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Opium für's Indie-Volk: Alben von Clap Your Hands Say Yeah, Brakes, Death From Above 1979 und Xiu Xiu. Als (unnötige) Draufgabe gibt es noch das neue Werk von Björk.

Clap Your Hands Say Yeah: stBrakes: Give BloodDeath From Above 1979: You're A Woman, I'm A MachineXiu Xiu: La ForetBjörk: Drawing Restraint 9

Clap Your Hands Say Yeah
st
06/2005 (Self-Released)

Es sollte eine Weile dauern, schlussendlich hatte Pitchfork dann aber doch wieder die Ohren am richtigen Ort. Fast ein Jahr musste seit dem US-Release von "Funeral" - dem Debutalbum von Arcade Fire - vergehen. Nun endlich gibt es aber wieder einen dieser typischen Pitchfork-Hypes, die allerorst für Gesprächsstoff unter Möchtegern-Insidern sorgen. Wenn die ganze Begeisterung bislang auch nur auf den Bereich Internet beschränkt ist. Der Grund dafür? Die Band der Begierde hat noch nicht mal einen Plattenvertrag, schweigedenn bereits ein Album veröffentlicht. Das selbstbetitelte Debut von CYHSY gibt es ausschließlich im Selbstvertrieb auf der offiziellen Website der Band zu kaufen. Wobei auch gleich der herrlich debile Name der Formation aus Brooklyn erwähnt wäre. Und wie sieht es mit der Musik aus? Nun ja, die Talking Heads-Referenzen sind allgegenwärtig. Vor allem die Stimme von Sänger Alec Ounsworth ist jener von David Byrne mehr als nur ähnlich. Zugegeben: Das nervt hin und wieder. Und natürlich hört sich wirklich innovative Musik anders an. Was jedoch zählt, ist, dass CYHSY ein unverschämt frisches Album vorgelegt haben, das mit Sicherheit schon bald auch als reguläre Veröffentlichung für Aufsehen im Indie-Sektor sorgen wird. Bis dahin: Runterladen, genießen, aber dann auch kaufen. Denn genau solche Bands gehören unterstützt. [clapyourhandssayyeah.com]

Brakes
Give Blood
20.06.2005

Man nehme jeweils einen Teil British Sea Power und The Tenderfoot, mische zwei Teile Electric Soft Parade dazu und erhalte das beste Pixies-Tribut seit "Internal Wrangler" von Clinic. Mit "Give Blood" präsentieren die Brakes ein cool hingerotztes 30-Minuten-Album, das jegliches Aufkommen von Monotonie sofort mit einer unwiderstehlichen Brise Wahnsinn unterbindet. Das Ergebnis ist eine abwechslungsreiche Achterbahnfahrt zwischen Punk, Pop und Weltschmerz, die als Draufgabe eine wunderbar schräge Coverversion von "Jackson" (Nancy Sinatra & Lee Hazelwood) bereithält. Passend dazu gibt Eamon Hamilton am Mikrofon den abgedrehtesten Black Francis, seit dieser sich Frank Black nennt. Klingt etwas wirr, ist es auch. "Give Blood" bietet jedenfalls den besten Chaoten-Rock, den man sich zur Zeit auf CD kaufen kann. Zumindestens bis zum Erscheinen des angekündigten neuen Albums der reformierten Vorbilder aus Boston. Wobei ich mir allerdings noch nicht so recht im Klaren bin, ob ich mich darüber freuen oder davor fürchten soll. Wie auch immer, wenn der Nachfolger von "Trompe Le Monde" (1991) auch nur annähernd so klingt wie "Give Blood", dann wäre ich schon zufriedengestellt.
[brakesbrakesbrakes.com]

Death From Above 1979
You're A Woman, I'm A Machine
04.07.2005

"Wir wollen wie Elefanten sein, die in Eure Wohnzimmer kommen. Die man vielleicht nicht mag, aber auch nicht ignorieren kann. Deshalb haben wir uns Rüssel wachsen lassen." Soviel zum netten Albumcover. Soviel aber auch gleich zur brachialen Gangart. Denn wer es wagt, sich diesem Album in den Weg zu stellen, der wird ohne Rücksicht auf Verluste niedergewalzt. Wenigstens findet man in diesem Fall sein Ende mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Denn "You're A Woman, I'm A Machine" hat nicht nur unheimlich viel Groove, dieses Album ist auch verdammt sexy. Vielleicht liegt es daran, dass DFA1979 gänzlich auf den Einsatz von Gitarren verzichten. Gleichzeitig aber nicht auf großartige Riffs. Was sich damit erklärt, dass diese eben vom Bass kommen. Dementsprechend vibriert es beim Abspielen dieser Platte. Soviel zum Thema Sex. Womit aber auch gleich der Sound des Duos aus Toronto beschrieben wäre: Gesang, Schlagzeug, Bass. Mehr ist es nicht. Mehr braucht es auch nicht. Das erinnert In Sachen Minimalismus an die Gangart der White Stripes. Mehr aber auch schon nicht. Dafür ist "You're A Woman, I'm A Machine" ein viel zu lärmender Brocken. Egal. Hauptsache es rockt. Und zwar gewaltig.
[vox.bandzoogle.com/users/deathfromabove1979]

Xiu Xiu
La Foret
18.07.2005

Ein Freund meinte unlängst zur Musik von Xiu Xiu, dass im Grunde nicht viel dahinter stecke. Nun ja, da mag er schon recht haben. Zumindestens hinsichtlich des vorgetragenen Minimalismus. In Sachen Emotionen ist und bleibt Jamie Stewart jedoch ein Meister seines Faches. Egal ob nun mit akustischer Gitarre und Glockenspiel wohltuend leise. Oder mit industriellen Anleihen brachial lärmend. Kaum ein anderer Künstler schafft es dieser Tage, dermaßen wunderbare Melodien aus einem chaotischen Haufen sperriger Musik zu schälen. Das war schon auf dem formidablen "Fabulous Muscles" aus dem vergangenen Jahr so. Mit "La Foret" wagt Stewart nun dessen logische Fortsetzung. Noch abstrakter präsentiert sich das Liedgut seines fünften Longplayers. Avantgarde ist eine durchaus treffende Bezeichnung dafür. Natürlich hat der aktuelle Musikmarkt noch weitaus komplexere und anstrengendere Werke zu bieten, allerdings wage ich zu bezweifeln, dass einem diese beim Zuhören auch dermaßen zum Mitleiden anregen. Ich kann verstehen, wenn dem ein oder anderen das Schaffen von Xiu Xiu zu depressiv ist. Allerdings habe ich auch von Leuten gehört, die nach dem Konsum von "La Foret" die Meinung vertraten, nie wieder andere Musik hören zu können. [xiuxiu.org]

"(Ex-)Helden, die in die Kacke greifen" - Nicht zum ersten Mal mit dabei...

Björk
Drawing Restraint 9
25.07.2005

Sie ist zweifelsohne eine Ausnahmeerscheinung der aktuellen Popkultur. Wohl auch deshalb, weil sie wie keine andere Künstlerin ihrer Hörerschaft dermaßen viel abverlangt. Wen wundert es da noch, dass hin und wieder auch der größte Fan einfach nicht mehr mit will. Oder kann. Mein Verhältnis zu Björk würde ich als Hass-Liebe bezeichnen. Wie oft habe ich die isländische Querdenkerin und ihr schillerndes Gesamtwerk schon abgehakt, wenige Wochen später dann aber doch wieder ihr aktuelles Album reumütig erstanden. Mit "Drawing Restraint 9" scheine ich abermals bei einer Kehrtwende angekommen. War ich von "Medulla" - ihrem letztjährigen Versuch ohne Instrumente auszukommen - noch weitgehend begeistert, kann ich mit dem vorliegenden Soundtrack zum gleichnamigen Film ihres Ehemannes Matthew Barney nur wenig anfangen. Natürlich wäre es vermessen in diesem Fall ein gewöhnliches Studioalbum zu erwarten. Die vorliegende Musik jedoch einfach nur als gewöhnungsbedürftig gutzuheißen, ist jedoch ebenso falsch. Auch wenn man abseits des kaprizösen Instrumental-Score den Gesangseinlagen diverser Vokalakrobaten, Will Oldham a.k.a. Bonnie Prince Billy und Björk selbst hin und wieder doch etwas abgewinnen kann. So manch einer wird "Drawing Restraint 9" allerdings als unerträglichen Mist abtun. Der Widerspruch meinerseits bleibt diesmal aus. Denn spätestens bei Track 9 ist auch bei mir der Schalter umgekippt. Zu anstrengend. Zu ermüdend. Verweigerung meinerseits. Aber wer weiß, vielleicht ist beim nächsten Album schon wieder alles ganz anders. [bjork.com]