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Ben Afflecks "Gone Baby Gone" weiß an der Nase herumzuführen. Ein wendungsreiches Krimidrama über menschliche Abgründe und ein moralisches Dilemma. Wäre da bloß nicht diese Madeleine...

Casey Affleck in "Gone Baby Gone"

Ben Affleck gilt nicht unbedingt als der coolste unter Hollywoods Schauspielern. Gründe dafür gibt es mehrere. Einer davon: Bennifer. Einhergehend mit "Gigli", immerhin #52 (Stand: 12/2007) in den "Bottom 100", den auf der IMDb gelisteten schlechtesten Filmen aller Zeiten. Nein, Affleck hatte in den letzten Jahren nicht immer ein glückliches Händchen, wenn es um die Wahl seiner Filmrollen ging. Dabei fing alles noch so vielversprechend an. Damals in den frühen Neunzigern. Mit Rollen in Richard Linklaters "Dazed And Confused" und in Kevin Smith-Filmen wie "Mallrats", "Chasing Amy" oder "Dogma". Nicht zu vergessen: Gus Van Sants "Good Will Hunting", wo Affleck nicht bloß mitspielte, sondern gemeinsam mit Hauptdarsteller und Kumpel Matt Damon auch das Drehbuch verfasste. Fazit: Oscar und Golden Globe. Was folgte, waren die bereits erwähnten Fehlgriffe. Einen grauenhaften Blockbuster ("Armageddon") hätte man Affleck wohl noch verziehen. Nach dem zweiten ("Pearl Harbor") durfte sich dieser von den Filmkritikern allerdings kein Erbarmen mehr erwarten. Ein neues bevorzugtes Watschengesicht war gefunden.

Und nun das: Ben Affleck scheint doch tatsächlich seine Berufung gefunden zu haben. Der Mann zeigt Talent. Nicht irgendwo, in Hollwood. Allerdings nicht als Drehbuchautor oder Schauspieler. Vor allem letzteres scheint bei zwei Razzie Awards - die berüchtigte "Goldene Himbeere" - plus fünf weiterer Nominierungen inzwischen doch eher aussichtlos. Stattdessen wagte Affleck den ganz großen Schritt und versuchte sich als Regisseur. Nicht - wie fälschlicherweise oft angenommen - zum ersten Mal. Nur blieb bisherigen Versuchen als Filmemacher der Sprung auf die große Kinoleinwand verwehrt. Ganz anders bei seinem Regiedebut eines Major Motion Pictures. Erst recht, wenn man dabei auf eine Romanvorlage - noch dazu Afflecks erklärtes Lieblingsbuch - des renomierten Krimiautors Dennis Lehane zurückgreifen kann. Man erinnere sich an Clint Eastwoods mehrfach preisgekröntes "Mystic River". Ebenso eine Verfilmung eines Lehane-Bestsellers. Somit also bester Stoff für eine Großtat. Eine, die inzwischen sogar als heißer Oscar-Kandidat für die anstehenden Academy Awards gehandelt wird.

Ein nachvollziehbares Mutmaßen aus Hollywoods Gerüchteküche, ist "Gone Baby Gone" doch einer jener Filme, wo man sich schwer tut Schwächen auszumachen. Da passt die Schauspielerriege. Allen voran Ben Afflecks Bruder Casey, der unlängst schon als Jesse James-Mörder einen alles andere als enttäuschenden Brad Pitt an die Wand spielte und auch in "Gone Baby Gone" eindrucksvoll sein beachtliches schauspielerisches Talent unter Beweis stellt. Da passt auch die Inszenierung, wobei der oft belächelte Affleck alles richtig macht. Ebenso wie bei der auserwählten Geschichte "about two Boston area detectives investigating a little girl's kidnapping, which ultimately turns into a crisis both professionally and personally". Oder vielleicht doch nicht? Nun ja, Affleck wäre nicht Affleck, wenn da nicht doch noch etwas wäre: "The film's UK release, scheduled for 28 December 2007, has been postponed indefinitely because of the film's similarity to the real-life case of four-year-old Madeleine McCann." Ich unterstelle Zufall, nicht Kalkül. Alles andere wäre diesem hervorragenden Film gegenüber ungerecht.

Gone Baby GoneGone Baby Gone
Regie: Ben Affleck.
Mit Casey Affleck, Ed Harris, Morgan Freeman.
30.11.2007


[gonebabygone-themovie.com] [imdb.com]