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Ein Filmkonzert mit Bildern von Thomas Woschitz, Live-Musik von Naked Lunch und der Einsicht, wie sehr ich doch nach dem neuen Album von Österreichs tragischsten Indie-Helden giere.

SperrstundeDiese Veranstaltung zu kategorisieren, fiel mir schwer. Filmkonzerte kommen einem nicht allzu oft unter. Folglich macht es auch wenig Sinn eine eigene Rubrik anzulegen. Doch was schreibe ich nun? Eine Film- oder doch eher eine Konzertkritik? Eigentlich auch egal, ist das Eine mit dem Anderen in diesem Fall doch ohnehin untrennbar verbunden. Da wäre zuerst das Augenscheinliche: Der Film des Kärntner Regisseurs Thomas Woschitz. Eine Reise durch die Nacht, unterteilt in neun Geschichten. Allesamt gekennzeichnet von Lebenssituationen, in denen etwas zu Ende geht, gleichzeitig aber auch etwas Neues beginnt. Karg an Worten. Wenn etwas gesagt wird, dann zumeist im Kärntner Dialekt. Für Jedermann zum Mitlesen mit englischen Untertiteln. Was sehr gut zu jener Band passt, die das bedrückende Bildmaterial von Woschitz mit Musik untermalt: Naked Lunch, des Österreichers liebste Indie-Melancholiker. Zu dritt sitzen sie da und spielen. Live und direkt hinter der Leinwand. Man sieht sie nicht. Man hört sie nur. Was dem Treiben etwas Gespenstisches verleiht. Passend dazu diese wunderbar tragischen Lieder. Eigens für den Film komponiert. Die es noch dazu nirgends zu kaufen gibt. Was schade ist. Sehr schade sogar. Was gleichzeitig aber auch die Hoffnungen an das nächste Naked Lunch-Album, das zur Zeit gerade im Entstehen ist, ins Unermessliche in die Höhe treibt. Wenn uns da mal nicht ganz, ganz Großes bevorsteht. Mehr dazu im Herbst dieses Jahres.

"Sperrstunde" wurde im Mai 2005 beim Donaufestival uraufgeführt. Im darauffolgenden August feierte die Zusammenarbeit von Thomas Woschitz und Naked Lunch beim Filmfestival in Locarno die internationale Premiere. In der Szene Wien gab es nun die zehnte Aufführung des von der Wiener Amour Fou produzierten Projekts zu bestaunen. Eine Kombination aus Film und Live-Musik. Eine außergewöhnliche Vorführung. Vor allem, wenn man mit der tragisch-melancholischen Note von Naked Lunch etwas anfangen kann. Sind sie es doch, die diesen Abend prägten. So berührend die Bilder auf der Leinwand auch gewesen sein mögen, Naked Lunch konnten all dem mit ihrer Darbietung noch einen draufsetzen. Musik irgendwo zwischen Einsamkeit und Verzweiflung. Getragen von spröden Gitarren und dezenter Elektronik. Nicht zu vergessen Oliver Welters heisere Stimme. Eben "Songs For The Exhausted".

Beim letzten Stück des Abends, jener Geschichte, wo zum Schluss (Vorsicht Spoiler:) das Auto hinwegschwebt, wurde anstatt einen Abspann zu zeigen die Leinwand in die Höhe gezogen. Wodurch man schlussendlich doch noch freie Sicht auf die drei Akteure bekam. Dementsprechend das grandiose Finale, wo nach und nach die Bandmitglieder den Ort des Geschehens verließen. Nachdem auch der letzte Ton verendet war, konnte man dann endlich all die Begeisterung herauslassen, die sich im Laufe der knapp 50 Minuten angestaut hatten. Es folgte ausschweifender Beifall. Ein ums andere Mal wurden Naked Lunch zurückgeholt. Man zeigte sich berührt. Sowohl auf als auch vor der Bühne. Ein Abend wie ein schöner Traum.

[Live: Kasino am Schwarzenbergplatz, Wien - 19.03.2004]

SperrstundeSperrstunde / Closing Time
Regie: Thomas Woschitz.
Musik: Naked Lunch.
21.03.2006 - Wien, Szene.


[amourfou.at/sperrstunde]