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Die Label-Kollegen Fuzzman und Robert Rotifer stellten im Wiener WUK ihre aktuellen Alben vor. Ein einheimisches Doppelpack, das dem Publikum einiges an Durchhaltevermögen abverlangte.

Es sollte ein langer Abend werden. Zugegeben: Bei einem Line-Up mit drei Bands muss man mit soetwas rechnen. Dass es schlussendlich halb eins wurde, überraschte mich dann aber doch. Immerhin liegt das Wiener WUK nicht irgendwo abgelegen am Stadtrand. Oder wie die Arena im "industrial part of Vienna" (Zitat: Stephen Malkmus, 1997). Nein, das WUK liegt mitten in der Stadt, umgeben von Anrainern, die solch nächtliches Treiben mit einem Lärmpegel, den man problemlos noch Straßen weiter wahrnehmen kann, eigentlich als störend empfinden müssten. Und wenn es in dieser Nacht tatsächlich jemanden in der unmittelbaren Nähe des WUK gab, der am Einschlafen gehindert wurde, dann lag es einzig und allein an zwei Herrschaften. Herwig Zamernik aka Fuzzman, der es schaffte mit einem einzigen Album im Rücken eine fast 90-minütige Performance abzuliefern. Und Robert Rotifer, der als vermeintlicher Support-Act nicht und nicht von der Bühne zu bekommen war. Beachtliche 70 Minuten sollte er dort verbringen. Zu diesem Zeitpunkt noch als geringeres Übel wahrgenommen, spielten vor dem FM4-Mann auch noch mit Hexicon Teile seiner Begleitband einen knapp dreiviertelstündigen Gig. Man rechne zusammen, zähle das Ergebnis und die Umbauphasen zu der Beginnzeit von 20 Uhr 30 und erhalte eingangs erwähnte Uhrzeit.

Robert RotiferNatürlich war das alles bei weitem nicht so schlimm, wie man jetzt annehmen könnte. Hexicon wussten mit ihrer unspektakulären Singer/Songwriter-Mucke durchaus zu überzeugen. Bei Robert Rotifer und seiner Band verhielt es sich ähnlich. Der Wahlbrite hat einige wirklich schöne Lieder auf Lager. Davon konnte ich mich noch am Tag des Konzertes beim Hören seines aktuellen Albums "Before The Water Wars" überzeugen. Durchgehend geschmacksicher, genauso wie man es sich von einem Musikkritiker erwartet. Trotzdem hatte ich im Vorfeld meine Bedenken. Erinnerungen an seine Solo-Performance beim Nick Drake-Tribute vor knapp eineinhalb Jahren kamen bei mir auf. Eigentlich ein gelungener Auftritt, wäre da bloß nicht diese krächzende Stimme gewesen. Vielleicht lag es damals an einer Verkühlung. Vielleicht war die Anlage nicht Rotifer-gerecht eingestellt. Jedenfalls sollten sich seine Stimmbänder an diesem Abend im WUK in bedeutend besserer Form präsentieren. Zumindestens besser als befürchtet. Dazu hat wohl auch die volle Bandbesetzung ihren Teil beigetragen. Was Rotifer allerdings nicht von seiner Vorliebe für akustischen Pop abbrachte. Nur wenn der ein oder andere herbere Gefühlsausbruch anstand, schnallte er sich auch mal die E-Gitarre um. Oder zupfte bei einem instrumentalen Intermezzo das Banjo. Schade nur, dass Herr Rotifer den richtigen Moment zum Schlussmachen verpasste.

FuzzmanDas musikalische Treiben Robert Rotifers in Ehren, der Großteil eines in etwa zu zwei Dritteln gefüllten WUK wartete doch nur auf den nachfolgenden Fuzzman, das bemerkenswerte Soloprojekt des Naked Lunch-Bassisten Herwig Zamernik. Dessen erstes Album sorgte Ende letzten Jahres für einiges Aufsehen. Was man da zu Ohren bekam, erinnerte zwar an Zamerniks Stammband, war aber doch anders. Vor allem weil unendlich verspielt. Fern jeglicher Genre-Grenzen. Kein einfaches Unterfangen soetwas auf die Bühne zu bringen. Man versuchte es im Rock-Kontext. Mit Hilfe etwas härterer Gitarrenklänge. Das wurde einem gleich zu Beginn klargemacht: Ein Mann, seine Klampfe und ein immer wiederkehrender Satz: "Fuzzman In The House". Inklusive nahtlosem Übergang von der Umbauphase zum Gig. Was folgen sollte, hatte bei einzelnen Stücken nur noch wenig mit dem Pendant auf Tonträger zu tun. Das "fragmentöse" Album wurde rockbar gemacht. Und wenn einer der Songs ein wenig Abwechslung benötigte, dann konnte man immer noch auf den in die Jahre gekommenen Herrn in der orangefarbigen Trainingsjacke zurückgreifen. Diverse Blasinstrumente, Ziehharmonika, Tamburin oder einfach nur sein Körpereinsatz, auf ihn war stets Verlass. Ebenso wie auf den Fuzzman himself. Mit Fortdauer des Abends zeigte sich der Mann mit der Strickhaube - die an diesem Abend zwar nicht sein Haupt zierte, man allerdings vor Ort um 200 Euro kaufen konnte - zunehmend entspannter. Da waren diese viel zu langen im Kärtner Slang gehaltenen Zwischenansagen. Da war aber auch diese unbändige Spielfreude, die ihn zu unzähligen Zugaben motivierte. Unbeeindruckt davon, dass seine vier Mitmusiker eigentlich schon längst abgetreten waren, spielte und spielte der Fuzzman. Manchmal so falsch, dass es ihm schon selbst peinlich war. Hin und wieder hatte es fast den Anschein, als wollte er die Halle leer spielen. Ansatzweise ist ihm das auch gelungen.

Sowohl das neue Album von Fuzzman als auch jenes von Robert Rotifer kann man sich - sogar in voller Länge - bei [wohnzimmer.com] anhören.

Fuzzman / Robert Rotifer
08.03.2006 - Wien, WUK.


[fuzzman.fm]
[robertrotifer.co.uk]