header
 
Die Erwartung war beim ersten Mal größer. Die Enttäuschung ebenso. Trotzdem hätte ich mir das erste Wien-Konzert von Adam Green ersparen können.

Adam GreenVor gar nicht allzu langer Zeit: Adam Green begibt sich auf Promotionreise durch Deutschland. Sein neues Album "Gemstones" und das Buch "Magazine" wollen verkauft werden. Und wenn das mit dem Erfolg in seiner amerikanischen Heimat und eigentlich überall außerhalb des deutschsprachigen Raumes nicht so recht klappen will, warum nicht die Gelegenheit beim Schopf packen. Denn in Deutschland lieben sie ihn, den Adam Green. So ist er am Mittwoch bei Sarah Kuttner auf Viva zu Gast. Im Talk, mit Live-Auftritt und Karaoke-Einlage im Backstage-Bereich. Am Donnerstag gibt er bei Harald Schmidt auf ARD abermals seinen Hit "Emily" zum besten. Am darauffolgenden Montag lümmelt er dann noch in den MTV-Studios und lässt die Fragen von Herrn Kavka über sich ergehen. Die Folge dessen? "Gemstones" steigt auf Platz 10 der deutschen Album-Charts ein und schafft es zwei Wochen später sogar bis auf Position 4.

In Österreich herrscht um Adam Green ein ähnlicher Hype. In den Charts reichte es für "Gemstones" zwar nicht einmal für die Top 20, sein Konzert im Wiener WUK war hingegen schon seit Wochen - wenn nicht Monaten - restlos ausverkauft. Der New Yorker mit Wuschelmähne und Unschuldsmiene scheint mittlerweile auch hierzulande still und leise zum Star geworden zu sein. Und das mit einer Mischung aus naiv-kinderliedartigen Melodien und subversiven Textinhalten. Wenn das nicht mal ein Schlag ins Gesicht aller Marketingstrategen und musikalischen Besserwisser ist.

Beavis & Butt-Head für Intellektuelle.

Volles Haus. Gut 900 Zuschauer haben gewisse Erwartungen. Immerhin ist es der erste Solo-Auftritt von Adam Green in Wien. Letztes Jahr reichte es gerade mal für Salzburg. Und die Reise dorthin war im nachhinein betrachtet leider die Mühe nicht wert. Nichtsdestotrotz hat jeder eine zweite Chance verdient. Erst recht jemand wie Adam Green, der auf der Bühne solch wunderbar sperrige Tanzeinlagen zum besten gibt, die so gar nichts mit der Musik zu tun haben.

Als Intro ertönte Michael Jacksons "Heal The World" und allerorts in der Halle schien man den Witz dahinter verstanden zu haben. Vorausgesetzt es war überhaupt einer. Jedenfalls wurde ausgiebig gelächelt. Wie überhaupt den ganzen Abend hinweg. Kaum dass Mr. Green irgendein mehr oder minder bedeutungsschwangeres Statement von sich ließ, schon quittierte man dies in der Zuschauermenge mit enthusiastischem Zuspruch. Vor allem Genitalausdrücke erwiesen sich beim Wiener Publikum als totsichere Bringer. Irgendwie erinnerte mich das Szenario an längst vergangene Tage, als vor gut zehn Jahren zwei MTV-Zeichentrickfiguren auf ähnliche Art für so manchen Lacher gesorgt haben. Die Gags von Adam Green werden uns im Gegensatz zu denen von Beavis & Butt-Head zwar gerne als zweideutiger Stumpfsinn für intellektuell Anspruchsvolle verkauft, das grundsätzliche Schema ist allerdings dasselbe. Adam: "Penis". Meute: "Hu-hu-hu. Ha-ha-ha."

Lasset uns verarscht werden.

Wenn mir dieses Konzert etwas gebracht hat, dann die Einsicht, dass uns Adam Green schlichtweg verarscht. Das mag hart klingen, ist aber so. Und im Grunde wissen das auch alle. Wäre da nicht seine wunderbare Musik mit all den heimlichen und offiziellen Hits, er würde damit nicht durchkommen. So aber nehmen die Fans jede Art von Schwachsinn und Dilettantismus, den Adam Green bei seinen Live-Konzerten verbreitet, mit Begeisterung auf. Seine Vor- und Begleitband The Gnomes ist dabei von jeglicher Kritik ausgenommen. Der Meister hingegen vergreift sich unzählige Male bei den Akkorden, vergisst ganze Textpassagen und wird von den begeisterten Teenagern in der ersten Reihe trotzdem lauthals unterstützt. Bemerkenswert ist dabei vor allem die Offensichtlichkeit, mit der Adam Green zu Werke geht. Es bedarf schon eines besonderen Schelms, der es faustdick hinter den Ohren haben muss, um damit Erfolg zu haben.

Bei mir ist in Sachen Adam Green jedenfalls die Grenze erreicht. Zumindestens vorerst. Soetwas nennt man wohl klassischen Overkill. Bei manchen passiert dies früher. Bei anderen später. Meiner Meinung nach hat Adam Green seinen Zenit erreicht. Gar nicht mal musikalisch gesehen, denn sein Talent als Songwriter bleibt auch für mich unbestritten. Gemeint ist damit vielmehr seine Masche, mit der er in der Öffentlichkeit auftritt. Die Uhr tickt, Adam. Ich habe dich durchschaut. Spät aber doch.

Adam Green
19.02.2005 - Wien, WUK.


[adamgreen.net]

[Live in Salzburg - 04.06.2004]
johnny_greenwood - 21. Feb, 23:42:
overkill? hab ich ja gesagt... 
wasix - 21. Feb, 23:44:
haste eh recht
...ich hab's ja eingesehen. 
srocca - 27. Feb, 20:04:
So niedlich
Vielleicht gibt es ja soetwas wie einen weiblichen Zugang zu Adam Green. Ich finde seine Auftritte ziemlich niedlich. Nach wie vor. 
wasix - 27. Feb, 23:30:
neue sichtweise
adam green als womanizer. a net schlecht...