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Handsome Furs @ Szene. Wenn schon nicht Wolf Parade, dann wenigstens einer davon. Mit frisch angetrauter Ehefrau. Ein intimes Zwei Mann/Frau-Konzert. "Dark and minimal while noisy and earnest."

Was ist nun mit der neuen Wolf Parade? Immer wieder hört man vom anstehenden Release des sehnsüchtig erwarteten Nachfolgers zum formidablen Debut, sogar einige neue Stücke davon wurden während einer Kurztournee ausprobiert, vielleicht sogar vorgestellt, von einem anzuvisierenden Stichtag allerdings keine Spur. Wen wundert's, sind die Herrschaften - allen voran die beiden Songwriter Spencer Krug und Dan Boeckner - doch unentwegt anderwertig beschäftigt. Ersterer bringt mit Sunset Rubdown sowohl vergangenes als auch dieses Jahr brillante Alben heraus. Mal eben zwischendurch, nebst seiner Beteiligung an Bandprojekten wie Swan Lake oder Frog Eyes. Zweiterer geht es da vergleichsweise fast schon ruhig an, baut seinen kreativen Überschub während der Wolf Parade-Auszeit ausschließlich bei den Handsome Furs ab. Ein Duo, das Boeckner vergangenen Winter gemeinsam mit Lebensgefährtin Alexei Perry ins Leben rief. Die Bandgeschichte besagt folgendes: Zuerst wurden die Live-Termine gebucht, dann erst nahm man das Debut-Album "Plague Park" auf. Ein weitgehend unterschätztes Werk. Ein "Forgotten Treasure".

Handsome Furs: Alexei Perry - Dan Boeckner.Boeckner und Perry haben im Juli geheiratet. Und so ergriff man die Chance und machte aus der üblichen Hochzeitsreise einfach eine viermonatige Tournee quer über den Globus. Ein Trip, der sie auch nach Wien bringen und somit einen Hauch von Wolf Parade in die heimische Szene zaubern sollte. Was uns Herr Krug - egal mit welcher der aufgelisteten Bands - bisher verwehrt hatte. Wen kümmert es da noch, dass man sich im Vorfeld des Konzertes doch bereits ein vollkommen anderes Bild der Handsome Furs zurechtgelegt hatte. Allein der Promofotos wegen erwartete ich eher ein schräges, gar arrogantes Rockerpärchen als zwei unendlich sympathische, bestens aufgelegte Quasi-Durchschnittsbürger. Nun ja, ihre Frisuren - Boeckners sowieso, dazu seine erblondete Gattin - wussten sich von jenen des angetretenen Publikums doch positiv abzuheben. Übrigens eine Zuschauermenge, die allen Befürchtungen zufolge nicht gerade ausgiebig ausfiel - etwa 80, möglicherweise 90, vielleicht auch nur 70 Besucher -, wobei die Wenigen schlussendlich umso zufriedener den Ort des knapp einstündigen Live-Gigs verlassen sollten.

Er: Gesang, Gitarre. Sie: Drum-Machine, Synthesizer. Dazu hausgemachte Projektionen im Hintergrund. Ansonsten viel Platz. Sowohl auf als auch vor der Bühne. Dass daraus ein fast schon heimeliger Konzertabend wurde, lag einerseits am herrlich inbrünstig zum Besten gegebenen Indietronic, der trotz beabsichtigter Kargheit mit ungemeiner Intensivität zu begeistern wusste, andererseits an den stets unterhaltsamen Zwischenansagen von Herrn Boeckner. Bemerkenswert, dass einer wie er, der Teil dieser kanadischen Wahnsinnsband ist, mit seiner Frau mal eben ein Nebenprojekt gegründet hat, sich auch vor einem Publikum solch bescheidenen Ausmaßes motivieren kann. Der Mann scheint in seinen letzten Tagen und Wochen auf dem alten Kontinenten doch einiges erlebt zu haben. Beispielsweise "Wind Of Change" von den Scorpions. Er im Radio. Der Wiener Konzertbesucher nicht wie zuerst angekündigt als letzte Zugabe des Abends. Da passte das Cover von Tom Pettys "You Got Lucky" doch besser. "Good love is hard to find." Er hat sie gefunden. Ein offensichtlich Glücklicher, dieser Dan Boeckner.

Handsome Furs
20.10.2007 - Szene, Wien.


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