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TV On The Radio liefern mit "Return To Cookie Mountain" ein weiteres formidables Album ab. Vergleichbares in Sachen Sound sucht man vergebens. Bonus: Bowie included.

Musikerkollegen lieben sie. Die Liste scheint endlos: David Bowie, Trent Reznor, Peter Murphy, Massive Attack, Yeah Yeah Yeahs. Um nur einige zu nennen. Bei Kritikern sieht das ganz ähnlich aus. Heute noch mehr als vor zwei Jahren. Begegnete man ihrem bereits ziemlich famosen Debut "Desperate Youth, Blood Thirsty Babes" - die selbstveröffentlichte Demo-LP "OK Calculator" außen vor gelassen - zwar vorwiegend positiv, aber doch irgendwie verhalten, so kann man die Begeisterung für "Return To Cookie Mountain" fast schon als ausufernd bezeichnen. Durchwegs Steigerungen zum ersten Album. Sowohl bei den deutschsprachigen als auch internationalen Medien. So erhöht der hiesige Rolling Stone von dreieinhalb auf vier Punkte und erzählt von Musik, die "klingt wie nichts, was man sonst so kennt". Ähnlich beim Musikexpress, wo man 2004 viereinhalb, 2006 bereits fünf Sterne vergibt. Inklusive der Warnung: "Vorsicht, Suchtgefahr". Am radikalisten geht man - wie so oft - bei der Spex vor. Vor zwei Jahren schaffte der Erstling nicht mal die Erwähnung bei den monatlich festgelegten Lieblingsplatten, das aktuelle Werk hingegen hievt man an die Spitze der Liste und legte im dazugehörigen Review gleich noch fest, wer Ende 2006 den Titel "Album des Jahres" abräumen wird. International zeigt man sich nicht weniger euphorisch. Der NME steigert sich von der Acht auf eine beachtliche Neun. Und Pitchforkmedia toppt all das mit 9,1 Punkten, wobei der Vorgänger noch mit einer 7,8 abgehandelt wurde. "Return To Cookie Mountain" darf man also zwiefelsohne als Kritikerliebling bezeichnen. Allerorts überschäumende Reviews, was dann auch einen etwas breitenwirksameren Einfluss auf potentielle Endverbraucher nehmen sollte. Diese Band hätte es sich verdient.

TV On The RadioMan befindet sich also auf einem guten Weg, all die interessierten Otto-Normal-Verbraucher von der Qualität von TVOTR zu überzeugen. Der losgetretene Hype um "Return To Cookie Mountain" wird es schon richten. All die Anderen - vor allem jene Netz-Jünger, die sich tagtäglich durch Online-Tauschbörsen kämpfen, um das ein oder andere Mal Trends vorgreifen zu können - hören das zweite Album der Ausnahmeformation aus Brooklyn ohnehin schon eine ganze Weile. Anfang März muss es gewesen sein, als ich "Return To Cookie Mountain" erstmals zu Ohren bekam ("...being the greedy internet pirate that I am"). Warum man sich seitens der Plattenfirma - inzwischen ein Major - bis dieser Tage mit dem Release zierte, ist mir unbekannt. Nun ja, wenigstens konnte man all die vermeintlichen Indie-Insider schlussendlich doch noch ein klein wenig an der Nase herumführen. Die geleakte Fassung weist nämlich im Vergleich zu der inzwischen vorliegenden CD doch einige Unterschiede auf. Vor allem die Titelangaben sind durcheinander geraten. Beispielsweise hieß der Über-Drüber-Song "Wolf Like Me" früher mal "Playhouses" - ebenso umgekehrt - und verlor im Zuge des Namenstausches auch noch eine halbe Minute Spieldauer. Den Titel "Snakes And Martyrs" hat man gleich ganz gestrichen und durch "Hours" ersetzt. Einfach so. Just to fuck with us.

Mit ein Grund, warum das mit dem Review an dieser Stelle solange gedauert hat. Mir fehlte das Vertrauen in die gesaugte Version. Zu Recht, aber auch wiederum nicht. Sind die Veränderungen zur entgültigen Fassung doch nicht wirklich gravierend. Andererseits hatte ich dadurch endlich mal die Möglichkeit eines jener potentiellen Meisterwerke entfalten zu lassen. Und nach dem monatelangen Zusammenleben mit "Return To Cookie Mountain" ist es inzwischen auch für mich unumstößlich: Dieses Album ist ein solches. Ohne Wenn und Aber. Allein wegen diesem komplett eigenen Sound. Enstanden im "Labor des Wahnsinns" von Weißbrot Dave Sitek und unmöglich irgendeiner herkömmlichen Schublade zuzuordnen. Eine Mischung aus Alternative-Rock, New-Wave, Electronica und Jazz. Allerdings mit jenem stellenweise fast schon stinknormalen Pop-Flair versehen, der das Ganze dann doch wiederum zugänglich macht. Dazu diese gehörige Portion Funk, Gospel und Soul, zurückzuführen auf das einmalige Zusammenspiel der markanten Stimmen von Tunde Adebimpe und Kyp Malone. Da begnügt sich selbst ein David Bowie bei seinem Gastauftritt in "Province" mit der Rolle des Background-Sängers. Recht hat er. Wie überhaupt alle hinsichtlichtlich "Return To Cookie Mountain" recht haben. Eine großartige Platte. Atmosphärisch dicht, gleichzeitig aber auch von einer unglaublichen Leichtigkeit gekennzeichnet. Und erst diese atemberaubende musikalische Vielfalt ..."a massive soundclash of styles". Man höre und staune.

TV On The Radio with Trent Reznor & Peter Murphy:
13.06.2006 - Washington DC
[nin.com/current/radioshows]
[Dreams] [Final Solution] [Bela Lugosi's Dead]

[Live @ Full Hit Of Summer: Arena, Wien - 29.08.2006]

TV On The Radio: Return To Cookie MountainTV On The Radio
Return To Cookie Mountain
03.07.2006


[tvontheradio.com]