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Nein, Damien Rice hat nach "0" kein weiteres "Album des Jahres" vollbracht. "9" ist auch nicht wirklich nahe dran. Für das gepflegte Vor-Sich-Hinleiden mit Stil reicht es jedoch allemal. Seufz.

Lisa Hannigan - Damien Rice"No. I'm sad about it and I'm really sorry that I kept my fans in suspense for such a lengthy period of time, but I definitely won't be releasing any more albums." Es muss etwa Ende Februar, Anfang März dieses Jahres gewesen sein, als Damien Rice verlautbaren ließ, dass er nicht gedenke einen Nachfolger zu seinem millionenfach verkauften Debutalbum zu veröffentlichen. "0" (2002, re-released 2003) sei ein "once-off-moment" gewesen, dem nichts mehr hinzuzufügen wäre. Es sei alles gesagt worden, was es von ihm zu sagen gäbe. Eigentlich tragisch, wobei man ihm aber auch nicht wirklich widersprechen konnte. Ist es doch ein Ding der Unmöglichkeit, diesen Meilenstein der jüngeren Singer/Songwriter-Kunst zu übertreffen. Jenes Album, wo ich unverbesserlicher Softie jedes Mal auf's Neue dahinschmelze. Trotzdem ist diese konsequente Vorgehensweise bemerkenswert, sucht ihresgleichen. Da macht einer seine definitive Platte - zugegeben: verdient sich dabei dumm und dämlich - und tritt ab. Aus. Schluss. Das war's.

Nun scheint der gute Damien aber ein Scherzkeks zu sein. Von wegen "There won't be another album". Natürlich hat er seine Gitarre nicht an den Nagel gehängt. Schlichtweg eine Falschmeldung. Wohl eine beabsichtigte. Er wollte sich einfach nur ins Gerede bringen, um das Interesse an jenem Album, das die Fangemeinde eigentlich gar nicht mehr erwarten durfte, noch mehr zu schüren. Und so gibt es ihn inzwischen also doch, den Nachfolger zum epochalen "0". Wobei eines gleich mal festzuhalten ist: Damien Rice hat versagt. Denn "9" ist nicht so gut wie "0", kommt an das herzerweichendste aller in diesem Jahrtausend erschienenen Alben nicht heran. Was kaum verwundert und dem geneigten Fan auch nicht sonderlich hart treffen sollte. Denn "9" ist trotzdem gut geworden. Sogar sehr gut. Unverkennbar Damien Rice. Und gar nicht mal so sehr anders, wie er selbst meint: "It's a bit angrier, more bitter and perhaps more honest." Keine Sorge, der Stilwechsel hält sich in Grenzen. Damien Rice zelebriert auch auf diesem Album seine Rolle des "King Of Pain". Wodurch das Klischee des emotional berührenden Troubadours natürlich blüht und gedeiht. Die alteingesessene Indie/Alternative-Gemeinde und ihre Prinzipien in Ehren, aber man kann es auch übertreiben. Beziehungsweise - wie an dieser Stelle - untertreiben.

"9" beginnt famos. Und hört vielleicht sogar noch famoser auf. Gänsehaut pur. Gleichzeitig aber auch zutiefst kitschig. Da begegnen einem Songs, die man anfangs gar nicht durchzuhören wagt, die im richtigen Rahmen, bei passender Stimmung jedoch etwas ganz Besonderes offenbaren. Nicht, dass man da jetzt gleich in Ehrfurcht erstarren sollte. Zumindestens nicht auf voller Albumlänge. Im Gegensatz zu "0" wird man bei "9" nämlich sehr wohl auch mit einigen - wenn auch nur wenigen - Schwächen konfrontiert, gibt es im Mittelteil der Platte die eine oder andere Füllnummer zu bemängeln. Wobei ich die ungewohnt überdrehte Aufbruchstimmung von "Me, My Yoke & I" nicht dazuzähle. Durchaus forsche Klänge, die es auf "0" nicht zu hören gab. Wobei der Song aber doch eine Ausnahme bleibt. Ansonsten fischt Damien Rice nämlich unverändert in bekannten Gewässern, erweist sich weiterhin als Meister der Melancholie. Und das ist auch gut so. Zumindestens solange er sich als einer der talentiertesten Songwriter dieser Tage seinen unverbrauchten Charme erhalten kann. "Well I know I make you cry. And I know sometimes you wanna die. But do you really feel alive without me? If so, be free. If not, leave him for me. Before one of us has accidental babies. For we are in love." Wer bei diesem traurigsten aller traurigen Songs nicht spätestens beim abschließenden "What about me?" zu heulen beginnt, für den ist diese Platte nichts, sollte möglichst die Finger von "9" lassen.

Damien Rice: 9Damien Rice
9
27.11.2006


[damienrice.com]
[eskimofriends.com]

[Damien Rice @ Herkulessaal, München - 16.03.2007]
driftwood - 2. Dez, 12:31:
Was ist es nur, das man an Damien Rice so sehr mögen kann? Ich fand ihn schon etwas zu lahm und kitschig (und das, obwohl ich traurige Männer mit Gitarre bzw. Klavier zu meinen bervorzugten Hörgewohnheiten zähle). 
wasix - 2. Dez, 12:49:
ich zitiere mich mal selbst:
"...wo ich unverbesserlicher Softie jedes Mal auf's Neue dahinschmelze."

das sollte reichen... ;-)