
16.11.2006 - Wien, Stadthalle.


[mandodiao.com] [myspace.com/mandodiaoband]
[johnossi.com] [myspace.com/johnossi]

[Review: Mando Diao - Bring 'Em In]
[Review: Mando Diao - Hurricane Bar]
[Review: Mando Diao - Ode To Ochrasy]
dogma2 - 23. Nov, 11:58:
na dann bin ich mal froh ...
dass ich durch abwesenheit glänzte ;D.
ich versteh deine enttäuschung. bei mir warns die "popcornfresser" beim franz ferdinand konzert die mich dazu brachten zu schwören nie wieder in der stadthalle ein konzert zu besuchen. bis jetzt hab ich auch schon fast ein jahr durchgehalten.
was mando diao betrifft haben sie mir letztes jahr forestglade wirklich gefallen. dieses jahr in salzburg folgte dann die enttäuschung die so herb war, dass ich mir gar nicht mehr überlegt hab nach wien zu fahren.
ich nenn das immer die "verhurung in richtung mainstream", allerdings könnte man bei bands wie mando diao oder franz ferdinand stundenlang über die kommerzialisierung diskutieren was dann wieder zur indie-mainstream wechselbewegung führen würde ...

musik ist doch auch nur opium fürs volk!
lg d2 
wasix - 23. Nov, 14:09:
also mit franz ferdinand in der stadthalle war ich eigentlich recht zufrieden. nein, ich war sogar sehr zufrieden... [klick!]

dass es in der stadthalle auch möglich ist, ein wirklich besonderes konzert hinzuzaubern, bewies übrigens erst vor kurzem eine band. review dazu demnächst...

l.g
wasix