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Bernhard Eder @ B72. Der Wahlberliner auf Besuch in seiner ehemaligen Heimat. Um uns das wunderschöne "The Livingroom Sessions" darzubieten. Ohne Nirvana. Dafür mit Chris Isaak.

Ich kenne Bernhard Eder schon länger. Nicht persönlich. Vielmehr vom Sehen. Weil ich ihm über Jahre hinweg immer wieder bei Konzerten in Wien begegnet bin. Durchaus mit dem Wissen, dass er Sänger einer heimischen Band ist. Eine jener Sorte, die ich nie so recht ernst nehmen wollte. Die mich aber irgendwann doch so sehr interessierte, dass ich des Öfteren vor hatte, einen ihrer Gigs zu besuchen. Was jedoch nie umgesetzt wurde. Trotzdem habe ich [wa:rum] einmal live gesehen. Im Rahmen jenes Nick Drake-Tributs [>], das vor knapp drei Jahren im Porgy & Bess über die Bühne ging. Zum 30. Todestag des Ausnahmesongwriters versammelten sich damals einheimische und internationale Künstler, um an dessen musikalisches Vermächtnis zu erinnern. Und [wa:rum] waren einer dieser 16 Acts. Wobei die junge oberösterreichische Band - trotz allzu begrenzter Auftrittszeit - zu einer der positiven Überraschungen avancierte. Berührend, was man da zu Ohren bekam.

Bernhard EderÄhnlich berührt war ich eines Tages Anfang Juni dieses Jahres, als Bernhard Eder im Zuge der Veröffentlichung seines ersten Solo-Albums bei der FM4-Morning-Show zu Gast war und live im Studio eine Akustikversion von AC/DC's "Thunderstruck" zum Besten gab. Klingt schräg, war es aber nicht. Vielmehr zartbesaitet und fragil. Vor allem aber so beeindruckend, dass ich mehr davon haben musste. Erst recht, als ich nach kurzer Netzstöberei die noch formidablere Cover-Version von Nirvanas "Smells Like Teen Spirit" entdeckte. Zugegeben: Etwas enttäuscht war ich dann schon, dass beide Nummern auf "The Livingroom Sessions" fehlen. Vielleicht war es schlussendlich doch zu viel der Fremdkompositionen, weil man sich doch bereits bei Radiohead ("Climbing Up The Walls") und den Pet Shop Boys ("Being Boring") bediente. Nichtsdestotrotz ist Bernhard Eder ein hervorragendes Album gelungen. Herrlich unspektakulär, fast schon minimalistisch, extrem gefühlsbetont. Musik, von der man sich nur allzu gerne einlullen lässt. [Downloads @ FM4-Soundpark]

"The Livingroom Sessions" ist eine Platte, die richtiggehend nach Live-Umsetzung verlangt. Vorausgesetzt das Ambiente passt. Im B72 hat es an diesem Abend gepasst. Trotz fehlender Klimaanlage und einhergehender Hitzeschlacht. Trotz in regelmäßigen Abständen vorbeirauschender U-Bahn. Trotz obligatorischem Stühlerücken inklusive quietschender Störgeräusche. Nein, Bernhard Eder musste an diesem Abend - nach Androhung mit Augenzwinkern - nicht böse werden. Sein Publikum zeigte gebührenden Anstand, hielt still, wann man still halten musste. Denn nur so war es möglich in die Wohnzimmer-Welt von "The Livingroom Sessions" einzutauchen. Was dann auch durchaus beabsichtigt - weil doch großes Vorbild - an Elliott Smith erinnerte, bei aller Nostalgie aber trotzdem nie depressiv rüberkam. Dafür sorgten schon Eders charmant witzige Zwischenansagen und die sporadische Kommunikation mit seinen zwei MitstreiterInnen auf der Bühne. Eine wunderbar lockere Darbietung, die selbst das Cover von Chris Isaaks "Wicked Game" nicht aus der Bahn werfen konnte. Bernhard Eder wusste selbst bei dieser schmalzigsten aller Schmalznummern zu überzeugen.

Bernhard Eder / Richard Kapp
27.08.2007 - B72, Wien.


[myspace.com/bernhardeder]
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