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Mister Bay und das Wagnis Action mit Anspruch zu verbinden. Noch dazu im Rahmen einer Sci-Fi-Story. "The Island" hat eigentlich die besten Voraussetzungen. Ob es reicht?

Ewan McGregor in "The Island"Michael Bay ist ein Garant für aufwendig gedrehte Action-Reißer. Der Mann versteht sein Handwerk. Soviel ist sicher. Seine Regiearbeiten sind stets bombastisch inszeniert. Mit jeder Menge Schießereien, Explosionen und atem-beraubenden Verfolgungsjagden. Egal wo: Straße, Wasser, Luft. Bay kennt da keine Grenzen. Bei all dem wüsten Spektakel kann es allerdings schon mal vorkommen, dass die Geschichte etwas zu kurz kommt. Ebenso wie die darin vorkommenden Charaktere. Bei Michael Bay ein Übel, das an der Tagesordnung steht. Man betrachte nur mal seine Filmografie: Die zwei Teile von "Bad Boys" sind zwar durchwegs unterhaltsame Buddy-Movies, allerdings muss einem selbst mit geübtem Action-Auge irgendwann mal das ewige Herumgeballere auf die Nerven gehen. Bei "The Rock" ist das nicht anders, allerdings überstrahlt hier die Besetzung jeglichen Overkill. Mit Sean Connery und Nicolas Cage - noch dazu in einem Film - kann man eigentlich nicht falsch liegen. "Armageddon" wiederum ist einer dieser durchaus spannenden Die-Welt-steht-vor-dem-Ende-Streifen, der jedoch an einem Übermaß an Amerikanisierung scheitert. Und "Pearl Harbor"? Kenne ich nicht. Will ich auch nicht kennen.

Alles in allem kann man Michael Bay also durchaus als Filmemacher für den geneigten Action-Blockbuster-Fan bezeichnen. Wer etwas tiefergehende Inhalte sucht, der erspart sich im Falle eines Bay-Streifens besser den Weg ins Kino (bzw. in die Videothek). Mit "The Island" sollten diese Vorurteile nun korrigiert werden. Zumindestens ein wenig. Denn im Grunde hat man es auch bei "The Island" mit einem Bay-typischen Action-Reißer zu tun. Allerdings verpackt in einer "richtigen" Geschichte. Und gespielt von Schauspielern, die man auch dem Indie-Publikum vorsetzen darf. Ein gewagter Spagat, der sich noch im Erfolg an den US-Kinokassen bemerkbar machen sollte. Doch dazu später.

"Alle wollen Burger essen, aber niemand will deshalb die Kuh kennen lernen."

"The Island" handelt im Jahr 2019. Die Welt, wie wir sie kennen, wurde kontaminiert. Die letzten Überlebenden wohnen in einer hermetisch abgeriegelten Anlage, wo jeder Schritt von Kameras und Sicherheitspersonal überwacht wird. Alle tragen sie weiße Kleidung. Jeder wohnt in den gleichen sterilen vier Wänden. Der körperliche Kontakt zum anderen Geschlecht ist strengstens untersagt. Dazu kommen noch regelmäßige Gesundheitschecks und Essen nach strengem Diätplan. Gearbeitet wird in laborähnlichen Einrichtungen, wo Nahrungsergänzungen in Schläuche gepumpt werden, wobei jedoch niemand so recht weiß, wohin diese eigentlich führen. Der einzige Ansporn für die Bewohner ist die Lotterie, die dem Gewinner die Möglichkeit gibt, auf "Die Insel" zu übersiedeln, dem letzten unverseuchten Ort auf Mutter Erde. Das System zu hinterfragen, auf diese Idee kam bislang noch niemand. Erst Lincoln Six-Echo (Ewan McGregor) - getrieben von nächtlichen Albträumen - wagt es der Sache auf den Grund zu gehen. Wohl auch deshalb, weil er der Lotterie misstraut und nun prompt seine beste Freundin Jordan Two-Delta (Scarlett Johansson) als Gewinnerin gezogen wurde. Bei seinen widerrechtlichen Nachforschungen stößt er nach und nach auf merkwürdige Ungereimtheiten. Was hat Dr. Merrick (Sean Bean), der Leiter des Komplexes zu verbergen? Wieviel weiß Lincolns Freund, der Computerexperte McCord (Steve Buscemi)? Und vor allem: Woher kommt dieser Falter, den er in den unterirdischen Schächten der Anlage entdeckt hat?

Man mag es kaum glauben: Eine durchgehend packende Sci-Fi-Story, die noch dazu gut eine Stunde lang ohne Action auskommt. Und das bei einem Film von Michael Bay. Dass dies in der zweiten Hälfte des Streifens kippt, muss man Herrn Bay schon irgendwie zugestehen. Was wiederum eine extensive Vernichtungsorgie zur Folge hat. Alles natürlich gewohnt unglaubhaft. Alles aber auch auf gewohnt hohem Action-Level. Das kann er. Und das muss er uns auch zeigen. Anders geht es nicht. Anders lassen es wohl auch die Geldgeber nicht zu. Wenigstens gibt es bei "The Island" eine interessante und spannende Ausgangslage. Sowohl inhaltlich als auch ästhetisch. Das Ergebnis siedelt sich - bezogen auf Filme in der jüngeren Vergangenheit - gekonnt zwischen "I, Robot", "Minority Report" und "Gattaca" an. Genützt hat das alles jedoch nur wenig. Zumindestens finanziell gesehen. Denn in den USA avancierte der Streifen zum größten Box-Office-Flop dieses Sommers. Und das trotz gar nicht mal schlechter Kritiken. Dem amerikanischen Massenpublikum hatte "The Island" dann wohl doch zu viel Geschichte und zu wenig Action. Schade eigentlich. Da probiert der gute Michael mal etwas und prompt landet er seinen ersten Reinfall. Wie auch immer: Sehenswert ist "The Island" allemal.

The IslandThe Island
Regie: Michael Bay.
Mit Ewan McGregor, Scarlett Johansson, Sean Bean.
05.08.2005


[theisland-themovie.com]
srocca - 15. Aug, 13:55:
Zuviel Action
Also ich hätte die übertriebene Action bei der Verfolgungsjagd nicht unbedingt gebraucht. Die beiden Hauptdarsteller sind für meinen Geschmack ein paar Mal zu hoch abgestürzt und zu brutal verunfallt (gibts das Wort eigentlich?), um danach noch normal weitergehen zu können. Oder sind Klone soviel widerstandsfähiger als Menschen? Oder sollte ich jeden Realismus außer Acht lassen? 
wasix - 16. Aug, 07:54:
ich denke mal...
...dass die sache mit dem "realismus außer acht lassen" beim "verzehr" eines solchen streifens immer soetwas wie grundvoraussetzung ist. ansonsten kann man es gleich sein lassen...