header
 
Eigentlich befinden sich We Are Scientists gerade mit den Kaiser Chiefs auf Tour. An freien Tagen spielen sie allerdings gerne mal die ein oder andere Headliner-Show. So auch beim Abstecher nach Wien.

We Are ScientistsDieser Tage erschien auch hierzulande das Debutalbum von We Are Scientists. Mit mehr als viermonatiger Verspätung. In den USA und England sorgten die drei in New York lebenden Kalifornier bereits Ende letzten Jahres für einiges Aufsehen. Mit "With Love And Squalor" ist ihnen aber auch ein wirklich großer Wurf gelungen. Ich zitiere mich selbst: "Ein Album voll mit hochansteckender Drei-Minüter zwischen Indie-Pop, Post-Punk und Art-Rock. Kompakt, packend und nie um die ganz großen Melodien verlegen. Power-Pop wie er im Buche steht. Ein großer Pluspunkt: Katzen auf dem Cover." Soetwas muss man mögen. Siehe Platz 19 in der Jahresbestenliste an dieser Stelle. Im Nachhinein betrachtet trotzdem eine Schande. "With Love And Squalor" gehört mindestens in die Top 10. Nix da. Gleich unter die besten Fünf. Was schreibe ich? Auf das Podest mit diesem Kracher von Album.

Der 5. März war eigentlich jener Termin, wo die Kaiser Chiefs in Wien auftreten hätten sollen. In den Programmheften der Arena wurden sie vor drei, vier Monaten bereits angekündigt. Daraus geworden ist allerdings nichts. Aus welchen Gründen auch immer. Dabei spielte man zwei Tage davor noch in Freiburg und am 6. März in München. Also beides in näherer Umgebung. Nur gut, dass We Are Scientists - ihres Zeichens Vorband der aktuellen Europa-Tournee der Kaiser Chiefs - auch an ihren freien Tagen gerne Konzerte geben. Und dafür auch schon mal einen Abstecher quer durch Europa machen. So auch nach Wien. Anderenfalls wären wir wohl nie in den Genuss einer Headliner-Show des inzwischen schwer angesagten Trios gekommen. Immerhin waren We Are Scientists noch vor kurzem bei der NME Award Tour in England mit Maximo Park, Arctic Monkeys und Mystery Jets unterwegs. Dementsprechend groß der Andrang an diesem Abend im Flex. Noch größer als ich es mir erwartet hatte. Im Zeitalter des Internet geht tatsächlich alles schneller. Kaum ist die Platte bei uns überhaupt erhältlich, schon spielt die Band in einer ausverkauften Halle. File-Sharing macht's möglich.

We Are Scientists eilt der Ruf voraus, sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen. Von "Gitarren-Pop mit Witz" ist da oftmals die Rede. Irgendwo zwischen unterhaltsam und charmant. Genauso präsentierte sich der Dreier auch bei seinem Wien-Gastspiel. Als Intro musste da gleich mal "Everybody Hurts" von R.E.M. herhalten. Zwecks Dramatik. Passend dazu eröffnete man den Gig mit einer Akustik-Version von "The Great Escape". Übrigens genau jener Song, der eine Stunde später das Konzert auch beenden sollte. Dann allerdings in elektrisch verstärkter Version. Genau jener Gangart, die man mit Ausnahme der ersten Nummer den ganzen Gig über zelebrierte. Natürlich im klassischen Three-Piece-Line-Up: Gitarre, Bass, Schlagzeug. Dementsprechend hingerotzt klang das alles dann auch. Ganz im Gegensatz zur geglätteten Fassung auf Platte. Kreischende Gitarrenriffs vermischten sich mit einer druckvoll agierenden Rhythmus-Sektion. Hätten sich die unwiderstehlichen Pop-Melodien nicht ständig in den Vordergrund gedrängt, so manch ein Song wäre wohl nicht wiedererkannt worden. Es gibt sie also noch, die Bands, die sich live neuerfinden. Das macht We Are Scientist gleich noch sympathischer. Dafür sorgte allerdings bei ihrem Auftritt im Flex auch ihr Sinn für Humor. Anders ist es wohl nicht zu erklären, warum den gesamten Gig über auf Monitoren im Hintergrund eine Folge von "O.C., California" lief. Wobei zwischen den einzelnen Songs natürlich der ein oder andere Kommentar dazu nicht ausbleiben durfte. Wie bereits erwähnt: Mit Ausnahme ihrer Musik nehmen We Are Scientists kaum etwas wirklich ernst. Beste Band der Welt? Sicher doch. Zumindestens an diesem Abend.

We Are Scientists
05.03.2006 - Wien, Flex.


[wearescientists.com]