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Die neueste Trauerbewältigung von der Ein-Mann-Band Sophia. Mit einem Augenschmaus von Album-Cover, bestürzender Geschichte und Musik, wie sie traurig-schöner nicht sein kann.

Robin Proper-SheppardEs war bereits angekündigt. Dazu gekommen ist es allerdings nicht. Aus welchen Gründen auch immer. Gemeint ist der Sophia-Auftritt im Radiokulturhaus in Wien, der am 5. November 2006 stattfinden hätte sollen. Von einer offiziellen Absage weiß ich nichts. Nur, dass die Veranstaltung von einem auf den anderen Tag aus (fast) allen Konzertkalendern herausgelöscht wurde. Anfangs hofft man ja noch auf ein abgekartetes Vorgehen. Von wegen Vertuschung hinsichtlich eines FM4-Überraschungskonzertes. Nix da. Leider. Zu gerne hätte ich mir von Robin Proper-Sheppard dessen neues Album vorspielen lassen. Erst recht in diesem Ambiente. Bei perfekter Akustik. Auf gemütlichen Ledersesseln sitzend. Und das alles auch noch im Warmen und Trockenen. Während es draußen stürmt und schneit. Oder so ähnlich. Gepasst hätte es jedenfalls zu einer typischen Sophia-Platte, gehört diese doch einfach bei trüber Wetterlage genossen. Am Besten dann, wenn sich der Sommer längst verabschiedet hat und es bereits mehr als nur merklich herbstelt. Allein deshalb muss ein solches Album zur kühleren Jahreszeit auf den Markt geworfen werden. Alles andere wäre Verschwendung. Was man sich seitens der verantwortlichen Plattenfirmaleute im Falle von "Technology Won't Save Us" auch zu Herzen genommen hat.

Das Erste, was einem bei dieser Platte auffällt, ist dieses wunderschöne Cover: Ein dunkler wolkenbehangener Himmel, das trügerisch ruhige Meer. Dazu ein Titel, der Zweideutigkeit vermuten lässt. Zumindestens bei Großschreibung und wenn man das letzte Wort als Kürzel sieht. Alles Vermutungen. Von wegen finsterer Zukunftsvision. Was laut Proper-Sheppard aber nicht so gemeint ist. Dieser Albumtitel hat einen vermeintlich tragischeren Hintergrund, ließ sich der in London lebende Amerikaner doch von der Geschichte einer menschlichen Tragödie inspirieren, "eines von den Fluten überraschten, auf einer Sandbank stehenden Vaters und dessen Sohn, die trotz Kontaktes mit ihrem Mobiltelephon zu den vermeintlichen Rettern in der nebeligen Nordsee ertrinken". Wenn schon nicht die Technik im Stande ist uns zu retten, vielleicht kann es die Musik von Sophia. Einen Versuch ist es allemal wert.

"Give me love. Or give me hate. Give me anything that's not just ok. Make me laugh. Or make me cry. Something. Anything. To feel alive." Dieses Sophia-Album kommt mir soetwas von gelegen. Hin und wieder hat man Phasen, da braucht man einfach diese ganz großen Emotionen. "Technology Won't Save Us" erfüllt die Anforderung perfekt. Trotzdem ist es kein Album, das mit einem durchgehenden Flow zu beeindrucken weiß. Nicht, dass sich die zehn Songs wirklich gravierend voneinander unterscheiden. Nein, Proper-Sheppard präsentiert durchwegs erstaunlich transparentes Material. Vorwiegend sanft und traurig. Wirklich krachen lässt er es nur selten. Umso bemerkenswerter der Abwechslungsreichtum. Was vielleicht an der geschickten Aneinanderreigung der Stücke liegt: 1) Artrockendes Instrumental - 2) Power-Pop-Hit-Single - 3) Herz-Schmerz-Ballade - 4) Das traurigste Lied des Jahres - 5) Spirit-Of-Eden-Goes-Orchester-Instrumental - 6) Melancholie zum Mitschunkeln - 7) Einer für die Rock-Fraktion - 8) Noch ein traurigstes Lied des Jahres - 9) Tragisches Space-Rock-Spektakel - 10) Instrumentales Trauer/Wut-Gemetzel. Eine Gemeinsamkeit gibt es trotzdem, schlägt doch jeder einzelne dieser Songs ungemein auf's Gemüt. Ein aufwühlendes Stück folgt dem nächsten. Wer also gerne leidet, dabei aber nie so recht die Hoffnung auf Besserung aufgeben will, ist hier an der richtigen Adresse. Zugegeben: All die Verzweiflung mag hin und wieder etwas aufgesetzt rüberkommen. Nichtsdestotrotz ist "Technology Won't Save Us" alles andere als ein beliebiges Album. Allein schon wegen seiner Gänsehaut-Atmosphäre. So richtig schön spooky.

Sophia: Technology Won't Save UsSophia
Technology Won't Save Us
30.10.2006


[sophiamusic.net]
[myspace.com/thesophiacollective]

[Review: Sophia - People Are Like Seasons]
[Live @ Szene, Wien - 29.02.2004]
[Live @ B72, Wien - 25.04.2006]