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Schon mal etwas von "Afrobeat-Tinged-Experimental-Indie-Pop" gehört? "This feels so unnatural, Peter Gabriel, too." Nicht so beim selbstbetitelten Erstling von Vampire Weekend.

Vampire Weekend

Immer diese Referenzen. Keine neue Band, die nicht damit konfrontiert wird, sich dem Vergleich mit alteingesessener Kompetenz stellen muss. Ohne scheint es einfach nicht zu gehen. Da kann sich das Zum-Besten-Gegebene noch so bahnbrechend, womöglich anders, gar neuartig anhören. Je ratloser die Kritikerschar, desto dichter der Referenzdschungel. Beim Debut von Vampire Weekend wird da keine Ausnahme gemacht. Dabei hätte gerade bei dieser Band alles so einfach sein können. Indie-Pop. Punkt. Ungemein eingängiger und einfallsreicher, zweifelsohne von hellen Köpfen erdachter Pop. In Form kurzer, prägnanter, unverschämt grooviger Ohrwürmer. Stichwort: Groove. Genau jener Bestandteil, wo man vorgegebene Schemata aufbricht, geschickt immer wieder Afro-Vibes durchblitzen lässt. Was all jene, die damit nur wenig anfangen können, nicht gleich in die Flucht schlagen sollte, ist der weltmusikalische Einfluss hier doch gar nicht so dominant wie angenommen. Wenn es auch genau das ist, was Vampire Weekend so interessant macht, sie von der breiten Masse abhebt.

Erstmals aufgefallen ist das New Yorker Quartett vergangenen Sommer beim Internet-Only-Release von "Stereogum presents: OKX", einem Tribut-Album zum Zehnjährigen von Radioheads "OK Computer". Vampire Weekend wurden auserwählt um sich an einem der zwölf Klassiker zu probieren. Ihre Wahl: Track 4, "Exit Music (For A Film)". Sänger Ezra Koenig dazu: "The first Radiohead song I really got into. My friend Olympia put it on a mixtape for me. At the time I was struck by how much it sounded like classical music. Now I hear trip-hop and maybe a little Pavement. No matter what I hear in it, this song is still 100% high-style Radiohead, a super-ambitious, pre-millennial banger." Das Bemerkenswerte an der Version von Vampire Weekend war, dass sie es doch tatsächlich schafften diesem wunderschönen Stück Musik noch etwas hinzuzufügen. Weil sie keine schlichte Kopie ablieferten, sich stattdessen weitestmöglich wegbewegten, an die Eigeninterpretation eines Klassikers heranwagten. Ohne dabei den Status des Liebgewonnenen angekratzt zu haben. [stereogum.com/okx]

Was nichts daran ändert, dass in Sachen eingangs erwähntem Referenzdschungel noch Nägel mit Köpfen gemacht gehören. Da liegt also diese außerordentlich intelligente, selbst nach dem x-ten Durchgang nicht nervende Indie-Pop-Platte vor. Elf Hitsongs auf gut 34 Minuten. Mal knapp unter, mal knapp über der Drei-Minuten-Grenze liegende Stücke, die trotz ihrer Kürze ungemein vielschichtig sind. Die Liste zum angekündigten Vergleichstest reicht dabei von Talking Heads bis hin zu Fela Kuti. Paul Simon zur "Graceland"-Phase? Nun ja, vollkommen daneben liegt man auch damit nicht. Jedenfalls könnte man die Aufzählung vertretbarer Namen, die einem beim genaueren Hinhören in den Sinn kommen, problemlos fortführen. Genauso beim Genre-Dropping. Man nenne es eine versponnene Mischung aus schrammeligem Gitarren-Pop, kantigem Wave-Rock, funky Ska-Punk und Rhythmuskunst Sparte World Music. Man hantiere mit einem so bedeutungsschwangeren Begriff wie "Afrobeat-Tinged-Experimental-Indie-Pop". Wer unbedingt will, kann soetwas natürlich als Hirngespinst abtun. Egal, an der Qualität dieses wunderbaren Albums tut all das ohnehin keinen Abbruch.

Vampire Weekend: stVampire Weekend
st
25.02.2008


[vampireweekend.com]
[myspace.com/vampireweekend]