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Soap&Skin @ RKH. Von "Requiem For A Dream" über "Songs For The Death" bis hin zum faszinierenden Weltschmerz einer 18-jährigen. Ein gruselig gut inszenierter Konzertabend.

Möglichkeiten, die von der deutschen TAZ als "Österreichs Next Wunderkind" bezeichnete Anja Plaschg alias Soap&Skin in Wien live zu erleben, gab es in den letzten zwölf Monaten mehrere. Egal ob im MAK, im Bestattungsmuseum, im Studio 2 des Funkhauses, im Tanzquartier oder zuletzt im Rhiz, alle wurden von mir ausgelassen. Die Chance im Großen Sendesaal des Radiokulturhauses musste dann allerdings wahrgenommen werden. Allein deshalb, weil die intime Atmosphäre eines bestuhlten Konzertes in dieser Größenordnung den perfekten Rahmen für ihre tieftraurige und atemberaubend schöne Musik - mir bislang ausschließlich bekannt von MySpace, diversen Streams und Live-MP3's - darstellt. Erst recht, wenn man dafür diesmal nicht basteln, reimen oder sonstwas musste. Kein Bangen, ob die Bemühungen für das Gewinnspiel reichen würden. Stattdessen einfach nur dafür bezahlen. Insofern man sich auch rechtzeitig darum gekümmert hat. Tonträger von ihr gibt es zwar (noch) keine, trotzdem schafft es Soap&Skin inzwischen problemlos einen Veranstaltungsraum mit 238 und mehr Sitzplätzen auszuverkaufen.

Soap&SkinEs beginnt mit einem Kurzfilm. Freaky B&W-Arthouse in hektischer Stop-Motion-Manier. Als die - natürlich - ganz in Schwarz gekleidete Soap&Skin den Saal betritt, verschanzt sie sich erst mal hinter dem Laptop. Es vergehen Momente der andächtigen Stille. Man traut sich kaum zu atmen, in Erwartung des Anstehenden. Dann die ersten Klänge: Abgeändertes, aber doch Erkennbares von Clint Mansells "Requiem For A Dream"-Soundtrack. Die Ankündigung für jenes Repertoire an Songs, die in naher Zukunft das sehnsüchtig erwartete "Songs For The Death" sein werden. An diesem Abend rund ein Dutzend, zumeist recht kurz gehaltene Stücke. Eine schwermütige Mischung aus fragiler Stimme und präziser Tastenarbeit am Bösendorfer, hin und wieder mit dezenter Laptop-Elektronik bereichert. Dabei präsentiert sich Soap&Skin extrem schüchtern, gibt zwischen den Songs nur das eine oder andere kaum hörbare "Dankeschön" von sich. Wenn sie hingegen singt, in ihre zerbrechlichen Kleinode abtaucht, kann die gefühlvolle Flüsterstimme schon mal in schmerzverzerrtes Schreien ausarten. Keine Frage, Soap&Skin weiß, was sie da tut, wie sie zu wirken im Stande ist.

Nach einer Dreiviertelstunde dann der Stilbruch. Soap&Skin erhebt sich, tritt vor den Flügel, zeigt sich dem Publikum erstmals frontal, in voller Pracht. Keine Schuhe, löchrige Strümpfe. Im Folgenden wird sie das einzige Mal an diesem Abend begleitet. Von Manfred Hofer, dem Sänger/Bassisten des Support-Acts The Ghost & The Band. Am Kontrabass. Hinzu gesellt sich treibender Sound aus der Retorte. Nein, das ist nicht mal mehr ansatzweise Pop. Das ist Avantgarde, sich konsequent zum großen Finale hin steigernd. Soap&Skin schreit, dermaßen hemmungslos, dass einen Gänsehaut überkommt. Sie dreht sich aus dem Scheinwerferlicht, stürzt zu Boden, bleibt einige Sekunden liegen, steht auf, verlässt eilig den Saal. Ich denke mir noch: Wenn sie es richtig machen will, dann war es das jetzt. Und siehe da: Die Saalbeleuchtung geht an. Applaus, einhergehend mit unsicherem Zögern im Auditorium. Gespanntes Warten. Gehen, oder doch Bleiben? Keine Zugabe, Soap&Skin kehrt nicht mehr auf die Bühne zurück. Aus. Schluss. Vorbei. Wow!

Soap&Skin / The Ghosts And The Band
19.05.2008 - Radiokulturhaus, Wien.


[myspace.com/soapandskin]