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Soap&Skin @ Minoritenkirche, Krems. Seltsame Musik im ehrwürdigen Klangraum. Im Rahmen von Kontraste 08, dem etwas anderen Festival. Besser hätte es Anja Plaschg nicht treffen können.

Anja Plaschg aka Soap&Skin

"Kein Refugium für spezialisierte Lauscher, kein sakraler Ort für eingeweihte Adoranten irgendeiner tönenden Mode. Kontraste appelliert vor allem an Offenheit und Neugierde, setzt auf tolerant hörende Menschen, die ein breites musikalisches Spektrum goutieren." Zweiter Akt, Samstag, 4. Oktober 2008: Brüchige Lieder bzw. "Mythen und Jungsterne am Himmel von Rock und Pop". Vor dem eigentlich Wichtigen: "The Three Sirens", ein Projekt von Nicolas Anatol Baginsky, der eine Live-Rock-Band bestehend aus inzwischen fünf autonomen Robotern erschaffen hat. In offensichtlich mühsamster Kleinst- und Entwicklungsarbeit. Hier wird nicht bloß vorprogrammiert. Hier wird Selbsterlerntes interpretiert. Was und wie schlussendlich bei den Gigs gespielt wird, weiß selbst der Schöpfer nicht. Hochinteressant. Nach dem eigentlich Wichtigen: Pere Ubu, 1975 in Cleveland, Ohio gegründete Art-Punk-Pioniere. Einziges noch agierendes Gründungsmitglied: David Thomas, der große, dicke Mann mit Hut. Unübersehbarer Frontmann mit schrägem Gesang. Umgeben von düster rockendem Midwest-Garage-Rock. Expressiv, explosiv, theatral, surreal. War nie meins, wird es auch nie sein.

Zum eigentlich Wichtigen: Der 18-jährigen Grazerin Anja Plaschg alias Soap&Skin bzw. ihrem Auftritt in einer gut gefüllten Minoritenkirche in Krems. Ein Stehkonzert, wobei sitzen hier doch eindeutig besser gepasst hätte. Wie im Mai dieses Jahres im Wiener Radiokulturhaus. Nichtsdestotrotz der ideale Rahmen für eines ihrer berüchtigten Konzerte. Kein gewöhnlicher Auftritt, weil doch soeben ihre erste Platte veröffentlicht wurde. Eine namenlose EP, bestehend aus einer Eigenkompositionen mit Gesang, einem Cover von Velvet Underground-Ikone Nico, einer Instrumental-Eigenkomposition und einem Remix von Letzterem von Christian Fennesz. Melancholisch schaurig schönes Liedgut - "arranged for voice, piano, violin, electronic sounds and acoustic noises" -, das zu verdauen kein Leichtes ist, das zu erkunden dafür einem umso befriedigenderen Erlebnis gleichkommt. Soetwas gehört, wenn schon nicht gefeiert, dann wenigstens gebührend präsentiert. So geschehen im Rahmen von Kontraste 08, wo uns Soap&Skin während ihrer knapp einstündigen Performance dann auch gleich in Material ihres Anfang 2009 erscheinenden Debut-Albums hineinhören ließ. Meine Vorfreude steigt ins Grenzenlose.

Mir ging es vor knapp fünf Monaten nicht anders. Auch ich kam bei meinem ersten Soap&Skin-Konzert aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Ebenso wie all jene, die sie an diesem Abend erstmals zu Augen und Ohren bekamen. Große Gefühle, die jene blasse, komplett in Schwarz gekleidete junge Frau am Klavier, einzig unterstützt von behutsam eingesetzter Elektronik aus dem Laptop, da auf ihr Publikum losließ. Dazu ihr stets verlegen wirkendes Gehabe. Unendlich schüchtern, ebenso nervös. Dementsprechend die Reaktionen, das Geflüstere im Auditorium. Von einer autistischen Persönlichkeit war gar die Rede. Weiters: "Entweder die ist gestört oder sie spielt es nur." Kalkül, das sich bewahrheiten hätte können, wenn sie nach Beendigung dieses einen Songs - wofür sie sich auch diesmal vom Flügel erhob, an den Bühnenvordergrund trat, somit der sie begleitende Sound ausschließlich aus der Retorte kam - abermals fluchtartig den Ort des Geschehens verlassen hätte. Wie damals im Radiokulturhaus. Nein, tat sie nicht. Was war ich doch erleichtert.

Pere Ubu / Soap&Skin / Nicolas Anatol Baginskys "The Three Sirens"
04.10.2008 - Minoritenkirche, Krems @ Kontraste.


[ubuprojex.net] [myspace.com/pereuburox]
[soapandskin.com] [myspace.com/soapandskin]
[baginsky.de] [myspace.com/thethreesirens]

[klangraum.at/kontraste]

[Soap&Skin @ Radiokulturhaus, Wien - 19.05.2008]