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London-Trip 2006, die Zweite: Der hochgeschätzte Mark Linkous stellte sich der Fangemeinde. Ein seltenes Vergnügen. Noch dazu in diesem Rahmen: Sparklehorse @ Queen Elizabeth Hall.

Bei meinem ersten London-Besuch spielte ein gewisser Mark Linkous in der Stadt. Um sein Debutalbum "Vivadixiesubmarinetransmissionplot" vorzustellen. Seine Band Sparklehorse war mir damals noch kein Begriff. Wodurch mir etwas Besonderes entgangen ist. Immerhin besagt die Legende, dass das erste London-Gastspiel von Sparklehorse vor gerade mal 40 Leuten über die Bühne gegangen sein soll. Jedenfalls haben sich die Zeiten geändert. Sparklehorse gehören zwar nicht gerade zu den Topsellern der Branche, haben sich aber in den letzten zehn Jahren mit drei formidablen Platten den Ruf einer (über-) lebenden Indie-Legende erarbeitet. Noch dazu eine jener Sorte, wo Live-Konzerte einer Rarität gleichkommen. Sparkelhorse-Gigs sind dermaßen selten, dass üblicherweise binnen kürzester Zeit keine Tickets mehr zu haben sind. Und finden diese auch in ein und derselben Stadt an zwei aufeinanderfolgenden Tagen statt. So geschehen im Oktober dieses Jahres in London. Ort der besonderen Ereignisse: Queen Elizabeth Hall. Mit 917 Plätzen die kleinere Halle neben der Royal Festival Hall. Direkt am River Thames gelegen. Räumlichkeiten, die vorwiegend für klassische Musikveranstaltungen genutzt werden. Dementsprechend nobel auch das Ambiente. Inklusive Platzanweiser und lederbezogenen Sitzmöglichkeiten. Ganz zu schweigen von jener unglaublich perfekten Akustik. Eine ganz spezielle Location für ein ebensolches Konzert.

Mark LinkousSparklehorse hatten erst wenige Wochen vor dem Gig mit "Dreamt For Light Years In The Belly Of A Mountain" ihr viertes Studioalbum veröffentlicht. Das erste Lebenszeichen seit mehr als fünf Jahren. Was im Falle von Mark Linkous auf die üblichen Verdächtigen zurückzuführen ist: Depressionen, Drogen, Todesfälle. Es ist nicht leicht Mister Sparklehorse zu sein. Das hört man an der Musik. Das bleibt einem auch bei den Live-Konzerten nicht verborgen. Wer an diesem Abend also etwas an der fehlenden Interaktion zwischen Band und Publikum auszusetzen hatte, dem fehlte es an Vorwissen. Linkous ist keiner der besonders Gesprächigen. Erst recht nicht auf der Bühne, wo ihm auch noch hunderte Menschen anstarren bzw. an den Lippen hängen. Und so hat Linkous bei seinem Auftritt nicht gesprochen, weil er vielleicht schlecht aufgelegt war. Nein, das ist einfach seine Art. Dieser rätselhafte Herr im zerknitterten braunen Anzug präsentierte sich an diesem Abend genauso, wie man ihn sich aufgrund seiner Musik vorstellt: Distanziert, phasenweise sogar irritiert, wenn er sich aber erst mal eingelebt hat, einfach nur großartig. Zumindestens was seine Musik betrifft. Ein Showman wird aus Linkous ohnehin nie. Wie auch. Genies tun soetwas nicht.

Hin und wieder macht es doch Sinn, bei einem Rock/Pop-Konzert rechtzeitig vor Ort zu sein. Von wegen Support-Act. In diesem Fall wäre es doch tragisch gewesen, hätte man Sophie Michalitsianos aka Sol Seppy versäumt. Einst Background-Sängerin bei zwei Sparklehorse-Platten, hat die klassisch ausgebildete Pianistin inzwischen ihr erstes Album "The Bells Of 1 2" veröffentlicht. Was an diesem Abend mit fünfköpfiger Begleitband promotet wurde. Ein angenehmer, weil wunderbar melancholischer Einstieg, der leider vor halbleerer Halle abgehalten werden musste. Was sich beim Hauptact natürlich änderte. Gleich blieb hingegen die Grundstimmung, der Hang zu zerbrechlichen Songs mit düsteren Texten. Psychedelic-Folk mit extremst fragilem Gesang. Im Falle von Sparklehorse von Mark Linkous in klagend-trauriger Neil Young-Fistelstimme zum Besten gegeben. Unterbrochen wurde die eingeschlagene Gangart nur selten. Wobei das zwischenzeitliche Abrocken dann doch eher störte. Nicht weiter schlimm, gab es von den ausufernden Momenten ohnehin nur wenige. Größtenteils zog es Linkous vor im etwas getrageneren Stil vor sich hinzuleiden. Wo im Zusammenspiel mit seiner Drei-Mann-Plus-Bassistin-Band dann auch wirklich jeder Ton passte. Und wenn es nicht so gewesen sein soll, dann hat es sich bei diesem Auftritt zumindestens so angefühlt. Herzerwärmender Musikgenuss nie war. Da bin ich doch gespannt, ob ich all das - wie beim Eingang zur Halle angekündigt - doch tatsächlich in absehbarer Zukunft als CD/DVD in meinen Händen halten darf. Wünschenswert wäre es allemal.

Sparklehorse / Sol Seppy
27.10.2006 - London, Queen Elizabeth Hall.


[sparklehorse.com] [myspace.com/sparklehorse]
[solseppy.com] [myspace.com/solseppy]