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Sophia haben mal eben eine kleine Tournee eingeschoben. Alles im intimen Rahmen. Mit zwei vollkommen unterschiedlichen Sets. Und einer hervorragenden Vor- bzw. Begleitband.

Robin Proper-SheppardRobin Proper-Sheppard hat ein neues Sophia-Album aufgenommen. Der bislang noch unbetitelte Nachfolger zum mehr als zwei Jahre alten "People Are Like Seasons" hat sogar schon ein provisorisches Release-Date: 13. Oktober 2006. Also noch knapp ein halbes Jahr. Und weil man mit dem Abmischen der Platte erst Ende Juni beginnt, hat sich Proper-Sheppard dazu entschlossen eine kurze Europa-Tour einzuschieben. Abgehalten im kleinen Rahmen. In Clubs mit einer Kapazität von 200 bis 250 Besuchern. Was für das Wiener B72 ohnehin schon hochgegriffen erscheint. Um dem Problem vorzubeugen, aufgrund des begrenzten Rahmens den ein oder anderen hartgesottenen Fan der hierzulande bekanntermaßen treuen Sophia-Fangemeinde vor den Kopf zu stoßen, setzte man gleich zwei Termine in ein und derselben Location an. Eine wohl einzigartige Möglichkeit, der düster-tragischen Musik des Berufsmelancholikers Proper-Sheppard ("I don't write love-songs. They are more like hate-songs.") an zwei aufeinander folgenden Tagen zu lauschen. Noch dazu mit einer ganz speziellen Acoustic/Electric-Show. Fan-Herz, was willst du mehr?

Im Vorfeld als "A Night Of Two Halves" angekündigt, bestand dieser Abend in Wahrheit aus drei Teilen. Den Auftritt des Support-Acts Vito - neuestes Signing auf Flower Shop Recordings, dem Label von Robin Proper-Sheppard - musste man einfach dazu zählen. Selten genug wird man bei auserwählten Konzertbesuchen mit einer Vorband konfrontiert, welche die vermeintliche Zwangsbeglückung tatsächlich Wert ist. Vito sind so eine Band. Im Pressetext wird der Sound des Quintetts aus Cardiff mit "Sigur Ros/Low/Morricone-inspired Soundscapes" beschrieben. Was man durchaus so stehen lassen kann. Ist es doch vor allem ihr Hang zum Ausschweifenden, der beeindruckt. Meistens eher zurückhaltend, an genau den richtigen Stellen aber auch hemmungslos rockend vorgetragen. Und wer solch einen Live-Drummer in seinen Reihen hat, der steht ohnehin auf der Siegerseite. Kein Wunder, dass Proper-Sheppard, der den Gig mitten im Publikum beobachtete, in höchsten Tönen von Vito schwärmt und sie nicht nur als Vor- sondern auch als Begleitband verpflichtet hat. "Make Good Areas Disturbed", das Debutalbum von Vito, soll übrigens in wenigen Wochen auf den Markt kommen. Konzertbesucher konnten bereits bei der aktuellen Tournee zuschlagen.

Normalerweise laufen Konzerte nach einem ähnlichen Schema ab. Die Gigs der aktuellen Sophia-Tour sind da eine Ausnahme. So splittet Proper-Sheppard seine Show in zwei Teile. Fern jeglichem Schnickschnack. Den Großteil des Abends stand bzw. saß er sogar allein auf der Bühne, kritzelte zu Beginn Songwünsche auf einen Zettel, erzählte die ein oder andere Anekdote und war auch sonst in regem Kontakt mit dem Publikum. Musik gab es natürlich auch. Ein Akustik-Set vom Feinsten mit der für Sophia obligatorischen Reise in die Traurigkeit. Jede Menge depressives Liedgut, von Proper-Sheppard stets mit geschlossenen Augen dargebracht. Angeblich deshalb, um sich voll und ganz auf jene Personen konzentrieren zu können, von denen er gerade sang. Oftmals blieb da überhaupt nur noch seine nackte Stimme übrig. Was dann auch zu ergreifenden Momenten führte, wo man selbst die buchstäbliche Stecknadel fallen gehört hätte. Erst recht quietschendes Sesselrücken. Was den Meister bei einem Song sogar zum Abbruch bewegte. Ansonsten nahm er es mit Humor. Und als es ihm dann doch zuviel wurde, holte er einfach Vito auf die Bühne und rockte, wie ich Sophia noch nie rocken gehört habe. All jene, die immer noch darauf hoffen, dass Proper-Sheppard mal Stücke von seiner kultisch verehrten Erstband The God Machine spielt, fanden an diesem Abend wenigstens adäquaten Ersatz. Auch wenn es nicht die Songs von damals waren, so muss es Anfang der Neunziger zumindestens so geklungen haben, als das Trio aus San Diego für einiges Aufsehen im Alt-Rock-Genre sorgte. Da bebte die Bude. Und das nicht bloß wegen der vorbeirauschenden U-Bahn. Ungefilterte Rock-Power. Inklusive zweier Nummern von Proper-Sheppards "low-key Post-Punk-Noise-Rock" Side-Project The May Queens. Zum Abschluss wurde das Tempo dann doch noch mal gedrosselt, als die sechs Herren auf der Bühne einen brandneuen Sophia-Song zum Besten gaben. Und so wurde schlussendlich alles eingehalten, was im Vorfeld dieses äußert kurzweiligen Abends angekündigt wurde: "Expect something old and new, something borrowed and something blue. And then, maybe... something loud!"

[Live: Wien, Szene - 29.02.2004]

Sophia / Vito
25.04.2006 - Wien, B72.


[sophiamusic.net]
[vitomusic.co.uk]