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Die Erwartungshaltung war tonnenschwer. Ausnahme-Songwriter Conor Oberst und seine Bright Eyes gaben sich in der Wiener Arena ein Stelldichein. Fazit: Eine Offenbarung.

Conor OberstZu Beginn ein Plädoyer: Was wäre das doch für eine Welt, wo die Musik von Bright Eyes nicht bloß von Kritikern hochgelobt und der Fangemeinde abgefeiert, sondern in allen Wohnzimmern und sämtlichen Radiostationen auf diesem Erdball rauf und runter gespielt werden würde? Wohl eine bessere. Soweit wird es jedoch mit Sicherheit nicht kommen. Dafür sind beide neuen Alben - sowohl "I'm Wide Awake, It's Morning" als auch "Digital Ash In A Digital Urn" - schlichtweg zu unkommerziell. Und das ist gut so. All jene, die die Musik von Bright Eyes lieben gelernt haben, wissen warum. Soll die bessere Welt doch ruhig warten.

Vorband und Glücksgriff.

Es sollte ein großer Abend in der schon seit Wochen ausverkauften Arena werden. Da durfte natürlich auch der Support-Act nicht schwächeln. In diesem Fall hatte man sich bereits im Vorfeld abgesichert. Keine lokale Band oder ähnliche Notlösungen. Conor Oberst höchstpersönlich hatte dafür gesorgt, dass Rilo Kiley ihn auf Tour begleiten. Immerhin waren sie vor gar nicht allzu langer Zeit noch Labelkollegen bei Saddle Creek. Dementsprechend wohlwollend wurde die Formation um die süße Sängerin Jenny Lewis an diesem Abend angenommen. Das Publikum zeigte sich von der dargebrachten Mischung aus traurig, altmodischem Gitarrenpop und typisch amerikanischem Alternative-Country begeistert. Selten habe ich eine Vorgruppe gesehen, die dermaßen positiv angenommen wurde. Es schien fast so, als wäre das neue Album "More Adventurous" für den Großteil der Anwesenden bereits ein guter, alter Bekannter. Und all jene, die erst an diesem Abend auf den Geschmack gekommen waren, hatten vor Ort die Möglichkeit, sich die CD zu kaufen. Was so manch einer wohl auch genutzt hat.

Genie und Mythos.

Mal ehrlich: Rilo Kiley waren gut und hatten den regen Applaus auch verdient. Doch in Wahrheit warteten all die Anwesenden schon während des Vorab-Gigs einzig und allein auf den Auftritt von Conor Oberst und seinen Bright Eyes. Immerhin wusste keiner so recht, was einem denn nun an diesem Abend erwarten würde. Man hatte im Vorfeld ja so einiges gehört. Nicht nur, dass Bright Eyes für ihre schwankenden Leistungen auf der Bühne berüchtigt sind, auch die labile Laune ihres Frontmannes ist immer wieder für die ein oder andere Überraschung gut. Noch dazu ist der sensible Herr Oberst für seinen regen Alkoholkonsum auf der Bühne bekannt, der nicht erst einen Konzertabend zu einem Fiasko werden ließ.

Eines gleich vorweg: Conor Oberst war an diesem Abend in der Arena nicht betrunken. Entgegen aller Gerüchte hielt er sich merklich zurück. Kein Rotwein. Nur ein paar Flaschen Bier standen neben dem Mikroständer. Dementsprechend nüchtern wirkte auch seine Performance. Kein ausgelassenes Herumtollen auf der Bühne. Stattdessen volle Konzentration auf Musik und Performance. Das Ergebnis gab ihm recht. Denn es war eine fulminantes Konzert, das man an diesem Abend zu Augen und Ohren bekam.

Bright EyesAufgeputscht von der begeisterten Menge spielten sich Bright Eyes - wie im Vorfeld bereits angekündigt - fast ausschließlich durch die Highlights von "I'm Wide Awake, It's Morning". Nur ein paar ältere Stücke schafften es daneben in die Setlist. Bemerkenswert, dass dabei so manch auf dem Album eher unauffälliger Song im Live-Kontext zu einem absoluten Höhepunkt wurde. Das mag vor allem an der großartigen Begleitband von Conor Oberst gelegen haben, zu der auch der Schlagzeuger von Rilo Kiley gehört, die exzellent mit den wehmütigen Klagen ihres Frontmannes harmonierte.

Schiller und Sowinetz.

Beim Zugabeblock stand Conor Oberst allein mit seiner Akustik-Gitarre auf der Bühne. Was das zu bedeuten hatte, war allen klar. Ein Solo-Set des Meisters stand auf dem Programm. Ganz leise schlug Conor Oberst eine Saite an. Erst nach einigen Akkorden erhob er seine zittrige Stimme. Genauso als würde er uns sein Innerstes präsentieren. In "Lua" geht es über Dinge, die einem in der Nacht bei Mondschein noch so einfach erscheinen, des Morgens allerdings unendlich kompliziert sind. Am liebsten hätte ich Conor Oberst lauthals zugestimmt. Nur getraut habe ich mich nicht. Weil doch alle so ruhig waren. Wenigstens mein Beifall nach Beendigung des Stücks durfte dementsprechend enthusiastisch ausfallen. Was war ich doch begeistert.

Was sich bis zum Ende des Abends nicht ändern sollte. Spielten Bright Eyes doch als rauschendes Finale in voller Bandbesetzung noch "Road To Joy". Oder sollte man es als "Ode an die Freude" bezeichnen. Im Sinne von "Olle Menschen san ma zwider, i mechts in die Goschn haun...". Wie auch immer. Ein fulminanter Abschluss. Mit Conor Oberst auf einem Verstärker stehend. Schlicht umwerfend. Schwer in Worte zu fassen, das alles. In diesem Fall reicht kein bedeutungsschwangeres Plädoyer, wie zu Beginn des Textes. Stattdessen sollte man einfach nur ausflippen. Genauso wie an diesem Abend. Wenn das mal nicht ein ganz, ganz besonderes Konzert war.

Bright Eyes / Rilo Kiley
04.03.2005 - Wien, Arena.


[saddle-creek.com/bands/brighteyes]
[rilokiley.com]

[Live: Arena (Open Air), Wien - 23.06.2005]
[Review: I'm Wide Awake, It's Morning / Digital Ash In A Digital Urn]
snackbar - 15. Mär, 15:07:
hm...
wunderschön geschrieben, aber meinst du das ernst? wenn ja, dann freut's mich ja für dich. aber das arena-konzert war mein drittes, und bisher leider schlechtestes bright-eyes konzert, auch wenn ich das nicht gern zugeben tu. lg 
wasix - 15. Mär, 17:53:
das zweite mal
eigentlich meine ich es schon ernst. vielleicht kommt meine (überzogene) begeisterung daher, dass ich bright eyes an diesem abend erst zum zweiten mal live miterleben durfte. mein debut fand vor zweieinhalb jahren im flex statt. da war erstens dieses irre gedränge und zweitens habe ich damals nicht wirklich viel gesehen. in der arena bin ich hingegen auf der neu errichteten galerie gestanden. der ausblick war dementsprechend genial. und ansonsten hat an diesem abend eigentlich auch alles gestimmt. da kann man eigentlich nur zufrieden sein...

ebenfalls l.g. 
srocca - 20. Mär, 16:57:
Dem kann ich nur zustimmen
Das Konzert in der Arena war ziemlich perfekt. Und das obwohl es so ausgesehen hat, als ob er nur Bier statt Rotwein auf der Bühne konsumiert hat. 
wasix - 20. Mär, 18:49:
...
na wenigstens eine/einer, die/der meiner meinung ist. ich dachte schon, ich wäre der einzige, den dieses konzert beeindruckt hat.