"Show Your Bones" mag weniger trashig sein. Dafür präsentiert sich das Zweitwerk der Indie-Rocker aus NYC umso raffinierter in Sachen Songwriting. Der "Thin White Duke" hat also doch geirrt.
Das erste Mal wurde ich mit den YYY vor etwa vier Jahren konfrontiert. Die Band hatte gerade ihre selbstbetitelte Debut-EP veröffentlicht und sorgte in einschlägigen Musikmagazinen und Online-Portalen für einiges Aufsehen. Vollkommen zu Recht, war dieses Mini-Album doch unbestritten ein Hammer. Trashigster Garagen-Rock. Eingepackt in rotzige Attitude. Zorniger konnte es nicht mehr werden. Wurde es auch nicht. Als im April 2003 ihr erster Longplayer auf den Markt kam, lief die Hype-Maschinerie bereits auf Hochtouren. Die allgemeine Begeisterung für "Fever To Tell" gipfelte in einer Grammy-Nominierung. Die New York Times erklärte es sogar zum besten Album des Jahres. Natürlich muss man solch ein erdiges Stück Noise-Rock besitzen. Wirklich reingekippt bin ich in das angebliche Wunderwerk allerdings nie. Zugegeben: Da sind schon ein paar unwiderstehliche Indie-Hits drauf. Und wem "Maps" nicht zumindestens einmal einen sentimentalen Rückfall beschert, der sollte sich ernsthaft Sorgen um seinen Gefühlszustand machen. Trotzdem wollte es bei mir mit "Fever To Tell" nie so recht klappen. Zu viele Rock-Klischees? Zu viel Quietsch-Gesang? Vielleicht hatte David Bowie ja doch Recht und die YYY sind tatsächlich die schwerst überschätzte Band unserer Tage.
Soetwas sorgt nicht gerade für eine allzu hohe Erwartungshaltung hinsichtlich Album Nummer Zwei. Erst recht, wenn dann auch noch abstruse Gerüchte die Runde machen, dass es sich bei dem neuen Werk um ein Konzeptalbum über Coco Beware, der Katze von Sängerin Karen O, handle. Wer jemals daran geglaubt hat, ist selbst schuld. Nichtsdestotrotz ist "Show Your Bones" bereits Wochen vor dem offiziellen Erscheinungstermin auf meiner Festplatte gelandet, musste dort zwar einige Zeit unangetastet verweilen, wurde schlussendlich aber doch gehört. Man will zumindestens die Bestätigung dafür, dass das gute Stück nichts taugt. Machte mich doch ohnehin bereits die Tatsache stutzig, dass das neue Album solch eine grandiose Vorab-Single (inklusive ebenso genialen Remix) vorweisen kann. "Gold Lion" ist zweifelsohne das bislang poppigste Song der YYY. Eingängig und unverschämt bissig zugleich. Eine Über-Drüber-Single. Wahrscheinlich aber doch bloß wieder so eine Eintagsfliege. Das konnte doch unmöglich auf Albumlänge gutgehen. Soetwas war schon bei "Fever To Tell" zum scheitern verurteilt. Oder?
"Gold lion's gonna tell me where the light is" singt Karen O mit ihrer dominanten Stimme da zu Beginn des Album. Der Opener ist dann auch der Startschuss zu einer wundersamen Reise. Eine Art musikalische Neuerfindung. Eine Weiterentwicklung, wie ich sie von dieser Band nun wirklich nicht erwartet hatte. Umso beeindruckender das Ergebnis. Die YYY sind merklich reifer geworden. "Show Your Bones" haut nicht wie sein Vorgänger einfach nur mitten in die Fresse rein, sondern weist neben all seinem Enthusiasmus auch beruhigende Momente auf. Da findet man doch tatsächlich mehr als nur einen wirklich herzzerreißenden Song. Inklusive richtig großer Gefühle. Mal freudvoll, dann wieder schmerzhaft. Worunter aber keinesfalls das Temperament der Platte zu leiden hat. "Show Your Bones" ist wild und sexy wie zu besten YYY-Momenten. Den Unterschied macht der Lärmpegel, ist die Platte doch bei weitem nicht mehr so laut, wie man es von der Band gewohnt war. Nick Zinner ließ sogar Akustikgitarren zum Einsatz kommen, was bisher eigentlich undenkbar schien. Natürlich rocken die YYY auch unter diesen Umständen immer noch die Welt. Nur ist jetzt auch zunehmend ihre melancholische Seite zu erkennen. Passend dazu nimmt sich sogar Karen O zurück. Vielleicht wollte sie einfach nicht mehr ganz so wild herumschreien, jedenfalls scheint sie auf der neuen Platte sogar hin und wieder zu flüstern. Na ja, zumindestens im Vergleich zu der von ihr bislang gewohnten Stimmakrobatik. Und siehe da: Die Zurückhaltung steht ihr gut. Sehr gut sogar. Wie übrigens der gesamten Band. Was bleibt, ist eine Platte mit elf wahrlich glorreichen Tracks. Wenn das mal nicht ein heißer Kandidat auf das "Album des Jahres" ist. [.txt]
[Live @ Full Hit Of Summer: Arena, Wien - 29.08.2006]
Yeah Yeah Yeahs
Show Your Bones
27.03.2006
[yeahyeahyeahs.com]
Das erste Mal wurde ich mit den YYY vor etwa vier Jahren konfrontiert. Die Band hatte gerade ihre selbstbetitelte Debut-EP veröffentlicht und sorgte in einschlägigen Musikmagazinen und Online-Portalen für einiges Aufsehen. Vollkommen zu Recht, war dieses Mini-Album doch unbestritten ein Hammer. Trashigster Garagen-Rock. Eingepackt in rotzige Attitude. Zorniger konnte es nicht mehr werden. Wurde es auch nicht. Als im April 2003 ihr erster Longplayer auf den Markt kam, lief die Hype-Maschinerie bereits auf Hochtouren. Die allgemeine Begeisterung für "Fever To Tell" gipfelte in einer Grammy-Nominierung. Die New York Times erklärte es sogar zum besten Album des Jahres. Natürlich muss man solch ein erdiges Stück Noise-Rock besitzen. Wirklich reingekippt bin ich in das angebliche Wunderwerk allerdings nie. Zugegeben: Da sind schon ein paar unwiderstehliche Indie-Hits drauf. Und wem "Maps" nicht zumindestens einmal einen sentimentalen Rückfall beschert, der sollte sich ernsthaft Sorgen um seinen Gefühlszustand machen. Trotzdem wollte es bei mir mit "Fever To Tell" nie so recht klappen. Zu viele Rock-Klischees? Zu viel Quietsch-Gesang? Vielleicht hatte David Bowie ja doch Recht und die YYY sind tatsächlich die schwerst überschätzte Band unserer Tage.
Soetwas sorgt nicht gerade für eine allzu hohe Erwartungshaltung hinsichtlich Album Nummer Zwei. Erst recht, wenn dann auch noch abstruse Gerüchte die Runde machen, dass es sich bei dem neuen Werk um ein Konzeptalbum über Coco Beware, der Katze von Sängerin Karen O, handle. Wer jemals daran geglaubt hat, ist selbst schuld. Nichtsdestotrotz ist "Show Your Bones" bereits Wochen vor dem offiziellen Erscheinungstermin auf meiner Festplatte gelandet, musste dort zwar einige Zeit unangetastet verweilen, wurde schlussendlich aber doch gehört. Man will zumindestens die Bestätigung dafür, dass das gute Stück nichts taugt. Machte mich doch ohnehin bereits die Tatsache stutzig, dass das neue Album solch eine grandiose Vorab-Single (inklusive ebenso genialen Remix) vorweisen kann. "Gold Lion" ist zweifelsohne das bislang poppigste Song der YYY. Eingängig und unverschämt bissig zugleich. Eine Über-Drüber-Single. Wahrscheinlich aber doch bloß wieder so eine Eintagsfliege. Das konnte doch unmöglich auf Albumlänge gutgehen. Soetwas war schon bei "Fever To Tell" zum scheitern verurteilt. Oder?
"Gold lion's gonna tell me where the light is" singt Karen O mit ihrer dominanten Stimme da zu Beginn des Album. Der Opener ist dann auch der Startschuss zu einer wundersamen Reise. Eine Art musikalische Neuerfindung. Eine Weiterentwicklung, wie ich sie von dieser Band nun wirklich nicht erwartet hatte. Umso beeindruckender das Ergebnis. Die YYY sind merklich reifer geworden. "Show Your Bones" haut nicht wie sein Vorgänger einfach nur mitten in die Fresse rein, sondern weist neben all seinem Enthusiasmus auch beruhigende Momente auf. Da findet man doch tatsächlich mehr als nur einen wirklich herzzerreißenden Song. Inklusive richtig großer Gefühle. Mal freudvoll, dann wieder schmerzhaft. Worunter aber keinesfalls das Temperament der Platte zu leiden hat. "Show Your Bones" ist wild und sexy wie zu besten YYY-Momenten. Den Unterschied macht der Lärmpegel, ist die Platte doch bei weitem nicht mehr so laut, wie man es von der Band gewohnt war. Nick Zinner ließ sogar Akustikgitarren zum Einsatz kommen, was bisher eigentlich undenkbar schien. Natürlich rocken die YYY auch unter diesen Umständen immer noch die Welt. Nur ist jetzt auch zunehmend ihre melancholische Seite zu erkennen. Passend dazu nimmt sich sogar Karen O zurück. Vielleicht wollte sie einfach nicht mehr ganz so wild herumschreien, jedenfalls scheint sie auf der neuen Platte sogar hin und wieder zu flüstern. Na ja, zumindestens im Vergleich zu der von ihr bislang gewohnten Stimmakrobatik. Und siehe da: Die Zurückhaltung steht ihr gut. Sehr gut sogar. Wie übrigens der gesamten Band. Was bleibt, ist eine Platte mit elf wahrlich glorreichen Tracks. Wenn das mal nicht ein heißer Kandidat auf das "Album des Jahres" ist. [.txt]
[Live @ Full Hit Of Summer: Arena, Wien - 29.08.2006]
Yeah Yeah Yeahs
Show Your Bones
27.03.2006
[yeahyeahyeahs.com]
wasix - 25. Mär, 21:50 - [2006 Platten]