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Zwei 22-jährige Pilzkopf-Nostalgiker auf dem Retro-Trip, inspiriert von Teil 1 bis 4 des Engels frühen Solo-Schaffens. Nachzuhören auf The Last Shadow Puppets' "The Age Of The Understatement".

The Last Shadow Puppets: Alex Turner - Miles Kane.

Die Karriere des großen Noel Scott Engel - besser bekannt als Scott Walker - gilt in der Geschichte der populären Musikkultur als Inbegriff des sich stets neuerfindenden Künstlers. Okay, ein David Bowie in dessen Siebziger/Mitte-Achtziger-Hochphase ist unbestritten. Über eine längere Zeit war Walker jedoch noch einen Deut krasser. Gut nachvollziehbar, dass sich der Mann mit dem voluminösen Bariton in seinem jüngeren Schaffen herzlich wenig um irgendwelche, von irgendwem erfundene Grenzen scherte. Doch bereits seine frühe Solo-Phase war gekennzeichnet von grenzüberschreitendem Musizieren. Heutzutage gehört, mögen einem Walkers durchnummerierte erste vier Alben wie schwülstiger Faserschmeichler-Pop vorkommen. Einer, der zweifelsohne intelligenteren Sorte, trotzdem aber alles andere als unkommerziell. Man bedenke jedoch: Diese düstere Musik zwischen Kabarett und Chanson mit ihren üppigen Arrangements und gewagten Texten wurde Ende der Sechziger auf die Menschheit losgelassen. Noch dazu von einem, der die Jahre davor mit den Walker Brothers noch als Pop-Beau für die Massen herhalten musste.

Eher unwahrscheinlich, dass sich für diese musikalischen Errungenschaften von vor 40 Jahren heutzutage zwei Twens des aktuellen britischen Gitarren-Pop-Genres interessieren. Nicht so Alex Turner und Miles Kane. Ersterer Frontmann der allgegenwärtigen Arctic Monkeys. Zweiterer ein Drittel der (noch) unbekannten The Rascals. Kennengelernt hat man sich im Sommer 2005 während der gemeinsamen UK-Tour, als Kanes damalige Band The Little Flames den Support-Act für die Arctic Monkeys gaben. Seitdem sind die Beiden dicke Kumpels. Zwei Seelenverwandte, die unbedingt etwas Gemeinsames auf die Beine stellen wollten. Dass dabei kein Abklatsch ihrer Hauptbands herauskam, sondern ein stilistisch merklich anderwertig orientiertes Nebenprojekt, inspiriert von der Musik der Spätsechziger/Frühsiebziger - neben Walker kann man wahlweise auch Bowies Pre-Glam-Phase, sowie Burt Bacharach oder David Axelrod heraushören -, ist Turner und Kane aka The Last Shadow Puppets nicht hoch genug anzurechnen. Erst recht, wenn ihre tiefe Verbeugung vor dem orchestralen Bombast-Pop der guten, alten Schule dermaßen charmant und hintersinnig rüberzukommen vermag.

Ihr ebenso wie die "fantastically fantastic" Vorab-Single "The Age Of The Understatement" benanntes Album wäre jedoch nur ein Schatten seiner selbst, hätten da nicht zwei weitere Herren ihre Finger mit im Spiel gehabt. Einerseits James Ford, eine Hälfte von Simian Mobile Disco und Produzent von "Favourite Worst Nightmare", dem letztjährigen Zweitwerk der Arctic Monkeys, seines Zeichens Schlagzeuger und Mann an den Reglern bei "The Age Of The Understatement". Andererseits Owen Pallett, "a guy called Final Fantasy who does a lot of the Arcade Fire strings", der für eben jene Streicherarrangements - aufgenommen mit 22-köpfigem London Metropolitan Orchestra - verantwortlich war. Macht in Summe vier Männer mit dem hochgesteckten Vorhaben, opulent produzierte Pop-Musik mit eindeutiger Sixties-Melancholie geschmack- und wirkungsvoll ins Jahr 2008 zu transportieren. Und siehe da: Was ohnehin vielversprechend klang, wurde mit den vorliegenden zwölf klassischen Zwei- bis Drei-Minütern noch besser als erwartet. Das Ergebnis mit seinem dramatisch-kitschigen Geigenhimmel klingt dermaßen fantastisch nach Vorgestern, dass einem gar nichts anderes übrig bleibt, als sich angezettelter Gegenwartsflucht voll und ganz zu ergeben.

The Last Shadow Puppets: The Age Of The UnderstatementThe Last Shadow Puppets
The Age Of The Understatement
21.04.2008


[thelastshadowpuppets.com]
[myspace.com/thelastshadowpuppets]



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[Arctic Monkeys @ Atomic Cafe, München - 12.11.2005]
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[Arcade Fire / Final Fantasy @ Flex, Wien - 21.05.2005]
[Final Fantasy @ Rhiz, Wien - 11.10.2005]
[Final Fantasy @ Szene, Wien - 19.05.2006 / Review: He Poos Clouds]
[Final Fantasy @ Maximum Black-Festival, Arena, Wien - 28.02.2008]

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