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London-Trip 2006, die Erste: Ein Konzert von Little Barrie im altehrwürdigen 100-Club. Wobei - traditionell und originell zugleich - gebluesrockt wurde, dass die orangen Wände wackelten.

Vor einer halben Ewigkeit: Sex Pistols, The Clash, Rolling Stones, Roxy Music, The Who, The Jam. Vor gar nicht allzu langer Zeit: Oasis, Sonic Youth, White Stripes, Muse, Jon Spencer Blues Explosion, Travis. Sie alle spielten bereits im 100-Club, in "London's Premier Music Venue" und laut Eigendefinition "the most celebrated live music venue in Europe and one of the most famous in the world". 1942 ins Leben gerufen, machte sich die Lokalität über die Jahre hinweg vor allem aufgrund ihrer "open minded music policy" einen Namen. Vorwiegend als Veranstaltungsort für Jazz-, Folk- und Country-Konzerte im Einsatz, kam es zwischendurch - siehe eingangs erwähnte Bands - nämlich immer wieder zu bemerkenswerten Rock/Pop-Konzerten. Einerseits von eingesessenen Genre-Institutionen, die Club-Atmosphäre schnuppern wollten. Andererseits von jungen, aufstrebenden Bands, die wenig später erst für Furore sorgten. Und von wegen grenzenloser Bandbreite: Metallica und Squarepusher ließen es im 100-Club auch schon mal ordentlich krachen.

Little BarrieZu finden ist der 100-Club mitten auf der Oxford Street. Am Besten bei der U-Bahn-Station Tottenham Court Road aussteigen, beim Ausgang zur gegenüberliegenden Straßenseite wechseln und bei Nummer 100 - eh klar - die Stiegen in den Keller hinunter, bis man in der orange eingefärbten Halle angekommen ist. Unverkennbar aufgrund der unzähligen Bilder an den Wänden. Mit Aufnahmen all jener Größen, die bereits vor Ort aufgetreten sind. Little Barrie sind dort noch nicht zu finden. Nein, soweit hat es das Blues-Rock-Funk-Trio aus Nottingham - inzwischen in London-Camden ansässig - noch nicht gebracht. Auch wenn ihr Debutalbum "We Are Little Barrie" vor knapp zwei Jahren doch für einiges positives Entzücken sorgen konnte. Weniger bei der Kritikerschar hierzulande, vielmehr bei jener in ihrer britischen Heimat. Vielleicht hat man dort für den etwas altbackenen, aber irgendwie doch unverwechselbaren Stilmix - "sounding not unlike Hendrix covering The Temptations" - einfach mehr übrig. Wie auch immer. Ein Album, das es verdient, geliebt zu werden. Wenigstens von all jenen, die in Sachen Hörgewohnheiten nicht ausschließlich dem Zeitgeist hinterherjagen.

Wer einen Ausflug nach London vor hat und dort das eine oder andere Konzert besuchen möchte, sollte möglichst weit im Vorhinein planen. Ansonsten bleibt einem zumeist nämlich nur der stets präsente und ebenso blühende Schwarzmarkt mit seinen horrenden Ticketpreisen. Selbst bei vermeintlich kleineren Gigs. So geschehen beim Auftritt von Little Barrie im 100-Club. "Sold Out" seit mehreren Wochen. Und das, obwohl man es hier gar nicht mit einer so großen Band zu tun hat. In diesem Fall fehlte sogar das obligatorische brandaktuelle Album. Man wollte einfach nur die Veröffentlichung der neuen 10-Inch "Pin That Badge" feiern. Der von Dan The Automator produzierte Longplayer "Stand Your Ground" ist zwar bereits im Kasten, kommt aber erst im Jänner 2007 auf den Markt. Spätestens dann will man auch so richtig durchstarten. Der Auftritt im 100-Club vor ein paar hundert Zuschauern war also soetwas wie ein Warm-Up-Gig für zukünftige Großtaten. Fast eine Stunde sollten der Appetizer dauern, inklusive einiger neuer Nummern, die sich - zumindestens im Live-Gewand - nicht wirklich vom Bekannten abhoben. Little Barrie stehen halt für modernen Blues-Rock. Eine Art von Musik, wo Gitarren-Solos noch ausschweifend zelebriert werden dürfen, wo man sich auch einfach mal einer bewusst reduzierten Groove-Maschinerie aus dröhnendem Bass und schepperndem Schlagzeug hingeben darf. Bei jungen Männer mit viel zu langen Haaren und viel zu engen Hosen ist soetwas möglich. Aber auch nur bei denen.

Little Barrie
26.10.2006 - London, 100-Club.


[littlebarrie.com] [myspace.com/littlebarrie]
srocca - 3. Dez, 20:10:
Eigentlich...
habe ich mir Little Barrie ein wenig älter vorgestellt. Über die langen Haare kann man natürlich diskutieren, die engen Hosen stören mich dagegen überhaupt nicht und der Groove ist einzigartig! 
wasix - 6. Dez, 12:11:
was ich bis vor kurzem gar nicht wusste:
der "little barrie", also eigentlich band-frontmann barrie cadogan, war mal tour-gitarrist bei morrissey und primal scream. sachen gibt's...

p.s.: alles super. egal ob nun haare, hosen oder groove.