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Richard D. JamesRichard D. James alias Aphex Twin ist zurück. Ein neues Pseudonym hat er auch: Analord. Das Projekt besteht aus elf 12-Inch-Maxis. Alles natürlich im höchst exklusiven Rahmen.

In den Neunzigern war Richard D. James der unumstrittene Kritikerliebling. Zumindestens für all jene, die sich mit elektronischer Musik beschäftigten. Da gab es kaum ein Werk des britischen Soundtüftlers, das von der schreibenden Zunft nicht mit dem Stempel "richtungsweisend" versehen wurde. Egal ob Richard D. James nun als Aphex Twin, AFX, GAK oder Polygon Window in Erscheinung trat, egal ob er dabei mit Ambient, Electro House oder Drum N’ Bass experimentierte, alle waren sie begeistert. Da wurde auch mit Superlativen nicht gespart. Meine Lieblingsbezeichnung, die sich damals ein Musikkritiker einfallen ließ: "Mozart des Techno".

Dabei geisterte um Richard D. James stets das Gerücht, er hätte in einem seiner raren Interviews mal gesagt, dass er nur jene Tracks veröffentlicht, die ihm selbst nicht besonders gut gefallen. Die wirklich guten Kompositionen soll er sich lieber für sich selbst aufheben. Der Grund dafür? Angeblich will der Meister nicht miterleben müssen, was diese Tracks für ein Chaos in der Musikwelt anrichten würden. Böser, böser Aphex Twin.

Musik für Geld. Viel Geld.

Seine kommerziell erfolgreichste Zeit hatte Richard D.James gegen Ende der Neunziger mit den beiden Singles "Come To Daddy" (1997) und "Windowlicker" (1999). Legendär sind vor allem die dazugehörigen Videoclips von Regisseur Chris Cunningham, der dabei die fiese Fresse des Aphex Twin auf den Körper von Kindern und Bikini-Modells montieren ließ. Richard D.James wollte mit seinem exzentrischen Gesamtkunstwerk irritieren und schaffte dies auch. Sowohl musikalisch als auch visuell. Dass der Hype irgendwann mal abbauen würde, war klar. Mit "Come To Daddy" und "Windowlicker" war der kommerzielle Zenit von Aphex Twin erreicht. Richard D.James konnte das ziemlich egal sein. Er veröffentlichte mit "Drukqs" (2001) ein weiteres Album mit "Ausschussware" und mit "26 Mixes For Cash" (2003) all seine Remix-Auftragsarbeiten auf einer Compilation. Alles natürlich für gutes Geld, versteht sich.

Wer sich in letzter Zeit mal fragte, wann es von Richard D. James mal wieder etwas Neues zu hören gibt, der bekam Ende letzten Jahres die Antwort darauf. Im Dezember startete nämlich der Verkauf für die erste 12-Inch einer elfteiligen Vinyl-Maxi-Serie. Allerdings nur im Internet. Auf der Homepage des Rephlex-Labels. Und dort auch nur gemeinsam mit einem sündhaft teuren Lederordner, wo man später alle elf Scheiben unterbringen kann. Kostenpunkt: 39,99 Pfund (ca. 56 Euro). Alles natürlich streng limitiert. Was natürlich bedeutete, dass das gute Stück bereits nach wenigen Tagen ausverkauft war.

Analoger Sound im Stil der Achziger.

Aufgrund der raren Anzahl von Veröffentlichungen in den letzten Jahren legte sich Richard D. James für das neue Projekt sogar ein eigenes Pseudonym zu. Und dieses hat den künstlerisch wertvollen Nickname Analord. Den Anfang der anstehenden Kollektion machte - der Logik von Mr. James entsprechend - Analord 11. Teil 1 und 2 ist inzwischen auch erhältlich. Sogar im herkömmlichen Handel. Ende Februar folgt Analord 3 und 4. Nach ein paar Monaten sollte die Box dann vollständig sein. Da kann man dann zweifelsohne von einem exlusiven Teil sprechen. Doch keine Sorge: Nachdem die limitierte Box komplett ist, soll es auch eine weniger aufwändige und vor allem kostengünstigere Variante der Analord-Serie geben.

Analord 01 - Side AAnalord 01 - Side BAnalordAnalord 02 - Side AAnalord 02 - Side B

Da stellt sich natürlich noch die Frage, was es bei Analord (zumindestens Teil 1, 2 und 11) eigentlich zu hören gibt? Eines gleich vorweg: Alle Aphex Twin-Fans können hier bedenkenlos zugreifen. Das vorliegende Material ist unverkennbar. Und immer noch schwer in Worte zu fassen. Analord erinnert mich an alte Tage. Allerdings mehr an "Selected Ambient Works 85-92" als an "I Care Because You Do". Vieles klingt sogar so, als hätte Richard D. James seine alten Analog-Synthesizer reaktiviert. Das wirkt zwar nicht ganz so verträumt wie zu Ambient-Zeiten, hat aber auch nicht gerade viel mit brachial aus den Boxen dröhnenden Beats gemein. Analord liegt irgendwo dazwischen. Die Wirkung ist allerdings dieselbe. Denn nach wenigen Durchläufen hatten sich die Tracks in mein Gehirn eingebrannt. Da macht es dann auch nichts mehr aus, dass das Ganze im Jahr 2005 nicht mehr wirklich zu schocken im Stande ist. Und doch klingt Analord irgendwie krank. Man muss inzwischen zwar kein Freak mehr sein, um darauf zu stehen, mit Standardware hat die Musik von Richard D. James allerdings immer noch rein gar nichts gemein. Mainstream ist anders.

Analord-BoxAnalord 1/2
24.01.2005


Analord 3/4
21.02.2005


Analord 11
[rephlex.com]