header
 
Thandie Newton - Matt DillonSchwarzafrikaner, Mexikaner, Latinos, Asiaten. Nicht zu vergessen die Weißen. Sie alle leben in ein und derselben Stadt. Und trotzdem trennen sie Welten. "L.A. Crash" erzählt davon.

Paul Haggis schreibt Drehbücher. Vor allem für TV-Serien. Inzwischen aber auch vermehrt für Kino-Produktionen. Grund dafür ist der durchschlagenden Erfolg von "Million Dollar Baby", wofür Haggis das Skript verfasste. Immerhin räumte der Clint Eastwood-Streifen bei der diesjährigen Oscar-Verleihung vier der wichtigsten Preise ab. Welcher jedoch fehlte, war jener für das "Original Screenplay". Bemerkenswerterweise wurde Haggis für diese Kategorie nicht einmal nominiert.

Hin und wieder führt Paul Haggis bei seinen Drehbuchvorlagen auch Regie. Ebenso zumeist für das Fernsehen. Dieses Jahr legte der Kanadier nun seine erste Regiearbeit bei einem "richtigen" Kinofilm vor. Leicht hat er es sich mit diesem Debut allerdings nicht gemacht. Denn "L.A. Crash" beschäftigt sich mit einem ziemlich brisanten Thema: Rassismus in Los Angeles. Warum sich Haggis genau diese Stadt für die Handlung ausgesucht hat? Der Eröffnungsmonolog von "L.A. Crash" erklärt es treffend: "It's the sense of touch. Any real city, you walk. You know? You brush by people, they bump into you. In L.A. nobody touches you. We're always behind this metal and glass. It's the sense of touch. I think we miss that touch so much that we crash into each other just so we can feel something."

Im Schmelztiegel der Kulturen.

Einleitende Worte, die dem Zuseher bereits mit Nachdruck klar machen, dass es sich hier um keinen einfachen Stoff handelt. "L.A. Crash" präsentiert sich einem schnell als Film zum Nachdenken. Noch dazu als einer jener raren Sorte, die unter die Haut gehen. Das Thema Rassismus zieht sich dabei wie ein roter Faden durch den gesamten Film. "L.A. Crash" jedoch einfach nur mit dem Anti-Rassismus-Stempel abzuhandeln, wäre vermessen. Denn im Grunde beschäftigt sich der Streifen mit jeglicher Form zwischenmenschlicher Beziehung. Vor allem im Zusammenhang mit den damit verbundenen Berührungsängsten. Das kann man nun mit unterschiedlicher Hautfarbe und Nationalität in Verbindung bringen, muss man aber nicht.

Passend dazu die Rolle des Betrachters: Nur allzu leicht erwischt man sich im Laufe des Filmes dabei, wie man bestimmte Charaktere vorverurteilt. Denn kaum präsentiert sich einer als böse, schon zeigt er wenige Momente später seine "menschliche" Seite. Ebenso kann es natürlich auch umgekehrt ablaufen. Beispiele bietet "L.A. Crash" ausreichend. Da wäre der rassistische Cop (Matt Dillon), der nach einem Autounfall das Leben genau jener Farbigen (Thandie Newton) rettet, die er am Tag davor bei einer Verkehrskontrolle noch gedemütigt hatte. Weiters der Bezirksstaatsanwalt (Brendan Fraser), der sich vorwiegend für Schwarze einsetzt, dem kurz vor der Wahl jedoch von zwei afroamerikanischen Männern auf offener Straße sein Auto entwendet wird. Oder der persische Ladenbesitzer (Shaun Toub), dem aufgrund eines Verständigungsproblemes mit einem lateinamerikanischen Schlosser (Michael Pena) seine Geschäft ausgeraubt wird und der sich nun prompt mit seiner neuerstandenen Waffe an dem Unschuldigen rächen will.

Eine Auflistung von Schicksalen, die sich problemlos fortführen ließe. Sind es doch insgesamt gut ein Dutzend verschiedene Personen, die in "L.A. Crash" in einer Zeitspanne von 36 Stunden miteinander kollidieren. Paul Haggis orientiert sich dabei bewusst an solchen Genre-Highlights wie "Short Cuts" oder "Magnolia". Das betrifft die fragmentarische Erzählweise ebenso wie die parallel ablaufenden Handlungsstränge. An die beiden erwähnten Meisterwerke reicht "L.A. Crash" jedoch nicht heran. Dafür fehlt es dem Streifen an dem gewissen Etwas. Zugegeben: Hervorragendes Storyboard. Berührendes Emotionskino. Überzeugende schauspielerische Leistungen. Zum ganz großen Kino reicht es trotzdem nicht. Meiner bescheidenen Meinung nach. Es würde mich allerdings nicht überraschen, wenn "L.A. Crash" Ende 2005 in so mancher Jahresbestenliste ganz weit vorne zu finden wäre. Scheint jedenfalls wie gemacht dafür.

L.A. CrashL.A. Crash
Regie: Paul Haggis.
Mit Matt Dillon, Ryan Phillippe, Sandra Bullock.
05.08.2005


[crashfilm.com]