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George Michael @ Stadthalle. Damals war ich jung und wusste nicht was ich tat. Heute bin ich älter und weiß es scheinbar immer noch nicht. Nichtsdestotrotz: Spitzenkonzert. Auf seine Art und Weise.

George Michael

Als George Michael am 12. Mai 1988 das erste und bis zu dieser Tage einzige Mal in Wien gastierte, befand ich mich gerade mal im frühen Teenageralter. Mister Panayiotou selbst war damals noch keine 25, zählte in der Pop-Branche aber bereits zu den ganz Großen. Wham! hatte er eben erst zu Grabe getragen, sein erstes Solo-Album veröffentlicht und prompt landete er Hit auf Hit. Dementsprechend der Run auf die dazugehörige Welttournee. Allerorts Sold-Out-Gigs. Das Wien-Konzert in der Stadthalle war da keine Ausnahme. Was man dort zu Augen und Ohren bekam, würde man heutzutage als allzu typisch für die damalige Zeit abtun. Viel zu engen Jeans, Halbstarken-Lederjacke, Tanzeinlagen in Käfigen, dazu zuckersüße Singalongs. Doch keiner fand es peinlich. Im Gegenteil. Damals war George Michael der coolste aller Pop-Beaus. Der Stimmungsbarometer vor Ort gab ihm recht. Alle waren sie aus dem Häuschen. Bis heute habe ich keinem Konzert dieser Größenordnung beigewohnt, wo das Publikum dermaßen ausflippte. Massenhysterie Marke Achtziger-Jahre.

Knapp zwei Jahrzehnte danach kehrte George Michael nun zurück. Zur Feier seines 25-jährigen Bühnenjubiläums. Wobei die Stadthalle zuerst gar nicht dafür vorgesehen war, sollte das Konzert doch als Open-Air-Veranstaltung auf der Donauinsel stattfinden. Verlegung aufgrund "produktionstechnischer Gründe", so das offizielle Statement. Vielleicht bläst der Wind auf des Wieners liebstem Naherholungsgebiet tatsächlich zu stark für solch eine aufwendige Show. Vielleicht waren die etwa zehntausend Leute, die 65 Euro aufwärts dafür bezahlen wollten, aber auch einfach zu wenig, damit sich das Live-Spektakel rentieren konnte. Wie auch immer. Nur soviel: Die Daheimgebliebenen haben etwas versäumt. Nämlich ein gigantisches Multimediaereignis der besonders grellen Art. Zu übersehen gab es dabei nichts. Selbst die Kleinsten und hintersten Reihen sollten aufgrund der Riesenleinwände alles mitbekommen haben. Anderenfalls schade, hatte doch jeder Song seine eigene optische Inszenierung. Unbestrittener Höhepunkt dabei "Shoot The Dog". Mit den vom Videoclip bekannten Cartoonfiguren und jener aufblasbaren Riesenpuppe. In der Gestalt des US-Präsidenten und einem vor seiner geöffneten Hose hockenden Hündchen im Union-Jack-Outfit. "Good puppy, good puppy..."

Mit der darauffolgenden 20-minütigen Pause war nicht zu rechnen, mehr überraschte - noch dazu positiv - an diesem Abend jedoch etwas anderes. Da wagte es George Michael doch tatsächlich einige der alten Wham!-Kamellen zum Besten zu geben. Und siehe da: Das erwartete Übermaß an Peinlichkeit blieb aus. Alles lief stilgerecht ab. Passend dazu das Erscheinungsbild des Hauptakteurs. Mit bei jeder Wetterlage sitzender Frisur, getrimmten Drei-Tage-Bart, getönter Brille, strahlendem Zahnpastalächeln und im schlichten schwarzen Anzug gekleidet. Einzige Ausnahme bei "Outside", als er uns in Polizeiuniform-Oberbekleidung und überdimensionaler Sonnenbrille den Village People machte. Was die Menge begeisterte, sie ausgelassen tanzen, den Einen oder Anderen wenigstens dezent mitshaken ließ. Auf den Sitzplätzen hielt es nur die Wenigsten. Und selbst die mussten sich noch eines Besseren besinnen. Spätestens beim obligatorischen Finale, jenem Song, wo die letzten Dämme im Publikum brechen sollten: "Freedom". Inklusive wiederholtem Einsatz des Riesenpuppen-Gags. Diesmal in Gestalt der Freiheitsstatue, in der einen Hand die Fackel, in der anderen die Tafel. Allerdings mit anderer Inschrift. Nix "4. Juli 1776". Stattdessen die Frage: "What's a fuckin Liberty?". Der Georgie, ein Guter.

George Michael
13.07.2007 - Stadthalle, Wien.


[georgemichael.com]